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Analysten sorgen sich um deutsche Autobauer

Michael Braun
11. September 2017

Der Dieselskandal hat die Autobauer voll erfasst, die Politik forciert die Wende zur Elektromobilität, die Hersteller suchen nach der richtigen Zukunftsstrategie. Und die Analysten? Sind skeptisch.

Symbolbild Zulassungsverbote Verbrennungsmotoren
Bild: picture-alliance/dpa/K. D. Gabbert

VW-Chef Müller: "Sind schon großen Schritt vorangekommen."

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Vermutlich wird es wieder großes Theater geben: viel Licht, laute Musik, ranke Tänzerinnen, Vorstandschefs in Sneakers. So wie immer in den letzten Jahren. Dennoch wird diese 67. Internationale Automobil-Ausstellung anders werden. Denn die Branche ist auf der Suche nach neuer Technik und neuer Identität. Analysten begleiten das, trotz der Kursgewinne der vergangenen Woche, mit skeptischen Stimmen.

Die IAA zeigt, was sie hat, von Dienstag (12.09.2017) an zwei Tage lang erst einmal der Presse. Dann folgen zwei Tage für Fachbesucher. Vom 16. bis zum 24. September ist die Messe in Frankfurt auch für das Publikum zugänglich. Analysten haben vorab schon mal die Branche studiert. Und sind trotz der jüngsten Aktienkursgewinne eher skeptisch.

Strahlender Markenwert von Tesla

"Ich sehe die Gefahr, dass die deutsche Autoindustrie zunehmend ins Hintertreffen gerät", meint Jürgen Pieper, der langjährige Autoexperte des Bankhauses Metzler. "Es liegt auf der Hand, dass wir massive Veränderungen in der Automobilindustrie sehen werden", sagt Frank Biller von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). "Die Krise ist schwerwiegend, aber nicht existenzbedrohend", versucht Benjardin Gärtner von Union Investment seiner Analyse einen positiven Dreh zu geben.  "Der Automobilsektor steht aktuell unter Strom", formuliert Markus Ross von der DZ Bank. Der Weg in die Zeit nach dem Verbrennungsmotor wird schwierig: sinkende Margen, steigende Entwicklungskosten, womöglich hohe Kartellstrafen obendrauf.

"Tesla würde in Deutschland wahrscheinlich vom Finanzamt geschlossen": Hohn und Spott für Tesla-Gründer Elon MuskBild: picture-alliance/ANP/J. Lampen

Die hiesigen Autohersteller hatten sich daran gewöhnt, dass "Premiumanbieter" als Synonym für "deutsche Anbieter" stand. "Die waren stolz auf ihren Markenwert", sagt Metzler-Analyst Pieper, "und jetzt steht auf einmal Tesla ganz oben." Nicht untypisch für die Einschätzung des amerikanischen Elektroautobauers in der etablierten deutschen Industrie ist die Abqualifizierung eines ehemaligen Präsidenten des Maschinenbauverbandes: "Es ist eigentlich ein Unternehmen, was noch nie Gewinn gemacht hat und was in Deutschland wahrscheinlich vom Finanzamt geschlossen würde als persönliches Hobby des Besitzers, weil er immer nur Verluste produziert hat. Wir müssen auch da die Kirche im Dorf lassen."

"Software-Experten sind die neuen Ingenieure"

Inzwischen müssen die Maschinenbauer unter den Autokonstrukteuren fürchten, im Dorf der Verbrennungstechnologie zurückgelassen zu werden. "Software-Experten sind die neuen Ingenieure in der Industrie", behauptet Gerhard Wolf, Chef der Unternehmensanalyse bei der LBBW. Man weiß, dass die Fahrt eines Tesla ungefähr so viele Daten erzeugt wie 25 Filme in HD-Qualität. Wolfs Kollege Biller sieht deshalb das Wachstum im klassischen Autoverkauf mittelfristig bei allenfalls zwei Prozent, während Carsharing, Datenservice und andere Mobilitätsdienstleistungen um 30 Prozent jährlich zulegen dürften.

Selbstfahrende Autos stellen vermutlich den größten Anteil an diesem Wachstum. Bei dieser IAA geht es aber vornehmlich um die Frage, ob und wann der Verbrenner durch den Elektromotor ersetzt wird. Die Anteile des Diesels an den Neuzulassungen in Deutschland sinken von einst gut 50 auf nun rund 30 Prozent. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann weiß davon, dass Zulieferer Leiharbeitsverträge nicht mehr verlängern, laut über Kurzarbeit nachdenken und fürchten, keine Entwicklungsaufträge mehr zu bekommen, um den Selbstzünder zu verbessern.

2017 übernehmen Stromer die Führung

Stattdessen posaunen Hersteller ihre Elektro-Ambitionen heraus. BMW etwa will schon in vier Jahren das erste komplett selbstfahrende Elektroauto auf den Markt bringen. "Bis 2025 werden wir 25 elektrifizierte Fahrzeuge anbieten, zwölf davon werden vollelektrisch sein", sagte der Vorstandsvorsitzende Harald Krüger bei einer Präsentation vor Journalisten in München.

Bei den Patentanmeldungen für das Autonome Fahren hat Deutschland die Nase vorn: VW-Studie auf dem Autosalon in Genf Bild: picture alliance/dpa/U. Deck

Metzler-Analyst Pieper schätzt, dass der Diesel-Anteil an den Neuzulassungen von derzeit knapp 50 auf 30 Prozent im Jahr 2027 sinken wird. Ähnlich der Anteil der Benziner, der wegen des Trends "weg vom Diesel" in den nächsten zwei Jahren aber noch mal auf einen Marktanteil von 50 Prozent steigen wird. Hybride, also Autos mit Verbrenner und Elektromotor, dürften ihren Marktanteil binnen zehn Jahren von drei auf 13 Prozent steigern. Den Siegeszug sollten aber rein elektrische Fahrzeuge mit Strom aus Batterien hinlegen und bis 2030 ihren Marktanteil von zwei auf 46 Prozent ausdehnen. In etwa zehn Jahren werde es dann erstmals mehr Stromer als Diesel oder Benziner bei den Neuzulassungen geben.

Aus dem Dunkel wieder ins Licht

Anfang der 2020er Jahre könnten dann wieder gute Jahre für die Branche und ihre Aktien kommen, meint Pieper. Aber bis dahin sieht er die Branche "ins Dunkle" fahren. Denn vieles komme zusammen: Die Gewinne sänken, weil Diesel-Autos höhere Gewinne abgeworfen hätten als Benziner, was bei sinkenden Zulassungszahlen für die Selbstzünder eben auf die Margen drücke. Den Diesel sauberer zu machen, um Fahrverbote zu vermeiden, bedeute Kosten für eine Technologie mit unsicherer Zukunft. Zugleich müsse Geld für die Entwicklung der Elektromodelle bereitgestellt werden. Dabei ist im Stillen offenbar schon viel geschehen: "Beim Thema Autonomes Fahren beispielsweise befinden sich sechs deutsche Namen unter den zehn größten Patentanmeldern der Welt", weiß Benjardin Gärtner von Union Investment: "Die Angstgegner Tesla und Apple sucht man in dieser Wertung vergeblich."

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