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Anarchisten bekennen sich zu Anschlägen

23. Dezember 2010

Bei Paketbomben-Anschlägen auf die Botschaften der Schweiz und Chiles in Rom sind zwei Menschen schwer verletzt worden. Eine italienische Anarchistengruppe bekannte sich zu den Anschlägen.

Italienische Polizisten auf Schweizer Botschaftsgelände (Foto: ap)
Polizisten auf dem Gelände der schweizerischen Botschaft in RomBild: AP

Ein Bekennerschreiben der anarchistischen Gruppe "Federazione Anarchica Informale" habe sich in einer kleinen Schachtel an einem der beiden Tatorte befunden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstagabend (23.12.2010). Die Schachtel habe neben einem der beiden Botschaftsmitarbeiter gelegen, die bei den Explosionen verletzt wurden. In dem Bekennerschreiben hieß es: "Wir haben uns entschlossen, von neuem unsere Stimme zu Gehör zu bringen, mit Worten und Taten. Wir zerstören das Herrschaftssystem."

Die Schweizer Botschaft in RomBild: AP

Am Donnerstagmittag war zuerst in der Schweizer Botschaft ein Sprengsatz explodiert. Er verletzte einen 53 Jahre alten Botschaftsangehörigen so schwer, dass er seine linke Hand verlieren könnte. Wenige Stunden später ging in Chiles Vertretung eine Bombe hoch. Sie verletzte einen Mitarbeiter der Botschaft ebenfalls schwer an der Hand und am Auge. Beide Männer schweben nach Angaben ihrer Botschaften aber nicht in Lebensgefahr.

Unklare Herkunft

Beide Bomben von der Größe einer Videokassette befanden sich in gelben Umschlägen. Nach Angaben des Schweizer Botschafters Bernardino Regazzoni kam die Bombe mit der Post. Wo die Fracht aufgegeben wurde, war nach einem Ansa-Bericht unklar, weil alle Spuren vollständig vernichtet worden seien. Die Bombe in der chilenischen Botschaft sei innerhalb Italiens aufgegeben worden. Der Umschlag war an den Kulturattaché adressiert. Ob die Lieferung per Post kam oder von einem Boten gebracht wurde, war nach Angaben der Botschaft unbekannt.

Alarm und Fehlalarm

Nach den Anschlägen wurden alle Botschaften in Rom alarmiert, wie der römische Polizeichef Francesco Tagliente mitteilte. Eine vermeintliche Paketbombe in der ukrainischen Botschaft in Rom entpuppte sich jedoch als harmlose Grußkarte. In Florenz gab es ebenfalls kurzfristig Fehlalarm. Auch bei der EU-Botschaft in Bern gab es Entwarnung. Ein verdächtiges Paket stellte sich nach Angaben der Polizei als harmlos heraus.

In der deutschen Botschaft in Rom habe es "keine Auffälligkeiten" gegeben, sagte der Gesandte Friedrich Däuble der Nachrichtenagentur dpa. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, die Maßnahmen in der Deutschen Botschaft in Rom seien erneut angepasst worden. Generell seien die Schutzvorkehrungen an deutschen Auslandsvertretungen sehr hoch.

Reaktionen

Franco Frattini: "Beklagenswerter Akt der Gewalt"Bild: AP

Italiens Außenminister Franco Frattini und sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle verurteilten die Anschläge scharf. Frattini nannte die Anschläge einen "beklagenswerten Akt der Gewalt" und sprach dem Botschaftspersonal die Solidarität seines Landes aus. Der Anschlag habe vermutlich einen internationalen und keinen innenpolitischen Hintergrund - anders als der Bombenfund in einer römischen U-Bahn am Dienstag. Dieser Sprengsatz hatte sich aber als nicht funktionsfähig herausgestellt.

Innenminister Roberto Maroni verwies auf eine ähnliche Anschlagsserie im November in Griechenland. "Das sind sehr gewalttätige Gruppen, die in Spanien und Griechenland ansässig sind, und sie sind sehr gut untereinander vernetzt", sagte Maroni weiter. Die griechischen Sicherheitsbehörden wurden nach eigenen Angaben am Abend von ihren italienischen Kollegen kontaktiert. Einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Paketbomben-Anschlägen in Griechenland sehe man aber nicht.

Anfang November hatten europaweit verschickte Paketbomben für Aufregung gesorgt. Damals erhielten mehrere Botschaften in der griechischen Hauptstadt Athen sowie das Kanzleramt in Berlin explosive Post. Auf dem Flughafen der italienischen Stadt Bologna ging ein Paket in Flammen auf, das an Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi adressiert war. Urheber sollen griechische Linksextremisten gewesen sein.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Walter Lausch

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