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Politik

Große Koalition lehnt Enteignungen ab

8. April 2019

Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im Januar gestiegen. Trotzdem fehlt es an Wohnraum. Die Forderung nach der Enteignung von Wohnungskonzernen wird von Politikern der Regierungskoalition scharf kritisiert.

Deutschland | Mieterprotest | Plakat
Bild: imago/Seeliger

Im Januar sind in Deutschland deutlich mehr neue Wohnungen genehmigt worden als zu Jahresbeginn 2018: Die Zahl der Baugenehmigungen stieg um 9,1 Prozent auf 27.100, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Neu genehmigt wurden demnach fast 7000 Einfamilienhäuser, rund 1600 Zweifamilienhäuser und rund 13.600 Mehrfamilienhäuser. 

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Baugenehmigungen trotz der anhaltenden Wohnungsknappheit auf insgesamt 347.300 leicht gesunken. Doch nicht jede genehmigte Wohnung kann auch schnell gebaut werden. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen lag 2017 bei 285.000, für 2018 werden ähnliche Zahlen erwartet. Nötig sind deutlich mehr neue Wohnungen.

Schon 15.000 Unterschriften für Volksbegehren 

Die Debatte über Wohnungsknappheit und hohe Mieten in Ballungsräumen schwelt bereits seit Langem. Am Wochenende erhielt die Diskussion neue Nahrung durch bundesweite Demonstrationen für bezahlbaren Wohnraum und gegen steigende Mieten.

Zugleich startete in Berlin eine Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren für Enteignungen. Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" fordert, dass der Berliner Senat private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3000 Wohnungen vergesellschaftet.

In Berlin fordern Demonstranten, große Wohnungsbaugesellschaften zu enteignenBild: Getty Images/S. Loos

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" teilte über Twitter mit, das bereits rund 15.000 Menschen das Volksbegehren unterstützen. Für den Antrag eines Volksbegehrens müssen 20.000 gültige Unterschriften innerhalb von sechs Monaten gesammelt werden.

Kritik von der großen Koalition

Enteignungen als Mittel im Kampf gegen Wohnungsnot werden von der großen Koalition abgelehnt. "Die SPD ist gegen das Instrument der Enteignung. Das schafft keine einzige Wohnung zusätzlich", sagte Generalsekretär Lars Klingbeil in der "Bild"-Sendung "Die richtigen Fragen".

Als Alternative schlug er einen "Mietenstopp" vor. "In den Ballungsgebieten, dort wo es Schwierigkeiten mit den Mieten gibt, soll die Miete fünf Jahre nicht erhöht werden", sagte er. Das würde den Wohnungsmarkt entlasten.

Auch SPD-Chefin Andrea Nahles äußerte sich kritisch: Enteignung "ist aus unserer Sicht eine Scheinlösung". Im Partei-Vorstand seien sich alle einig gewesen, "dass die Enteignung nicht schnell bezahlbaren Wohnraum schafft".

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kritisierte die Diskussion um potenzielle Enteignungen von Berliner Wohnungsgesellschaften als "überflüssig wie ein Kropf". Die Debatte sei schade und bedauerlich, sagte der CDU-Politiker bei der Eröffnung der Baumaschinenmesse Bauma in München.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kritisiert die Initiative zur Enteignung Bild: picture-alliance/dpa/M. Skolimowska

"Wir werden in den nächsten Jahren bis zu zehn Milliarden Euro mehr investieren in sozialen Wohnungsbau, in privaten Wohnungsbau, in Baukindergeld."  Wer aber jetzt über Enteignungen spreche, beschädigte die Konjunktur und die "Interessen von Millionen Mieterinnen und Mietern, weil es dazu geeignet ist, die private Bautätigkeit zu bremsen und zu entmutigen", sagte der CDU-Politiker.

Kanzlerin Angela Merkel wandte sich ebenfalls gegen die Möglichkeit von Enteignungen. Sie halte "die Enteignung von Wohnungskonzernen nicht für ein geeignetes Mittel zur Linderung der Wohnungsnot", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

ach/sti (afp, reuters, epd, dpa)