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PolitikBrasilien

Amazonas-Gipfel: Mehr Umweltschutz, keine Einmischung

10. August 2023

Zum Abschluss des Treffens der Amazonas-Anrainerstaaten hat Brasiliens Präsident Lula mehr Umweltschutz versprochen. Zugleich verbat er sich Vorschriften aus den Industrieländern - und wählte harte Worte.

«Amazonasgipfel» in Brasilien
Einigkeit der Gipfelteilnehmer - doch mit Einschränkungen beim Thema AbholzungBild: Ricardo Stuckert/dpa/Palacio Planato/dpa/picture alliance

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat zum Abschluss des Amazonas-Gipfels die reichen Industriestaaten zur Einhaltung ihrer Finanzierungszusagen für den Klimaschutz gedrängt. Es gehe nicht darum, dass Länder wie Brasilien, Kolumbien oder Venezuela Geld bräuchten, "Mutter Natur braucht Geld, weil die industrielle Entwicklung sie in den vergangenen 200 Jahren zerstört hat", sagte Lula in der brasilianischen Metropole Belém.

"Wir können keinen grünen Neokolonialismus akzeptieren, der unter dem Deckmantel des Umweltschutzes Handelshemmnisse und diskriminierende Maßnahmen einführt und unsere nationalen Regelwerke und Politiken außer Acht lässt", so der Präsident des Gastgeberlandes.

Zu den erwähnten Verpflichtungen der Industrieländer gehören demnach eine jährliche finanzielle Unterstützung in Höhe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sowie eine jährliche Klimaschutz-Finanzierung in Höhe von 100 Milliarden Dollar (rund 91 Milliarden Euro) für die Entwicklungsländer. "Diese Zusage wurde nie umgesetzt. Und mittlerweile entspricht sie schon nicht mehr dem aktuellen Bedarf", sagte Lula. So sollten von 2030 jährlich 200 Milliarden Dollar fällig werden.

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva auf dem Amazonas-Gipfel in BelémBild: Nádia Pontes/DW

Neben den acht südamerikanischen Staaten Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Peru, Ecuador, Guyana, Surinam und Venezuela unterzeichneten auch die eingeladenen Länder Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Indonesien sowie St. Vincent und die Grenadinen die Erklärung. Das Amazonasgebiet, das Kongobecken und Südostasien beherbergen die größten Regenwälder der Welt. Diese Ökosysteme binden Treibhausgase und beherbergen eine enorme Anzahl verschiedener Tier- und Pflanzenarten.

Erstes Treffen seit 14 Jahren

Gastgeber Brasilien hatte zu dem ersten Treffen der Organisation des Amazonas-Kooperationsvertrags (OTCA) seit dem Jahr 2009 eingeladen. Die Mitglieder der Gruppe - Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam und Venezuela - hatten bereits am Dienstag in der an der Mündung des Amazonas gelegenen Stadt Belém eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die einen Fahrplan zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, zur Beendigung der Abholzung sowie zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens umfasst.

Weitere Bestandteile waren die Gründung einer Amazonas-Allianz gegen Abholzung, ein gemeinsames Luftverkehrskontrollsystem gegen das organisierte Verbrechen und engere Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft, Finanzen und Menschenrechte.

Gescheitert war dagegen der Versuch, ein gemeinsames Ziel zum Stopp der Abholzung im Amazonas zu bestimmen. Es bleibt nun jedem der acht Amazonas-Länder selbst überlassen, wie es mit der fortschreitenden Vernichtung des Urwalds umgeht.

Der brasilianische Präsident Lula da Silva hatte den Amazonas-Gipfel einberufen, um eine gemeinsame Front der Regenwaldländer bei der noch dieses Jahr anstehenden Weltklima-Konferenz (COP28) zu bilden. "Wir gehen zur COP28 mit dem Ziel der reichen Welt zu sagen, dass sie, wenn sie den Wald erhalten will, nicht nur Geld für die Baumkronen, sondern auch für die Menschen, die darunter leben, ausgeben muss", sagte Lula.

Kritik von Umweltverbänden und Indigenen

Umweltschützern und indigenen Gruppen gingen die Beschlüsse jedoch nicht weit genug. Diese hatten eine Zusage gefordert, dass Brasilien die illegale Abholzung des Regenwaldes bis 2030 beendet und dass Kolumbien keine neuen Ölbohrungen mehr vornimmt. "Es ist ein erster Schritt, aber es gibt keine konkreten Entscheidungen, nur eine Liste von Versprechungen", sagte Marcio Astrini, Leiter von Climate Observatory, einem Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen in Brasilien.

Gerodete Regenwaldfläche im brasilianischen Bundesstaat Manaus (2022)Bild: Bruno Kelly/REUTERS

"Die Erklärung enthält keine klaren Maßnahmen, um auf die Krise, mit der die Welt konfrontiert ist, zu reagieren. Es gibt keine Ziele oder Fristen für die Beendigung der Entwaldung, und es wird auch nicht erwähnt, dass die Ölförderung in der Region eingestellt werden soll", sagte der Direktor von Greenpeace Brasilien, Leandro Ramos. "Ohne diese Maßnahmen werden die Amazonasländer nicht in der Lage sein, ihre derzeitige räuberische Beziehung zum Wald, seiner biologischen Vielfalt und seinen Bewohnern zu ändern."

Auch die Umweltschutzorganisation WWF zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen des Gipfels. Die Amazonas-Anrainerstaaten hätten "definitiv eine Chance vertan", sagte der Brasilien-Experte des WWF Deutschland, Roberto Maldonado, dem Sender Phoenix. In der Abschlusserklärung seien keine verbindlichen Vorgaben gemacht worden, wie die Abholzung reduziert oder ganz gestoppt werden könne.

Die "grüne Lunge" in Gefahr

Der Amazonas gilt als "grüne Lunge" der Erde. Sein Regenwald nimmt in gigantischen Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und wirkt damit der Erderwärmung entgegen. Wissenschaftler warnen jedoch, dass sich der Amazonas einem Kipppunkt nähert, von dem an seine Bäume absterben und das gespeicherte Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre abgeben würde. Dies hätte katastrophale Folgen für das Erdklima.

Ein Fünftel des brasilianischen Regenwaldes ist bereits zerstört. Brasilien, auf dessen Staatsgebiet sich rund 60 Prozent des Amazonaswaldes befinden, hat versprochen, die illegale Abholzung bis 2030 vollständig zu verhindern.

mak/AR (dpa, afp, rtr)

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