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Politik

Wer wird Zumas Nachfolger?

Daniel Pelz
15. Dezember 2017

Historische Richtungsentscheidung in Südafrika: Am Wochenende wählt die Regierungspartei ANC einen neuen Vorsitzenden, der oder die dann 2019 Präsident werden könnte. Auf die neue Spitzenkraft wartet ein schweres Erbe.

Portraitfotos von Nkosazana Dlamini-Zuma und Cyril Ramaphosa
Nkosazana Dlamini-Zuma (links) und Cyril Ramaphosa (rechts) kämpfen um die Macht im ANCBild: Getty Images/AFP/R. Jantilal/G. Kirk

Es gibt deutlich angenehmere Jobs als den Vorsitz des African National Congress (ANC). Der neue Mann oder die neue Frau an der Spitze muss eine chronisch zerstrittene Partei wieder einen, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen und die Präsidentschaftswahlen 2019 mit einem überzeugenden Ergebnis gewinnen. Angesichts des aktuellen Zustands des ANC sind das keine einfachen Aufgaben. Trotzdem greifen zwei politische Schwergewichte beim Parteitag am Wochenende nach dem Vorsitz. Nkosana Dlamini-Zuma ist Ex-Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Ex-Außenministerin von Südafrika und Ex-Frau des bisherigen Vorsitzenden und Staatspräsidenten Jacob Zuma. Ihr Gegner: Cyril Ramaphosa, Ex-Widerstandskämpfer, Ex-Gewerkschaftler und Ex-Vertrauter von Nelson Mandela. Wer gewinnt, wird nicht nur Parteichef, sondern wahrscheinlich auch Südafrikas künftiger Präsident. 2019 stehen Wahlen an, ein Sieg des ANC gilt als sicher.

Der Parteitag dauert von Samstag bis Montag, die Parteiführung wird voraussichtlich am Sonntag gewählt werden. "Der Geist der Kameradschaft" werde über dem viertägigen Treffen wehen, verspricht Kandidat Ramaphosa. In Wirklichkeit tobt ein Machtkampf in der Partei des verstorbenen Volkshelden Nelson Mandela. Der bisherige Parteivorsitzende, Staatspräsident Jacob Zuma, hat die Partei in die tiefste Krise seit dem Ende der Apartheid gestürzt. Seit Jahren macht er weniger mit guter Politik als mit Korruptionsaffären von sich reden: Sein Privathaus ließ er auf Staatskosten renovieren, die Unternehmerfamilie Gupta soll durch ihre Nähe zum Präsidenten lukrative Staatsaufträge bekommen und sogar bei der Besetzung von Ministerposten mitbestimmt haben. Dank der ANC-Abgeordneten im Parlament überstand Zuma aber bisher jeden Abwahlantrag.

Der bisherige ANC-Vorsitzende Jacob Zuma (links) tritt nicht mehr zur Wiederwahl anBild: picture alliance/AP Photo/T. Hadebe

"Personen, die sonst ganz normale Bürger wären, nutzen ihre ANC-Mitgliedschaft, um sich zu bereichern. Sie nutzen die Politik für ihren persönlichen Vorteil", kritisiert der Politikwissenschaftler Lesiba Teffo im DW-Interview. Bei den Kommunalwahlen 2016 zeigten die Wähler dem ANC die gelbe Karte: Die Regierungspartei verlor in vielen Großstädten ihre Mehrheit, auch die Hauptstadt Pretoria regiert seitdem ein Bürgermeister aus dem Oppositionslager.

Ex-Frau Zumas oder Ex- Vertrauter Mandelas?

Über der Wahl des neuen Vorsitzenden steht daher die Frage: Gelingt der Neuanfang oder geht es weiter wie bisher? Nkosana Dlamini-Zuma steht in den Augen ihrer Kritiker für Letzteres. Sie ist die Favoritin des scheidenden Vorsitzenden. 1998 ließ sich die heute 68-Jährige von Zuma scheiden. Die studierte Ärztin amtierte als Ministerin weitgehend glücklos. Auch als Vorsitzende der Afrikanischen Union stand sie in der Kritik, weil es der Organisation kaum gelang, die zahlreichen Krisen auf dem Kontinent in den Griff zu bekommen. Allerdings kann sich Dlamini-Zuma auf die Unterstützung der Delegierten aus der östlichen Provinz KwaZulu-Natal verlassen, der Machtbasis ihres Ex-Mannes. Kritiker befürchten, dass beide einen Deal gemacht haben: Zuma ebnet seiner Frau den Weg an die ANC-Spitze, dafür wird sie ihn nach seinem Ausscheiden aus dem Amt vor Strafverfolgung schützen.

Dlamini-Zuma pocht dagegen auf ihre Unabhängigkeit. Nach außen gibt sie sich dialogbereit. "Wenn ich gewinne, werde ich alle Akteure zusammenbringen und mit ihnen gemeinsam diskutieren: Welche Probleme es in Südafrika gibt, welche Lösungen sie sehen und welche Lösungen der ANC sieht." Doch gerade aus der Wirtschaft gibt es Vorbehalte. Denn Dlamini-Zuma hat im Fall ihres Sieges die "radikale Transformation der Wirtschaft" versprochen. Das heißt, dass vor allem die schwarze Bevölkerung mehr vom Reichtum des Landes profitieren soll. Sozial und wirtschaftlich ist Südafrika noch immer tief gespalten, mehr als 28 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos. Große Firmen und weiße Südafrikaner, die im Schnitt noch immer wohlhabender sind, fürchten dagegen um ihre Status.

Die Wut über Präsident Zuma und die Korruption im ANC ist großBild: Reuters/M. Hutchings

'Kein Vertrauen zu beiden'

Der wirtschaftsliberale Ramaphosa gilt als Gegenprogramm. Der 65-Jährige trat früher als Gewerkschafter in der Lederjacke auf, heute ist er erfolgreicher Unternehmer und trägt Anzug. Gewerkschaften und Wirtschaft befürworten seine Kandidatur. Auch Ramaphosa verspricht mehr Wohlstand und weniger Arbeitslosigkeit, will das aber vor allem durch mehr Investitionen erreichen. "Er ist der bessere Kandidat und hat bisher eine gute Leistung gezeigt, wenn es darum geht, die Wirtschaft zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen", sagt der Geschäftsmann Sipho Tabethe. Doch Ramaphosa hat sich viele Feinde unter der armen Bevölkerung gemacht: 2012 wurde er als Aufsichtsrat einer Bergbaufirma dafür mitverantwortlich gemacht, dass die Polizei bei einem Streik in der Marikana-Mine rund 30 Arbeiter erschoss.

Manche Südafrikaner halten daher keinen der beiden für geeignet. "Nkosazana Dlamini-Zuma hat bei der Afrikanischen Union versagt, Cyril Ramaphosa ist ein Freund weißer Kapitalisten, die den Armen noch das letzte wegnehmen. Ich habe zu beiden kein Vertrauen", sagt Cebo Ngcobo aus Durban im Gespräch mit einem DW-Korrespondenten. Doch eine Alternative zu den beiden ANC-Größen ist derzeit nicht in Sicht.

Mitarbeit: Subry Govender