1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Trumps Dekrete: Vom Notstand im Süden bis Gnade für TikTok

21. Januar 2025

Der neue US-Präsident hat an seinem ersten Amtstag dutzende Dekrete unterzeichnet. Mit einigen schafft er Fakten, mit anderen setzt er Zeichen. Vor allem demontiert Donald Trump aber das Vermächtnis seines Vorgängers.

Donald Trump beim Unterzeichnen von Dekreten in der Capital One Arena in Washington
Donald Trump beim Unterzeichnen von Dekreten in der Capital One Arena in WashingtonBild: Evan Vucci/AP Photo/picture alliance

Nur wenige Stunden nach seiner Vereidigung hat US-Präsident Donald Trump dutzende Dekrete unterzeichnet. Damit nehme er unter anderem "zerstörerische, radikale" Dekrete aus der Zeit seines demokratischen Vorgängers Joe Biden zurück, sagte der Republikaner unter dem Jubel seiner Anhänger in der Capital One Arena, einer Sporthalle in Washington. Später unterzeichnete er noch weitere Dekrete im Weißen Haus während einer Pressekonferenz 

Notstand an der Grenze zu Mexiko

So rief Trump wie angekündigt den Notstand an der Grenze zu Mexiko aus und befahl der US-Armee, die Grenze zu überwachen. Zuvor hatte der 78-Jährige in seiner Antrittsrede angekündet, dass er Truppen an die US-mexikanische Grenze schicken werde, um "die katastrophale Invasion unseres Landes zurückzudrängen". "Alle illegalen Einreisen werden sofort gestoppt, und wir werden den Prozess der Rückführung von Millionen und Abermillionen krimineller Ausländer zurück an die Orte starten, von denen sie gekommen sind", sagte Trump.

Seine stellvertretende Sprecherin Anna Kelly kündigte zudem an, dass die neue US-Regierung das Asylrecht beenden wolle. "Wir werden das Asylrecht beenden (...), was ein sofortiges Abschiebeverfahren ohne die Möglichkeit auf Asyl zur Folge hat", sagte Kelly. Die Politik "Bleibt in Mexiko" werde wieder aufgenommen, die Mauer an der Grenze solle gebaut werden. Nur Minuten nach Trumps Vereidigung war die US-Regierungs-App CBP One nicht mehr benutzbar, mit der Asylbewerber einen Termin zum Einreichen ihres Antrags vereinbaren konnten. Nach Medienberichten hatten rund 30.000 Asylbewerber einen Termin ausgemacht.

Keine Staatsbürgerschaft mehr nach Geburt

Außerdem unterzeichnete Trump ein Dekret, mit dem der automatische Erhalt der US-Staatsbürgerschaft bei Geburt auf dem Boden der USA beendet werden soll. "Das ist eine große Sache", erklärte der Republikaner dazu. Das Recht auf den automatischen Erhalt der Staatsbürgerschaft ist in der Verfassung verankert, so dass die Abschaffung laut Experten zu Klagen führen dürfte. Trump räumte auf Nachfrage ein, dass es zu rechtlichen Anfechtungen seines Plans kommen könne.

Tatsächlich kündigten mehrere Bürgerrechtsorganisationen, darunter die American Civil Liberties Union (ACLU), eine Klage gegen die Verfügung an. Sie argumentieren, dass der Erlass gegen die Verfassung verstoße.

Begeisterung bei den Anhängern des neuen alten Präsidenten in der Capital One Arena in der US-HauptstadtBild: Mark Schiefelbein/AP Photo/picture alliance

Förderung der Diversität abgewürgt

Zudem beendet der neue US-Präsident zahlreiche Programme der Regierung zur Förderung von Diversität. Er hob insgesamt 78 von seinem demokratischen Vorgänger Joe Biden erlassene Dekrete, Verfügungen und Anordnungen auf, von denen mehrere darauf abzielten, Vielfalt und Gleichheit in der Regierung, am Arbeitsplatz und im Gesundheitswesen sowie die Rechte von LGBTQ-Menschen zu fördern.

Trump beendete so etwa Durchführungsverordnungen aus der Ära Biden, die "Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Ausrichtung" verhindern sollten. Später erließ der neue Staatschef selbst die Anordnung, dass Bundesbehörden den Bürgern nur die Option geben sollten, sich als männlich oder weiblich zu identifizieren. Bislang war eine dritte Option möglich, mit der etwa in US-Reisepässen ein "X" beim Geschlecht eingetragen wurde. Die Behörden müssten "alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Finanzierung der Gender-Ideologie durch den Bund zu beenden", hieß es.

Freiheit für die Kapitol-Stürmer 

Nach dem Willen Trumps kommen die wegen der Erstürmung des US-Kapitols in Washington verurteilten Straftäter frei - unter ihnen auch die zu langen Haftstrafen verurteilten führenden Mitglieder rechtsextremer Milizen. Der US-Präsident begnadigte per Dekret die mehr als 1500 an der Erstürmung Beteiligten oder erklärte deren Strafen für verbüßt.

Im Weißen Haus präsentiert Donald Trump das Dekret zur Begnadigung der wegen der Kapitol-Erstürmung verurteilten Straftäter Bild: Evan Vucci/AP/dpa/picture alliance

Insgesamt 1583 Beteiligte waren im Zusammenhang mit dem Geschehen am 6. Januar 2021 beschuldigt, angeklagt, und teils auch zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Mit seinem Dekret stoppte Trump auch alle noch anhängigen Strafverfahren. Die Erstürmung des Kapitols durch die fanatischen Trump-Anhänger gilt als eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der US-Demokratie. Trump hatte damals seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl gegen Biden nicht akzeptiert, danach Chaos gestiftet und die nicht bewiesene Behauptung vom Wahlbetrug verbreitet.

Trump-Anhänger machen nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 eine Pause in der Rotunde des US-Kongressgebäudes Bild: SAUL LOEB/AFP/Getty Images

"Begnadigungen sind in der Regel etwas, das gegen Ende einer Regierung geschieht“, sagte Rechtsexpertin Aimee Ghosh der DW. "Aber wenn man den Wahlkampf und alles, was seit der Wahl gesagt wurde, verfolgt hat, ist es für Präsident Trump nicht überraschend, dass Begnadigungen vom ersten Tag an auf der Tagesordnung standen. Denn das war ein wichtiger Teil seiner Argumentation, warum er wieder kandidiert hat."

Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation 

In einem weiteren Erlass kündigt Trump den Austritt der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. Die UN-Behörde habe die Corona-Pandemie und andere internationale Gesundheitskrisen nicht angemessen gehandhabt, begründete der 78-Jährige den Schritt. Zudem verlange sie von den USA im Vergleich etwa zu China zu hohe Zahlungen. Trump wörtlich: "Die Weltgesundheitsorganisation hat uns abgezockt, jeder zockt die USA ab. Das wird nicht mehr passieren."

Der Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation wird erst in einem Jahr in Kraft treten. Es werde deshalb  - wie auch bei einigen anderen Anordnungen - eine Weile dauern, bis die Amerikaner die Folgen spüren, meinte die Rechtsexpertin Ghosh.

Raus aus dem Pariser Klimaabkommen

Wie erwartet kündigte Trump auch den sofortigen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen zur Begrenzung der Erderwärmung an. Er unterzeichnete das Schreiben, das an die Vereinten Nationen übermittelt werden soll. Die Kündigung wird erst in einem Jahr wirksam. Aus Trumps Sicht ist das Abkommen eine einzige "Abzocke" der Vereinigten Staaten und führt zu Wettbewerbsnachteilen. Trump hatte die USA bereits während seiner ersten Amtszeit aus dem Abkommen geführt. Der Austritt hatte allerdings nur wenige Monate Bestand, weil sein Nachfolger Biden sich wieder zu dem Vertrag bekannte.

Der Republikaner zeigt seinen Anhängern in der Washingtoner Sporthalle das Dekret zum Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen - hinter ihm Vizepräsident J.D. VanceBild: JIM WATSON/AFP

In einer ersten Reaktion zeigte sich China enttäuscht von Trumps Entscheidungen zu Klimaabkommen und WHO. Der Klimawandel sei eine gemeinsame Herausforderung, der sich die gesamte Menschheit stellen müsse, erklärte ein Außenamtssprecher in Peking. Kein Land könne sich dem entziehen. Auch die Rolle der Weltgesundheitsorganisation müsse "gestärkt und nicht geschwächt werden". Die Volksrepublik werde die WHO weiterhin unterstützen, so der Sprecher weiter.

Kuba wieder auf Terrorliste

Trump machte auch eine erst vor wenigen Tagen erfolgte Streichung Kubas von der US-Terrorliste wieder rückgängig. Der Präsident habe Bidens Dekret zu dem Karibikstaat zurückgenommen, hieß es aus dem Weißen Haus. Als Gegenleistung für die Streichung hatte die Führung in Havanna die Freilassung von 553 Häftlingen angekündigt. Mehrere Gefangene kamen bereits frei. Trump hatte Kuba bereits während seiner ersten Amtszeit auf die Liste der Terrorunterstützer gesetzt. Die Einstufung behindert Investitionen in dem Inselstaat. 

75 Tage Gnadenfrist für TikTok 

Trump setzte per Dekret schließlich auch den Bann gegen die Videoplattform TikTok für 75 Tage aus. So lange werden die Bestimmungen eines US-Gesetzes gegen die Verfügbarkeit der App in den USA nicht durchsetzt. Damit will der neue Präsident nach eigenen Angaben Zeit gewinnen, um die nationalen Sicherheitsinteressen der USA zu schützen und zugleich ein "abruptes Einstellen einer Kommunikationsplattform zu vermeiden, die von Millionen Amerikanern genutzt wird".

Vor Journalisten im Weißen Haus sagte der US-Präsident, er strebe an, dass der vom chinesischen Mutterkonzern Bytedance betriebene Dienst künftig zur Hälfte in US-Besitz sein solle. Anlass für das Gesetz waren Befürchtungen der US-Behörden, Bytedance missbrauche TikTok im Dienste Pekings zum Ausspionieren der Nutzer.

sti/se (afp, dpa, rtr, epd, dw)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen