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Politik

Merkel präsentiert ihre mögliche Nachfolgerin

Kay-Alexander Scholz
19. Februar 2018

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende besetzt eine wichtige Personalie neu. Angela Merkel holt Annegret Kramp-Karrenbauer an ihre Seite in der Parteiführung. Dahinter könnte noch eine andere Weichenstellung stecken.

Deutschland CDU Merkel mit Kramp-Karrenbauer
Bild: Reuters/H. Hanschke

Auch Angela Merkel war schon einmal, von 1998 bis 2000, Generalsekretärin der Christdemokratischen Partei Deutschlands (CDU). Wer einmal dieses Amt innehat, dessen Karriere kann also einen Schub erhalten. Die Nominierung von Annegret Kramp-Karrenbauer, auch unter ihren markanten Initialen "AKK" bekannt, als neue CDU-Generalsekretärin durch die CDU-Vorsitzende Merkel könnte diesen politischen Lehrsatz erneut bestätigen. Erste Reaktionen in den sozialen Netzwerken jedenfalls gingen genau in diese Richtung.


Doch noch sind das natürlich Spekulationen. Was aber über die Personalie sicher gesagt werden kann: Kramp-Karrenbauer ist eine Vertraute von Merkel. Beide denken politisch ähnlich. Sie repräsentieren eine moderne CDU, die sich gesellschaftspolitisch öffnet und die Grünen als Koalitionspartner umwirbt.

Beide ähneln sich aber auch vom Typ her: unaufgeregt, fast bescheiden im Auftreten, immer auf Understatement bedacht. Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte bezeichnete die Politikergeneration um Merkel als passend zur "Sehnsucht der Deutschen nach Stabilität und Orientierung". Das Image Merkels beschrieb Korte in einem DW-Interview einmal als "irgendwie leidenschaftslos und nüchtern, aber ernsthaft und authentisch im Dienst für die Wähler und nicht für sich selbst unterwegs". Auf Kramp-Karrenbauer passt diese Beschreibung genauso. Doch hinter dem Image steckt wie bei Merkel auch bei "AKK" sehr hoher politischer Ehrgeiz.

Eine starke Ministerpräsidentin

Merkel hatte schon länger versucht, die seit 2011 amtierende Ministerpräsidentin aus dem kleinen Saarland an der Grenze zu Frankreich nach Berlin zu holen. Im Parteipräsidium sitzt Kramp-Karrenbauer schon seit 2010 - Merkel kennt die jetzt 55-Jährige also schon seit Jahren aus gemeinsamer Parteiarbeit. Sie war auch schon als Bundespräsidentin im Gespräch.

Die dreifache Mutter ist Katholikin, anders als die Protestantin Merkel. Auch ihr Humor ist ein anderer: Jüngst stand Kramp-Karrenbauer wieder, wie schon oft, auf einer Karnevalsbühne und hielt eine sogenannte Bütten-Rede - etwas, das man sich bei Angela Merkel nur schwer vorstellen kann.

Vor rund einem Jahr, im März 2017, verteidigte "AKK" als Ministerpräsidentin mit einem überraschend guten Ergebnis von rund 40 Prozent für die CDU Amt und Regierung im Saarland. Zum zweiten Mal schmiedete sie ein Regierungsbündnis mit den Sozialdemokraten, schloss also eine "Große Koalition". Im Dezember 2017 hielten 45 Prozent der CDU-Mitglieder bei einer repräsentativen Umfrage Kramp-Karrenbauer für geeignet, Merkels Nachfolgerin zu werden. Die Zustimmung war höher als bei allen anderen CDU-Politikern, nach denen gefragt wurde.

Absage an Rechtsschwenk der CDU

Eigentlich wäre die Nachricht, dass Merkel AKK zu sich nach Berlin holt, also etwas gewesen, das viele politische Beobachter mit einem Schulterzucken quittiert hätten. Nach dem Motto: Was zu erwarten war. Doch in diesen Tagen steckt hinter dieser Personalie mehr.

