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Politik

"AMLO" lässt Lateinamerikas Linke hoffen

Evan Romero-Castillo
3. Juli 2018

Mexikos neu gewählter Präsident gilt als Linkspolitiker. Dies weckt Erwartungen in Venezuela und anderen lateinamerikanischen Staaten dieses politischen Spektrums. Kann oder will er überhaupt die Erwartungen erfüllen?

Mexiko Präsidentschaftswahl Kandidat Andres Manuel Lopez Obrador
Bild: Reuters/C. Jasso

Der Sieg von Andrés Manuel López Obrador, auch bekannt unter seinem Akronym AMLO, bei den Präsidentschaftswahlen im Sonntag (01.07) in Mexiko war so eindeutig, dass einer seiner wichtigsten Gegner - José Antonio Meade, Kandidat der regierenden Partei PRI - ihm zum Sieg gratulierte, noch bevor die ersten Wahlprognosen nach Schließung der Wahllokale bekannt gegeben wurden. Beobachter sehen in diesem frühen Eingeständnis der Niederlage einen Beleg für die Reife der mexikanischen Demokratie. Die regionalen Reaktionen auf seinen Sieg sind da schon schwieriger zu interpretieren.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau gratulierte Lopez Obrador zum Wahlsieg und versicherte ihm, dass er mit ihm gemeinsam an der Reform des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) zum Wohle aller Bürger des Subkontinents arbeiten werde. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich AMLO zurückhaltend und teils widersprüchlich über das Vertragswerk geäußert. Donald Trump widmete Lopez Obrador auf Twitter eine herzliche Botschaft, wohl wissend, dass viele linke Regierungen in Lateinamerika AMLO als neue Speerspitze gegenüber politischen und wirtschaftlichen Dominanzbestrebungen aus dem Weißen Haus sehen.

Auch aus Caracas kam ein Glückwunsch, in dem der venezolanische Präsident Nicolás Maduro erklärte, "dass die Völker Venezuelas und Mexikos aufgerufen sind zusammenzuarbeiten, um den dringenden Prozess der Einheit Lateinamerikas und der Karibik zu konsolidieren". Doch falls Maduro glaubt, dass der neu gewählte Präsident Mexikos die Rhetorik Venezuelas und seiner Verbündeten in Bolivien, Kuba und Nicaragua übernehmen wird, dann dürfte er sich getäuscht haben. Im Wahlkampf hatte AMLO erklärt, dass das venezolanische Modell der "Bolivarischen Revolution" für ihn kein Vorbild sei. Wie dem auch sei: Lopez Obrador ist derzeit die Fläche auf die jeder in der Region seine unterschiedlichsten Hoffnungen projiziert.

Rechter und linker Populismus

Thomas Fischer, Professor für lateinamerikanische Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, interpretiert den Sieg AMLOs in Mexiko als Hinweis darauf, dass das sogenannte "linke Experiment" in Lateinamerika noch nicht abgeschlossen ist: "In einigen Ländern der Region ist der Zyklus der linken Regierungen zu Ende gegangen, in anderen scheint er begonnen zu haben. Gustavo Petro verlor bei den letzten kolumbianischen Präsidentschaftswahlen, gewann aber 40 Prozent der Stimmen bei einer ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung. Das ist ein sehr gutes Ergebnis für einen dezidiert linken Politiker."

Die die Faktoren und Umstände, die in Mexiko zum Sieg AMLOs führten, liegen auch in anderen lateinamerikanischen Ländern vor und ziehen dort aber nicht zwingend den Sieg eines linken Kandidaten nach sich, so Fischer. "In Mexiko führte die Enttäuschung der Bevölkerung über das etablierte Parteiensystem und die Konfrontationshaltung Obradors gegenüber Trump zu seinem Sieg. Aber in anderen Ländern haben auch rechte Politiker ähnliche Situationen zu ihrem Vorteil genutzt. Álvaro Uribe in Kolumbien ist das beste Beispiel", meint der Eichstätter Forscher.

Auf der Suche nach strategischen Allianzen

"Wenn traditionelle Parteien und Institutionen schwächeln, gewinnt der Populismus an Boden. Wenn dieser Moment erreicht ist, dürfen leere Versprechungen nicht als politisches Mittel eingesetzt werden. López Obrador ist, genau wie Álvaro Uribe, ein Populist der viel verspricht", ergänzt Fischer. Für lateinamerikanische Linksregierungen, deren Lebenszyklus sich dem Ende zuneigt, wie die von Evo Morales in Bolivien, Daniel Ortega in Nicaragua oder Nicolás Maduro in Venezuela sei AMLOs Sieg sehr wichtig, denn Mexiko ist eines der größten Länder Amerikas und ein direkter Nachbar der Vereinigten Staaten, der vermeintlichen Quelle allen Übels in der Region, so Fischer.

Es ist also kein Wunder, dass diese Länder von einer strategischen Partnerschaft ideologischer Natur mit Mexiko träumen, so wie andere Länder mit einer strategischen Wirtschaftspartnerschaft mit Venezuela träumten, als Hugo Chávez 1999 an die Macht kam. "Wir müssen jetzt schauen, wer mit wem auf den kommenden regionalen Gipfel Partnerschaften aufbaut. Das ist im Falle López Obradors noch eine offene Frage", räumt Fischer ein.