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Politik

Anführer der Roten Khmer scheitert vor Gericht

22. September 2022

Der kambodschanische Ex-Staatschef Khieu Samphan kann keinerlei Gnade für sein Treiben im Terrorstaat der Roten Khmer erwarten. Das zuständige Gericht bestätigte auch seine Verurteilung wegen Völkermords an Vietnamesen.

Khieu Samphan verfolgte im Rollstuhl den Spruch des Sondergerichts in der Hauptstadt Phnom Penh
Khieu Samphan verfolgte im Rollstuhl den Spruch des Sondergerichts in der Hauptstadt Phnom PenhBild: AFP

Das kambodschanische Sondergericht über den Massenmord der Roten Khmer hat die lebenslange Haftstrafe gegen den früheren Staatschef Khieu Samphan wegen Völkermords bestätigt. In seinem endgültigen Urteil sprach das von den Vereinten Nationen unterstützte Gericht den inzwischen 91-Jährigen zudem erneut der Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Mord, Versklavung oder Vergewaltigung sowie schwerer Verstöße gegen die Genfer Konventionen schuldig.

Letzter Überlebender der Führungsclique der Roten Khmer   

Der letzte überlebende ranghohe Vertreter der Roten Khmer war 2018 wegen Völkermords an ethnischen Vietnamesen wie auch an Angehörigen der muslimischen Cham-Minderheit schuldig gesprochen worden. 100.000 bis 500.000 Opfer der Roten Khmer waren Cham und geschätzte 20.000 ethnische Vietnamesen. Die Ermordung der kambodschanischen Bevölkerung wurde hingegen nicht als Genozid eingestuft. Im vergangenen Jahr hatte Khieu Samphan dagegen Berufung eingelegt. Er hat stets bestritten, in die ihm zur Last gelegten Taten verwickelt gewesen zu sein.

Khieu Samphan im November 2011 während eines früheren Verfahrens vor dem kambodschanischen Sondergericht Bild: dapd

Richter Kong Srim wies in seinem Urteil die Versicherungen des ehemaligen Staatschefs zurück. Khieu Samphan habe "direkte Kenntnis von den Verbrechen gehabt" und das Ziel der anderen führenden Vertreter der Roten Khmer geteilt, sagte der Vorsitzende der außerordentlichen Kammer des Obersten Gerichts. Das Gericht weise deshalb die Argumente der Verteidigung zurück.

Khieu Samphans Anwälte hatten in den Berufungsanhörungen argumentiert, das Gericht habe Zeugenaussagen "selektiv" behandelt und ihren Mandanten nach rechtlichen Kriterien verurteilt, die er zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Verbrechen nicht habe kennen können.

Khieu Samphan wohnte der zweieinhalbstündigen Urteilsverkündung im Rollstuhl bei. An ihr nahmen auch rund 500 Angehörige von Opfern, Überlebende, Diplomaten sowie Vertreter der kambodschanischen Regierung teil. Ein Gerichtssprecher sprach anschließend von einem "historischen Tag".

Khieu Samphan wird im Gefängnis sterben

Selbst bei einem Freispruch wäre Khieu Samphan aber im Gefängnis geblieben, da er bereits 2014 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Das Urteil wurde 2016 bestätigt.

Khieu Samphan auf einem Foto von 1975. Damals war er Ministerpräsident, 1976 wurde er Staatschef von Kambodscha Bild: picture alliance/United Archives

Unter den maoistischen Roten Khmer kamen zwischen 1975 und 1979 rund zwei Millionen Menschen durch Zwangsarbeit, Hungersnöte, Folter und Hinrichtungen ums Leben. Das war fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Die Schreckensherrschaft endete am 7. Januar 1979, als vietnamesische Truppen die Machthaber vertrieben. Der Anführer der Roten Khmer, Pol Pot, starb 1998, ohne dass ihm je der Prozess gemacht wurde. "Bruder Nummer Eins", wie Pol Pot genannt wurde, wollte das mehrheitlich buddhistische Kambodscha mit Gewalt in einen kommunistischen Agrarstaat verwandeln.

Sondergericht hat seine Arbeit getan

Das Sondertribunal, das eine Mischung aus kambodschanischem und internationalem Recht anwendet, wurde 2006 mit Unterstützung der Vereinten Nationen eingerichtet, um hochrangigen Führern der Roten Khmer den Prozess zu machen. Nur drei Vertreter der Roten Khmer wurden verurteilt, von denen zwei inzwischen starben: "Bruder Nummer Zwei", Nuon Chea, sowie der frühere Folterchef Kaing Guek Eav alias Duch. Die Prozesse kosteten insgesamt 330 Millionen Dollar. Nach dem Abschluss seines letzten Falls wird sich das Sondertribunal voraussichtlich in drei Jahren auflösen.

sti/rb (afp, dpa, epd)

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