Der neue Koalitionsvertrag: Anlass für Kritik an Angela MerkelBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Seit der Bundestagswahl, bei der die CDU herbe Verluste hinnehmen musste und die Rechtspopulisten von der "Alternative für Deutschland" AfD zweistellig abschnitten, läuft in der CDU eine Diskussion darüber, ob die Partei sich politisch neu positionieren müsse. Ob Merkels Kurs, ihre Partei in die politische Mitte zu steuern, der richtige gewesen sei. Die Diskussion gewann dieser Tage noch einmal an Fahrt, nachdem die zähen Gespräche über eine neue Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten (SPD) mit einer, für manche in der CDU enttäuschenden Ressortverteilung vorläufig endeten. Merkel hätte schlecht verhandelt, hieß es, weil sie zum Beispiel das Finanz- und das Justizministerium der SPD überließ. Die Kritik geht aber auch so weit, dass manche ein neues Grundsatzprogramm fordern. Das derzeitige stammt aus dem Jahr 2007 und ist ganz auf Merkels Modernisierungs- und Stabilitätskurs hin ausgerichtet.

Die bayerische Schwester der CDU, die Christsozialen (CSU), hatte in den letzten Wochen auf die Konkurrenz durch die AfD mit einem Rechtsschwenk reagiert: Ihr Generalsekretär forderte eine neue "konservative" Wende; Parteivorsitzender - und bayerischer Ministerpräsident - soll Markus Söder werden, ein Vertreter des rechten CSU-Flügels.

Weitere Personalien folgen am Sonntag

Peter Tauber wird als Generalsekretär der CDU nach fünf Jahren abgelöstBild: picture alliance/dpa/B. Pedersen

Eine ähnliche Antwort hatten viele im politischen Berlin nun auch von Merkel erwartet. Dass der bisherige CDU-Generalsekretär, Peter Tauber, ersetzt werden könnte, war an sich keine Überraschung. Zum einen war er schon seit Wochen wegen einer ernsthaften Erkrankung ausgefallen. Ein Wechsel war aber auch aus anderen Gründen wahrscheinlich geworden: Denn Tauber hatte einige politisch Fehler gemacht und echte Durchschlagskraft vermissen lassen. Merkel hatte ihm beim letzten Bundestagswahlkampf, eigentlich ureigenstes Gebiet eines Generalsekretärs, einen anderen vor die Nase gesetzt. Das war schon damals mehr als ein öffentlicher Warnschuss.

Über andere Namen wurde zuletzt viel spekuliert: Zum Beispiel über Jens Spahn, der sich als neue konservative Hoffnung in der CDU verkauft. Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Merkel hat versprochen, bis zum Sonderparteitag in einer Woche (26. Februar) ihr Personal-Karussell für die mögliche neue Bundesregierung zu präsentieren. Wird sie dabei ihre parteiinternen Kritiker mit ins Boot holen oder fährt sie weiterhin strikt ihren Kurs? In Berlin kündigte sie nun an, das Personal-Tableau am kommenden Sonntag, also am Vorabend des Parteitags, bei einer Sitzung des Bundesvorstands bekannt geben zu wollen.

Die Personalie "AKK" weist darauf hin, dass Merkel einen Rechtsschwenk für die CDU wohl eher nicht will. Ihre Wahl auf dem Bundesparteitag gilt als wahrscheinlich. Einer der parteiinternen Merkel-Kritiker, der Vorsitzende der Wirtschafsvereinigung, Martin Linnemann, gab schon Mal grünes Licht. Kramp-Karrenbauer habe "das Zeug dazu, die verschiedenen Flügel und Strömungen in unserer Partei wieder zusammenzuführen".

Ganz auf Merkel-Kurs

Dieses Ziel betonte auch die designierte Generalsekretärin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel in der CDU-Zentrale. Wichtig seien jetzt stabile politische Verhältnisse und starke Volksparteien, so Kramp-Karrenbauer. Die CDU selbst will sie auf Mitte-Kurs halten, dabei aber alle Flügel der Partei einbinden. Diese Sätze hätten auch von Merkel stammen können.

Auf dem Weg in eine neue Rolle: Annegret Kramp-Karrenbauer Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Will Merkel "AKK" zu ihrer Nachfolgerin aufbauen? Obwohl beide auf Fragen der Journalisten dazu ausweichend antworteten, verfestigte sich bei Teilnehmern diese Interpretation. Auch, weil Merkel betonte, wie toll es sein, dass Kramp-Karrenbauer von einem Staats- zu einem Parteiamt wechsle. Sie bringe wertvolle Erfahrungen mit, nämlich die einer Ministerpräsidentin. Doch was soll dem eigentlich folgen? Dem einen Schritt zurück auf der Karriereleiter könnten bald mehrere Schritte nach vorn folgen. Ein Modell, das in Berlin immer wieder diskutiert wird, ist, dass Merkel nach zwei Jahren zurücktritt. Dann könnte "AKK" warm gelaufen sein für das Amt der Bundeskanzlerin.