1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Ampelparteien verschärfen Corona-Novelle

15. November 2021

Die rasant steigende Zahl der Corona-Infektionen lässt den Parteien der geplanten Ampelkoalition keine andere Wahl. Sie erweitern das Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Pandemie, etwa um eine 3G-Regelung im Bahnverkehr.

Deutschland Chaos und Menschenmassen am Hauptbahnhof Hamburg
Hauptbahnhof Hamburg: Gilt in Zügen schon bald die 3G-Regelung?Bild: Eibner/imago images

Wegen der Zuspitzung der Corona-Lage in Deutschland sollen die Bundesländer auch künftig Kontaktbeschränkungen insbesondere für Ungeimpfte erlassen und Freizeitveranstaltungen untersagen können. Nach viel Kritik an ihren Plänen zur Bekämpfung des Coronavirus einigten sich SPD, Grüne und FDP auf entsprechende Nachbesserungen. Wie Vertreter der drei Fraktionen im Bundestag mitteilten, wollen sie auch eine 3G-Regelung im Fern- und öffentlichen Nahverkehr einführen: Passagiere müssen also nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind.

Auch am Arbeitsplatz soll künftig 3G gelten, für Veranstaltungen oder Restaurantbesuche möglichst nur noch 2G oder sogar "2G plus", wobei Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Test vorlegen müssen, während Ungeimpfte dann gar keinen Zutritt mehr haben. Zudem wollen die Ampelparteien eine Rückkehr zur Homeoffice-Pflicht und eine Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen.

Arbeiten wir schon in Kürze erneut großenteils im Homeoffice? (Symbolbild)Bild: Imago/P. Nowack

Die geplanten Verschärfungen sollen in die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes eingearbeitet werden, über das der Bundestag am Donnerstag abstimmen will. Bund und Länder wollen zudem in einem Spitzentreffen einen gemeinsamen Kurs festlegen. Das Maßnahmenpaket der Ampelparteien soll sicherstellen, dass auch nach dem geplanten Auslaufen der epidemischen Lage nationaler Tragweite am 25. November Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus aufrechterhalten werden. Ihre Regelung umfasst eine Palette an Möglichkeiten, die die Länder dann umsetzen können. Dagegen sollen Ausgangs- oder Reisebeschränkungen sowie generelle Schließungen von Schulen, Läden oder Gaststätten nach dem Auslaufen der epidemischen Lage nicht mehr möglich sein.

"Lockdown für Ungeimpfte"

"Das ist faktisch ein Lockdown für Ungeimpfte, der hier auf den Weg gebracht wird", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, im Fernsehen. "Wir werden es den Ländern ermöglichen, 2G-plus-, 2G- und 3G-Maßnahmen je nach dem Infektionsgeschehen auf den Weg zu bringen." Grünen-Chef Robert Habeck sagte: "Kontaktuntersagung oder 2G-Regelung heißt in weiten Teilen: Lockdown für Ungeimpfte. Das ist die Vulgärübersetzung."

Eine berufs- oder einrichtungsbezogene Impfpflicht, wie sie unter anderem von der Leopoldina und dem Deutschen Ethikrat gefordert wurde, ist nicht Bestandteil des Pakets. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sieht sie aber dennoch kommen. "Wir werden eine Impflicht brauchen für Einrichtungen, bei Pflegeheimen, bei Kindertagesstätten et cetera", sagte sie. Auf Twitter stellte sie später klar, dass in den Ampelparteien darüber noch beraten werde.

Experten-Anhörung im Parlament

Einige der geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes waren am Montag Thema einer Anhörung im Bundestag. Die Mehrheit der Sachverständigen begrüßte die Pläne im Grundsatz. Einige Wissenschaftler dämpften allerdings die Erwartungen. So sagte die Physikerin und Modelliererin Viola Priesemann: "Das, was derzeit geplant ist, nur 2G, 3G im öffentlichen Bereich, das wird nicht reichen, um die Fallzahlen runterzubringen." Denn die meisten Kontakte spielten sich im Privaten ab, und durch Schulen und Arbeitsplatz gebe es viele Verbindungen zwischen Geimpften und Ungeimpften.

Die Physikerin Viola PriesemannBild: Jürgen Heinrich/imago images

Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitsgeberverbänden zeigten sich einverstanden mit einer 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Die Arbeitgeber forderten hierfür ein Auskunftsrecht über den Impf- oder Genesenenstatus, was der Deutsche Gewerkschaftsbund aber ablehnte.

Die Pläne für den Nahverkehr stießen bei den Landkreisen auf Skepsis. Eine 3G-Regelung dort sei "praktisch nicht zu kontrollieren", sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager. Kritik an den Plänen kam auch aus der vermutlich künftigen Opposition. Die Union sprach sich dafür aus, die epidemische Notlage zu verlängern. Die AfD wiederum lehnte Verschärfungen ab.

Steinmeier spricht Impfskeptiker an

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte unterdessen an Impfskeptiker, ihre Haltung zu überdenken. "Diejenigen, die sich nicht impfen lassen, setzen ihre eigene Gesundheit aufs Spiel, und sie gefährden andere", sagte er. Es seien vor allem Ungeimpfte, die auf den Intensivstationen um ihr Leben kämpften. Man müsse mehr tun, "um diese Welle zu brechen". Aktuell sind 67,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig gegen COVID-19 geimpft.

Die Corona-Infektionszahlen erreichen derzeit täglich aufs Neue Höchststände. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen am Dienstagmorgen mit 312,4 an. Besonders dramatisch ist die Situation in Sachsen, Bayern und Thüringen. Die sächsische Sozialministerin Petra Köpping rechnet nach eigenen Worten damit, dass schon Ende der Woche eine Überbelastung des Gesundheitssystems in ihrem Bundesland ausgerufen wird. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Sachsen aktuell bei fast 760. 

kle/gri (epd, dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen