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Altkanzler Schröder immer stärker unter Druck

12. Dezember 2005

Die Empörung wächst über den Aufsichtsratsposten von Gerhard Schröder beim deutsch-russischen Trägerkonsortium der Ostsee-Gaspipeline. Die Regierung prüft, ob es in Zukunft einen Ehrenkodex für Ex-Politiker geben solle.

Schröder und Putin mit Gas-Bohrkopf (11.4.2005)Bild: dpa

Für wachsende Unruhe auch in der SPD sorgt Schröders geplanter Einstieg als Aufsichtsratschef bei der Betreibergesellschaft für die deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline. Als Kanzler hatte Schröder das Projekt mit Russlands Präsident Wladimir Putin eingefädelt und vorangetrieben. Nach einem Treffen mit dem Altkanzler wies SPD-Chef Matthias Platzeck allerdings alle "Unterstellungen" an Schröders Adresse zurück. An dessen "völliger Integrität" gebe es keinerlei Zweifel.

"Instinktlos"

Als Regierungschef habe Schröder stets für deutsche Interessen gekämpft. Nach seiner festen Überzeugung werde der Altkanzler dies auch in seiner künftigen Funktion in dem Pipeline- Konsortium tun, sagte Platzeck. Seinen Angaben zufolge liegen die Einzelheiten der neuen Firma noch nicht fest. Dies gelte auch für die Höhe der Tantiemen der Aufsichtsrats-Mitglieder. Diese Fragen würden erst bei der ersten Sitzung des Gremiums im kommenden Jahr geklärt.

"Instinktlos" nannte dagegen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Schröders Pläne. Er habe sich nicht vorstellen können, dass ein deutscher Regierungschef so schnell mit "einem nahe liegenden Anschein umgeht, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte zwischen politischem Engagement und eigenen wirtschaftlichen Interessen", sagte er im RBB-Inforadio.

"Vorteilszuwendung"?

Auslöser der Debatte ist der Plan des früheren Kanzlers, als Aufsichtsratschef zu dem deutsch-russischen Konsortium Nordeuropäische Gaspipeline zu wechseln. An dem Konsortium, das die geplante Gasleitung durch die Ostsee betreiben soll, sind der russische Konzern Gasprom zu 51 Prozent und die deutschen Konzerne E.ON und BASF zu je 24,5 Prozent beteiligt. Schröder hatte das umstrittene Projekt während seiner Amtszeit aktiv unterstützt. Mit Schröders Wechsel ins Management des Betreibers der Ostsee- Gaspipeline könnte der Tatbestand der strafbaren Vorteilsannahme gegeben sein, meinte der Bochumer Staatsrechtler Helmut Siekmann im Deutschlandradio Kultur.

Dies sei prinzipiell der Fall, wenn ein Amtsträger im Hinblick auf sein Amt Vorteile erhalte, sagte er. "Es kann auch eine Zahlung oder eine Vorteilszuwendung sein, die nach seinem Ausscheiden aus dem Amt geleistet wird." Sollte Schröders Gehalt tatsächlich bei einer Million Euro liegen, bestehe ein Indiz für ein Geschenk. Die Vergütungen für die Aufsichtsräte in den DAX-Unternehmen reichten bei weitem nicht an eine solche Summe heran.

Keine "Schnellschüsse"

Als Konsequenz aus den umstrittenen Manager-Plänen von Schröder wird der Ruf nach einem Ehrenkodex für ausgeschiedene Spitzenpolitiker lauter. Die neue Bundesregierung will solche Verhaltensrichtlinien prüfen. Mit "Schnellschüssen" sei aber nicht zu rechnen, sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg am Montag (12.12.) in Berlin. Man wolle zunächst die Erfahrungen aus anderen Ländern sammeln. Als Vorbild nannte Justizministerin Brigitte Zypries den Corporate Governance Kodex der Wirtschaft oder den Ehrenkodex der EU-Kommission. Dieser sieht vor, dass EU-Kommissare im ersten Jahr nach ihrem Ausscheiden nur mit Sondergenehmigung einen neuen Job antreten dürfen.

Lammert sprach sich allerdings gegen neue Gesetze aus, um den Übergang von Politikern aus öffentlichen Ämtern in die Wirtschaft zu regeln. Es gebe Dinge, die gehörten sich nicht, die mache man nicht. "Ich würde es nicht für einen Fortschritt an politischer Kultur halten, wenn wir hier wieder mit der Messlatte eines Gesetzes oder vergleichbarer formaler Regeln hinter solchen Fehlentwicklungen herlaufen wollten", sagte er. (arn)

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