1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Altersprüfung für junge Migranten gefordert

30. Dezember 2017

Immer neue Fragen nach dem tödlichen Messerangriff eines jungen Afghanen in Kandel in der Südpfalz: Ist der Flüchtling wirklich erst 15 Jahre alt und damit minderjährig? Nun wird der Ruf nach Überprüfungen laut.

Deutschland Transitflüchtlinge in Rostock
Jugendliche Migranten an einem Kontrollposten in RostockBild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Der Fall hat landesweit für Aufsehen und Aufregung gesorgt: Ein aus Afghanistan stammender Jugendlicher hatte am vergangenen Mittwoch im rheinland-pfälzischen Kandel seine 15-jährige ehemalige Freundin erstochen, vermutlich aus Eifersucht. Nach diesem erneuten Fall von Gewalt durch einen Flüchtling warnte der Bürgermeister der Kleinstadt eindringlich vor Fremdenfeindlichkeit und vorschnellem Handeln. Sofort nach der tödlichen Messerattacke wurden zudem Zweifel laut: Durfte der mutmaßliche Täter überhaupt als "unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber" einreisen und aufgenommen werden? Und: Ist er wirklich erst 15 Jahre alt und fällt er damit unter das Jugendstrafrecht? Unter anderen hatte der Vater des getöteten Mädchens gesagt: "Er (der Täter) ist nie und nimmer erst 15 Jahre alt".     

Politiker verschiedener Parteien machten sich umgehend die kritischen Stimmen zu eigen und brachen eine Debatte über eine konsequentere Altersprüfung für junge Flüchtlinge vom Zaun. So verlangte die CSU die Einführung einer obligatorischen medizinischen Untersuchung etwa durch Röntgen der Handknochen. Die SPD machte sich für "einheitliche Standards" stark.  

Thema bei Koalitionsverhandlungen 

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wir brauchen eine strikte Regelung für eine medizinische Altersüberprüfung von allen ankommenden Flüchtlingen, die nicht klar als Kinder zu erkennen sind." Dafür werde sich die CSU in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD einsetzen. "Noch immer täuschen zu viele Flüchtlinge ein jugendliches Alter vor." Das Alter ist wichtig sowohl für das Strafrecht als auch für die Leistungen für Asylbewerber.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sah in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) "sehr gute Gründe dafür, dass wir - wie viele andere EU-Länder - eine verpflichtende medizinische Feststellung des Alters von angeblich minderjährigen Jugendlichen vornehmen". Ähnlich äußerten sich CDU-Vize Thomas Strobl und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). 

Politiker fordern Röntgenbilder, um das Alter junger Asylbewerber zu bestimmen Bild: imago

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka befürwortete "einheitliche Standards", auf die sich Bund und Länder einigen sollten. Es sei "unbefriedigend, wenn jedes Jugendamt in Deutschland weitestgehend eigenständig entscheidet, wie die Altersfeststellung erfolgt", klagte er in der Zeitung "Welt am Sonntag". Eine Untersuchungspflicht lehnte er aber ab.

Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz plädierte für mehr Anstrengungen bei der Prävention von Straftaten. Es sei wichtig, unbegleitete Minderjährige "stärker in den Blick zu nehmen", sagte er der "FAZ". Gewaltpräventive Maßnahmen müssten "massiv ausgebaut und verbessert werden".

Grenzen der Wissenschaft

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik, Professor Andreas Schmeling, sagte der Zeitung: "Zwar kann man nicht das exakte Alter bestimmen, doch der zweifelsfreie Nachweis der Volljährigkeit ist möglich." Ärzte und Psychologen hatten früher wissenschaftliche Zweifel an der Beweiskraft solcher Untersuchungen und ethische Bedenken geäußert.

Entsetzen und Trauer nach dem tödlichen Messerangriff auf die 15-jährige Mia in Kandel Bild: picture-alliance/dpa/A. Arnold

Der verdächtigte Afghane, der im Frühjahr 2016 unbegleitet nach Deutschland gekommen war, sitzt in Untersuchungshaft. Die Polizei äußerte sich am Samstag nicht zum Ermittlungsstand. Am Montag wollen vier Kirchengemeinden von Kandel bei ihrem traditionellen ökumenischen Neujahrsgottesdienst des getöteten Mädchens gedenken. 

SC/gri (afpdpa, ARD)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen