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Amazon-Boss: KI wird viele Arbeitsplätze überflüssig machen

26. Juni 2025

Andy Jassy ist nicht der erste Manager, der vor der zunehmenden Verbreitung künstlicher Intelligenz und der damit verbundenen grundlegenden Umgestaltung der Arbeitswelt warnt. Haben die Schwarzseher recht?

Computerchip mit Aufschrift AI - artificial intelligence (künstliche Intelligenz)
Computerchip mit Aufschrift AI - artificial intelligenceBild: Christian Ohde/CHROMORANGE/picture alliance

Amazon-CEO Andy Jassy kündigte kürzlich an, sein Unternehmen werde die Belegschaft reduzieren, wenn künstliche Intelligenz (KI) menschliche Mitarbeiter ersetzen könne. Er warnte generell, dass KI eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in vielen Branchen betreffen werde.

Jassy ist damit nicht allein: Viele andere Technologieunternehmen haben bereits erklärt, dass KI-Anwendungen ihre Belegschaften verändern könnten. Im Mai erklärte der CEO des KI-Startups Anthropic gegenüber der im US-Bundesstaat Virginia ansässigen Nachrichtenwebsite Axios, dass KI in den nächsten ein bis fünf Jahren die Hälfte aller Einstiegsjobs für Angestellte vernichten könnte.

Seit 2021 ist Andy Jassy CEO von Amazon - hier redet er auf der WSJD Live Global Technology Conference 2016Bild: Patrick Fallon/ZUMA Wire/picture alliance

Tatsächlich haben börsennotierte US-Unternehmen die Zahl ihrer Angestellten in den letzten drei Jahren insgesamt um 3,5 Prozent reduziert, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf den Beschäftigungsdatenanbieter Live Data Technologies. In den letzten zehn Jahren sei die Belegschaft jedes fünften Unternehmens im S&P 500 geschrumpft, hieß es.

Mehrere Konzerne, wie etwa die Technologieunternehmen Microsoft oder Hewlett Packard und der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble haben in den letzten Monaten die Entlassung Tausender Mitarbeiter angekündigt. Der Einzelhandelsdienstleister Shopify erklärte, dass Abteilungen, die zusätzliches Personal anfordern, zunächst nachweisen müssten, dass Künstliche Intelligenz die Aufgaben nicht erfüllen könne. Duolingo, eine Sprachlern-App, plant, seine externen Mitarbeiter schrittweise durch KI zu ersetzen.

Führt KI zu Massenarbeitslosigkeit?

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass ein Viertel der Arbeitsplätze weltweit einem hohen Risiko ausgesetzt ist, durch KI-Anwendungen ersetzt zu werden. Auf der anderen Seite wird auch erwartet, dass die Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten schaffen könnte, um die Produktivität zu steigern.

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Ein Bericht des Weltwirtschaftsforums prognostizierte Anfang des Jahres, dass der technologische Wandel bis 2030 etwa 92 Millionen bestehende Arbeitsplätze verdrängen und 170 Millionen neue schaffen wird. Arbeitsplätze in Industrieländern werden dabei wahrscheinlich stärker von KI betroffen sein als in Entwicklungsländern.

Eine im vergangenen Jahr vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichte Studie ergab, dass die Technologie 60 Prozent der Arbeitsplätze in Industrieländern betreffen könnte - etwa die Hälfte davon negativ, die andere Hälfte positiv. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass etwa 40 Prozent der Arbeitsplätze in Schwellenländern und 26 Prozent der Arbeitsplätze in Niedriglohnländern betroffen sein werden.

Diese Arbeitsmärkte würden zunächst nur geringe Auswirkungen durch KI-Einsatz spüren. Gleichzeitig sei es auch weniger wahrscheinlich, dass sie von möglichen Produktivitätssteigerungen profitieren, die von KI ermöglicht werden könnten.

Wen gefährdet KI am meisten?

Bei früheren technologischen Durchbrüchen waren Arbeitsplätze für gering Qualifizierte am stärksten betroffen - als beispielsweise Fabrikarbeiter durch Roboter ersetzt wurden. Nun wird erwartet, dass eine breite Einführung von KI besonders besser gebildete Angestellte hart treffen wird, insbesondere wenn sie Aufgaben erledigen, die Künstliche Intelligenz in ähnlicher oder sogar besserer Qualität als sie erledigen könnte.

