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Politik

Amris Waffe: in Italien und Berlin benutzt

4. Januar 2017

Er tötete einen LKW-Fahrer, verübte einen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt und schoss später auf zwei Polizisten in Italien. Im Fall Amri gab es viele Warnungen. Schätzten die Behörden die Gefahr falsch ein?

Italien Tatort-Untersuchung nach der Erschiessung von Anis Amri in Mailand (Foto: Reuters)
In Mailand untersuchen Ermittler den Tatort (Archivbild)Bild: Reuters

Im Fall Anis Amri werden immer mehr Details bekannt. Wie jetzt eine ballistische Untersuchung der italienischen Polizei ergab, ist die Waffe, mit der der mutmaßliche Attentäter auf Polizisten bei Mailand geschossen hat, dieselbe, mit der ein polnischer Lkw-Fahrer beim Anschlag in Berlin erschossen wurde. Das teilten die Behörden über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Deutsche Behörden hatten für den Abgleich einen Projektil-Abguss nach Italien geschickt.

Nach möglichen Kontaktmännern Amris wird derzeit mit Hochdruck gesucht. Ermittler hatten am Dienstag in Berlin eine Unterkunft in einem Flüchtlingsheim und eine Wohnung durchsucht. Der erste Einsatz galt einem 26-jährigen Tunesier. Der Mann soll laut Bundesanwaltschaft "noch in zeitlicher Nähe" zu dem Lastwagen-Anschlag mit Amri in Kontakt gestanden haben. Die Ermittler haben deshalb den Verdacht, dass er "von den Anschlagsplänen wusste und möglicherweise Anis Amri geholfen hat". Im zweiten Fall geht es um einen früheren Mitbewohner Amris, den die Bundesanwaltschaft als Zeugen führt.

Viele Warnungen - falsche Einschätzung?

Wie jetzt die Süddeutsche Zeitung berichtete, mehren sich im Fall des Weihnachtsmarktattentäters die Hinweise, dass die Sicherheitsbehörden dessen Gefährlichkeit völlig falsch einschätzten. Die Polizei habe sich mehr als ein Jahr lang mit Amri gefasst und auch gewusst, dass der Tunesier im Kontakt mit der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gestanden habe. Die Zeitung beruft sich dabei auf Unterlagen des Staatsschutzes. Trotzdem sei ein Anschlag für eher unwahrscheinlich gehalten worden.

Dem Bericht zufolge war Amri von den Behörden aufgrund zahlreicher gewichtiger Hinweise als sogenannter Gefährder eingestuft. Demnach bot er sich einem V-Mann, der in dem IS-Milieu verkehrte, als Selbstmordattentäter an, wollte Bomben bauen und suchte Komplizen für einen Anschlag.

Hätten die Behörden von Bund und Ländern den Anschlag verhindern können?

Nordrhein-Westfalen war einer der Hauptaufenthaltsorte Amris, in diesem Bundesland liegt auch die für ihn zuständige Ausländerbehörde im Kreis Kleve. Aus diesem Grund beschäftigt der Terroranschlag in Berlin nun auch den Düsseldorfer Landtag. In einer Sondersitzung des Innenausschusses will die Opposition ergründen, was die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden im Vorfeld über den mutmaßlichen Attentäter Amri wussten.

Die Sicherheitsbehörden gingen den Angaben zufolge aber nicht davon aus, dass Amri einen Anschlag begehen werde. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt in Düsseldorf hatte den Sicherheitsbehörden demnach allerdings am 17. Februar mitgeteilt: "Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass Amri seine Anschlagsplanungen ausdauernd und langfristig verfolgen wird." Amri hielt sich später im Drogenmillieu auf und wurde nicht mehr überwacht.

Kritiker fragen vor allem, warum sich Amri unter verschiedenen Namen quer durch Deutschland bewegen konnte, obwohl die Sicherheitsbehörden ihn schon längst als islamistischen Gefährder eingestuft hatten. Auch gab es keine strengen Meldeauflagen für den abgelehnten Asylbewerber, der sich als Geduldeter nur im Kreis der für ihn zuständigen Ausländerbehörde Kleve hätte aufhalten dürfen.

Über Abschiebung beraten

In dem Bericht der Süddeutschen Zeitung wird zudem darauf hingewiesen, dass im Juli vergangenen Jahres über Amris sofortige Abschiebung beraten worden sei. Dies ist nach Paragraf 58a des Aufenthaltsgesetzes möglich, wenn eine "auf Tatsachen gestützte Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik vorliegt". Eine Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) sei aber mit Blick auf Amri zu dem Ergebnis gekommen, dass eine "akute Gefährdungslage derzeit nicht in gerichtsverwertbarer Form" vorliege.

Amri soll am 19. Dezember in Berlin einen Lastwagen gekapert und damit in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren sein. Dabei wurden zwölf Menschen getötet und etwa 50 weitere verletzt, viele von ihnen schwer. Amri selber wurde wenige Tage danach von Polizisten in Sesto San Giovanni bei Mailand bei einer Routinekontrolle getötet. Zuvor hatte er auf die Beamten geschossen.

pab/pg (afp, dpa, Süddeutsche Zeitung)

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