Altmaier sieht mögliche Strafzoll-Lösung
19. März 2018Nach einem Treffen mit US-Handelsminister Wilbur Ross sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, auf beiden Seiten sei der "Eindruck" entstanden, dass es möglich sei, noch in dieser Woche eine "Lösung" zur Vermeidung eines schweren Handelskonflikts zwischen den USA und der EU zu finden. "Das ist nicht sicher, aber ich sehe eine Chance", so Altmaier laut einem von seinem Ministerium verbreiteten Tondokument in Washington.
Beide Seiten seien überzeugt davon, "dass der freie Welthandel die beste Lösung ist für den Wohlstand der Menschen in unseren Ländern", betonte der deutsche Wirtschaftsminister. "Wir wollen allerdings auch, dass der Welthandel fair und partnerschaftlich und ohne Dumpingmaßnahmen vonstattengeht." Am Dienstag will Altmaier den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer treffen.
Altmaiers Besuch in Washington ist Teil einer konzertierten Aktion der Europäer, die kurz vor dem Inkrafttreten der Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahleinfuhren und zehn Prozent auf Aluminiumimporte noch Ausnahmen für die EU-Länder erwirken wollen. Am Dienstag soll EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström mit Wilbur Ross zusammenkommen.
Schon zuvor hatte Altmaier betont, dass sich Europa nicht auseinander dividieren lasse. So stimme er sich eng mit EU-Handelskommissarin Malmström ab. Die EU ist verantwortlich für die eigentlichen Handels-Verhandlungen, seit sie nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 die alleinige Zuständigkeit in diesem Politikbereich erhielt.
Drohung mit Gegenmaßnahmen
Aus Kreisen der EU-Kommission hieß es, Malmström werde bei ihrem Treffen mit Ross erneut fordern, dass europäische Unternehmen von den Schutzzöllen ausgenommen werden müssten. Ansonsten werde die EU mit Gegenmaßnahmen reagieren. Die EU hatte bereits am vergangenen Freitag offiziell die Liste von US-Produkten veröffentlicht, die im Fall eines anhaltenden Handelskonflikts mit neuen EU-Zöllen belegt werden könnten. Zu den aufgeführten Waren zählen beispielsweise Whiskey, Motorräder, Jeans und Tabakprodukte.
Die EU-Zölle sollen erlassen werden, falls die USA europäische Unternehmen nicht von bereits beschlossenen Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ausnehmen. Die Abgaben werden nach den derzeitigen Beschlüssen aus Washington von diesem Freitag an fällig. Sie werden offiziell mit sicherheitspolitischen Interessen begründet. Die EU geht jedoch davon aus, dass es US-Präsident Donald Trump vor allem darum geht, die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie zu schützen.
Handelsstreit auch bei G20 im Fokus
Bundesfinanzminister Olaf Scholz reagiert zurückhaltend auf den Optimismus seines Kabinettskollegen Altmaier. "Wichtig ist, dass wir miteinander reden", sagte Scholz am Rande des G20-Treffens in Buenos Aires, wo er sich auch mit US-Finanzminister Steven Mnuchin traf. Ob er - wie Altmaier - optimistischer sei als noch vor einigen Tagen, wollte Scholz nicht sagen. "Wir müssen dafür sorgen, dass jetzt nicht Protektionismus die Landschaft der Welt bestimmt, sondern offene Märkte."
Seinen US-Amtskollegen Mnuchin wollte der deutsche Finanzminister für einen gemeinsamen Kurs gegen Protektionismus gewinnen. Die Welt wachse zusammen, "und sie sollte auch zusammen bleiben", sagte Scholz vor der Begegnung mit Mnuchin.
"Der freie Handel ist dazu eine ganz wichtige Ressource", unterstrich Scholz. Mit Blick auf den aktuellen Handelsstreit mit den USA plädierte er dafür, solange miteinander zu sprechen, bis man zu einem gemeinsamen Ergebnis komme. "Aber wir haben eine klare Position", fügte er hinzu.
In der argentinischen Hauptstadt findet eine zweitägige Konferenz der Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Gruppe wichtiger Industrie- und Schwellenländer statt. Nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Importzölle auf Stahl und Aluminium zu erheben, und der Drohung etlicher Handelspartner wie der EU und China mit Gegenmaßnahmen dürfte das Thema bei den G20 eine zentrale Rolle spielen.
US-Unternehmen protestieren gegen Trumps Kurs
Unterdessen haben mehrere Dutzend Unternehmensverbände US-Präsident Donald Trump vor Strafzöllen auf chinesische Importe gewarnt. In einem gemeinsamen Brief an Trump heißt es laut "Wall Street Journal", hohe Strafzölle würden eine "Kettenreaktion negativer Folgen für die US-Wirtschaft" auslösen: Gegenmaßnahmen der chinesischen Seite, einen Rückgang der Exporte von Agrar- und Industriegütern sowie Dienstleistungen, steigende Kosten für die Unternehmen und die Verbraucher.
Den auf Sonntag datierten Brief unterzeichneten nach Angaben der Zeitung 45 Unternehmensverbände - sie sprechen demnach etwa für die Hightech-Industrie, für den Textilhandel, die Landwirtschaft oder Autozulieferer, für Unternehmen wie Apple und Google, Walmart oder Nike.
Die US-Regierung sollte auf die "unfairen chinesischen Handelspraktiken" nicht mit Strafzöllen oder anderen Maßnahmen reagieren, die in den USA "Unternehmen, Arbeiter, Landwirte, Verbraucher und Investoren treffen werden". Stattdessen sollten die Vertreter der Regierung mit "gleichgesinnten Partnern" zusammenarbeiten und ihre "gemeinsamen Sorgen angesichts der chinesischen Handels- und Investitionspolitik" deutlich machen.
US-Medien zufolge plant Trump neue gezielte Einfuhrzölle für chinesische Produkte im Gesamtwert von etwa 60 Milliarden Dollar (48,5 Milliarden Euro). Es seien Zölle auf rund hundert chinesische Produkte anvisiert, bestätigte ein Insider der Nachrichtenagentur AFP in der vergangenen Woche.
Die chinesische Regierung hatte bereits die von Trump abgezeichneten Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium als "ernsthaften Angriff" auf die internationale Handelsordnung kritisiert. Peking hatte in der Vergangenheit wiederholt gewarnt, dass es die "notwendigen Maßnahmen" ergreifen werde, um seine Exporteure zu schützen.
nm/tko/hb (dpa, rtr, afp, AP)