Eine Studie des Pew Research Center in den USA ergab, dass Menschen, die mit Informationsbeschaffung und Datenanalyse zu tun haben, einem hohen Risiko ausgesetzt sind, durch KI ersetzt zu werden - das betrifft etwa Webentwickler, technische Redakteure, Buchhalter und Datentypisten. Berufe, die sich nicht leicht automatisieren lassen, wie Bauarbeiter, Kinderbetreuer und Feuerwehrleute, werden voraussichtlich am widerstandsfähigsten bleiben.

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Die Möglichkeit massiver Arbeitsplatzverluste hat Bedenken über die disruptiven Auswirkungen von KI auf Beschäftigung und Gesellschaft ausgelöst und die Aufmerksamkeit von Politikern und sogar religiösen Führern erregt. Papst Leo XIV. etwa, der im Mai Oberhaupt der katholischen Kirche wurde, warnte vor der Bedrohung von Arbeitsplätzen und Menschenwürde durch KI.

Übertriebene Sorgen vor KI?

Arbeitsmarktexperte Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg hält die Sorgen um Arbeitsplatzverluste für unbegründet. Im Gespräch mit der DW erklärte er, Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz eröffneten vielfältige wirtschaftliche Möglichkeiten und würden Arbeitnehmern eher helfen als dass sie Massenarbeitslosigkeit verursachten.

Wer seine Arbeit an einem Computer erledigt, ist besonders dem Druck künstlicher Intelligenz ausgesetztBild: Action Pictures/IMAGO

"KI verändert die Arbeit in erster Linie, aber sie beseitigt sie nicht grundsätzlich", sagte Weber und fügte hinzu, dass die Technologie menschlichen Arbeitskräften in den meisten Fällen helfe, "neue Aufgaben zu entwickeln und ihre Aufgaben besser zu erfüllen, anstatt sie nur zu ersetzen".

Eine im Januar veröffentlichte Studie der Harvard-Ökonomen David Deming, Christopher Ong und Lawrence H. Summers vertritt eine ähnliche Ansicht. Die Ökonomen argumentieren, dass die Automatisierung einzelner Arbeitsaufgaben "nicht unbedingt die Beschäftigung verringert" und in einigen Wirtschaftssektoren sogar zu "Beschäftigungszuwächsen" führen könne. "Die Automatisierung einer bislang mühsamen Aufgabe könnte die Produktivität von Arbeitnehmern grundsätzlich so deutlich steigern, dass die höhere Leistung die Tatsache ausgleicht, dass ein Teil ihrer Arbeit nun von einer Maschine erledigt wird", heißt es in dem Papier.

Sie betonten, dass die Auswirkungen von KI wahrscheinlich "weitreichend und nachhaltig" sein werden, schrieben aber auch: "Die Geschichte lehrt uns, dass selbst wenn KI den Arbeitsmarkt revolutioniert, ihre Auswirkungen sich über viele Jahrzehnte entfalten werden."

Den Umständen anpassen

Da sich die Technologie der künstlichen Intelligenz noch in einem frühen Stadium befindet, sind ihre genauen langfristigen Auswirkungen auf die globalen Arbeitsmärkte noch ungewiss. Die Wirksamkeit vieler KI-Tools hängt auch davon ab, wie gut sie in Arbeitsabläufe integriert sind und wie bereit und fähig die Arbeitnehmer sind, sie auch zu nutzen.

Wie auch immer die Zukunft der Arbeit aussehen wird, KI wird darin eine große Rolle spielenBild: Cat&Docs

Wenn Arbeitnehmer aus Sorge um ihren Arbeitsplatz KI nicht voll ausschöpfen, könnte dies den Produktivitätsschub gefährden, den die neue Technologie verspricht. Arbeitsmarktexperte Enzo Weber fordert Unternehmen und Arbeitnehmer auf, sich an die sich verändernde Technologielandschaft anzupassen und die Chancen zu nutzen.

Für den IAB-Experten ist die KI-Technologie ein 'Game Changer'. "Diese [Technologie] bietet Chancen, die aber genutzt werden müssen. Weiterentwicklung und aktive Schulung der Arbeitnehmer sind unerlässlich. Nicht nur, um Schritt zu halten, sondern um so weit wie möglich voraus zu sein."

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

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