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Reise

Am Tag nach dem Anschlag in Berlin

Elisabeth Yorck von Wartenburg
20. Dezember 2016

Die meisten Berliner Weihnachtsmärkte blieben am Dienstag geschlossen. Der am Gendarmenmarkt hatte am Morgen zunächst geöffnet, machte dann aber am Mittag auch zu. Ein Stimmungsbild von Elisabeth Yorck von Wartenburg.

Deutschland Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt in Berlin
Bild: DW/E. Yorck Von Wartenburg
Nur wenige Besucher sind auf dem Gendarmenmarkt am Tag nach dem Anschlag am Breitscheidplatz unterwegsBild: DW/E. Yorck Von Wartenburg

Der WeihnachtsZauber am Gendarmenmarkt zählt zu den schönsten Weihnachtsmärkten Berlins. Rund 600.000 Besucher aus aller Welt tummeln sich jedes Jahr in der weißen, festlich geschmückten Zeltstadt. Bekannt ist der Markt für seine romantische Kulisse: er wird umrahmt vom Konzerthaus, dem französischen und deutschen Dom. Normalerweise ist das Gedränge hier groß. Am Tag nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz, rund vier Kilometer entfernt, ist das nicht der Fall. Kurz nach der Eröffnung um 11 Uhr schlendern nur wenige Besucher an den Ständen vorbei.

So reagieren die Besucher

Die zwei jungen Frauen Pernille Flint und Simone Pignot sind aus Dänemark angereist. Die Nachricht vom Vortag hat sie nicht abgehalten, den Gendarmenmarkt zu besuchen. "Wenn wir die Dinge, die uns Spaß machen, aufgeben, dann haben die Terroristen gewonnen!", sagt Simone Pignot. Sie erzählt, wie sie am Vorabend spät ins Hotel zurückgekommen waren und dort von dem Anschlag erfahren hatten. Viele Verwandte und Freunde machten sich Sorgen um sie und riefen an. "Es ist ein komisches Gefühl. Als wir gestern unterwegs waren, haben sich alle fröhlich unterhalten. Heute ist alles sehr ruhig und nur wenige Menschen sind unterwegs", schildert Pernille Flint ihre Eindrücke vom Gendarmenmarkt.  

Werner und Jutta Siever: "Wir lassen uns nicht einschüchtern."Bild: DW/E. Yorck Von Wartenburg

Zu den Besuchern zählt auch das Ehepaar Sievert. "Es ist natürlich traurig, was passiert ist. Aber was soll man machen?", fragt Werner Sievert. "Es muss weitergehen. Wir wollen auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken!" Ein paar Meter weiter trinken Maximilian Schökel, Stefanie Dockhorn und Nicole Jähne Glühwein. "Eigentlich dürfen wir nicht hier sein", erzählen sie, "unsere Eltern würden sich Sorgen machen." Aber das Weihnachtsfest wollen sie sich nicht kaputt machen lassen. Maximilian Schökel erzählt, dass er direkt am Kurfürstendamm nahe dem Breitscheidplatz wohnt und eine Stunde, bevor der Anschlag passierte, noch an der Gedächtniskirche vorbeigefahren ist. "Da hat man schon ein anderes Gefühl, Angst ist es aber nicht." Auch Stefanie Dockhorn fühlt sich sicher. "Es ist ja gerade erst passiert, warum sollte es heute wieder einen Anschlag geben? Es kann jeden Tag dazu kommen!"

So reagieren die Händler

Die Polizei ist sehr präsent auf dem WeihnachtsZauber am GendarmenmarktBild: DW/E. Yorck Von Wartenburg

Keiner von den Händlern macht heute Vormittag ein gutes Geschäft. Chiara Borgerding vom Glühweinstand am zentralen Platz des Marktes stellt fest: "Es sind heute auf jeden Fall weniger Leute unterwegs." Das sieht auch Nina Porro so, die Mützen aus Alpaca-Wolle verkauft. Zumindest fühlen sich beide sicher. An den Eingängen des abgegrenzten Areals werden die Taschen kontrolliert, große Koffer dürfen nicht mit auf den Markt genommen werden. Die Polizei ist präsenter als in den Tagen zuvor. "Es fühlt sich schon komisch an, wenn überall Polizisten mit Maschinengewehren herumlaufen", sagt Fabian Kähler, der seinen Schmuck schon im Jahr zuvor auf dem Gendarmenmarkt verkauft hat. Er erzählt, dass er eigentlich schon in der vergangenen Saison mit einem Anschlag gerechnet hatte. Dass es nun passiert ist, überrascht ihn nicht. "Die Sicherheitsvorkehrungen am Gendarmenmarkt sind gut, sie können aber gern noch erhöht werden." Fabian Kähler findet es richtig, dass die Stände an diesem Morgen alle geöffnet haben. "Den Markt abzusagen wäre genau das, was die Terroristen wollen." Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass er kurz darauf schließen muss.

Neue Sicherheitsmaßnahmen auf Deutschlands Weihnachtsmärkten

Schmuckverkäufer Fabian MählerBild: DW/E. Yorck Von Wartenburg

Am Tag nach dem Anschlag verschärft Berlin nun insgesamt massiv seine Sicherheitsvorkehrungen. Laut Polizeipräsident Klaus Kandt sollen Kollegen mit Maschinenpistolen und Schutzwesten im Bereich der Eingänge zu Weihnachtsmärkten postiert werden. Zudem würden in den nächsten Stunden vor allen großen Märkten Steinbarrieren und andere Sperren aufgebaut. 

Auch wenn die Weihnachtsmärkte heute aus Rücksichtnahme und Solidarität mit den Opfern des Breitscheidplatzes geschlossen wurden, in den folgenden Tagen sollen sie wieder öffnen. Weder Besucher noch Händler wollen sich die Freude an den Märkten auf Dauer nehmen lassen.

Elisabeth Yorck von Wartenburg Autorin, Redakteurin, Planerin, Social Media Managerin