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Angela Merkel und die innere Sicherheit

Sabine Kinkartz18. August 2016

In Mecklenburg-Vorpommern wird ein neuer Landtag gewählt. Gegen die AfD will die CDU mit dem Thema Sicherheit noch punkten. Auch die Kanzlerin mischt im Wahlkampf mit. Sabine Kinkartz hat sie beobachtet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel Wahlkampftauftritt in Ribnitz-Damgarten
Bild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Sie möchte gerne eine von ihnen sein. Für eine Stunde jedenfalls, das ist die Zeit, die Angela Merkel für ihre Begegnung mit Bürgern in Ribnitz-Damgarten an der Ostsee eingeplant hat. Der CDU-Kreisverband hat am Rande des Marktplatzes einen Wahlkampfstand und eine kleine Bühne aufgebaut. Davor sitzen Rentner und Touristen dich gedrängt auf ein paar Bierbänken, flankiert von reichlich Absperrgittern. Zwei dunkle Limousinen fahren vor. "Da sitzt sie doch gar nicht drin", tuscheln die Rentner.

Tatsächlich hat sich Angela Merkel nebenan auf dem örtlichen Wochenmarkt absetzen lassen. Inmitten eines Pulks von Sicherheitsbeamten und Journalisten schlendert sie an den Ständen vorbei auf die Wahlkampfbühne zu. Ob Blumen, Honig, Brot oder Putenoberkeulen - zu jedem Produkt hat die Kanzlerin eine Frage auf Lager.

"Ist der Honig von hier?" Angela Merkel auf dem Wochenmarkt in RibnitzBild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Eine Frau lächelt Merkel an und drückt ihr im Vorübergehen die Hand. "Ich wünsche Ihnen viel Kraft für ihre Arbeit", sagt sie noch. Die Kanzlerin lächelt zurück und bedankt sich vor laufenden Kameras. Das sind die Bilder, die sie braucht und haben will.

Gefahr von rechts

Kurz vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September hat Angela Merkel noch mehrere Wahlkampfauftritte in ihren Kalender aufgenommen. Wo immer sie auftritt, sendet sie ein klares Signal aus: Mag die politische Lage auch noch so schwierig sein, die CDU hat alles im Griff. Sowohl im Bund als auch im Land Mecklenburg-Vorpommern. Eine Botschaft, die seit dem Beginn der Flüchtlingskrise allerdings nicht mehr so einfach unter das Volk zu bringen ist. Die Kanzlerin ist so umstritten wie nie. Das strahlt ab, auch wenn Merkel im nördlichsten der ostdeutschen Bundesländer gar nicht zur Wahl steht. CDU und SPD liegen kurz vor der Landtagswahl fast gleichauf, Linke und AfD liegen nur wenige Prozentpunkte dahinter. Welche Mehrheiten sollen sich daraus ergeben?

Vor allem die Erfolge der Rechtspopulisten setzen die etablierten Parteien erheblich unter Druck. In der CDU wird krampfhaft überlegt, wie der AfD noch Stimmen abgejagt werden können. Die beiden Themen, um die sich alles dreht, sind "Flüchtlinge" und "Innere Sicherheit". Wer sich auf dem Marktplatz von Ribnitz-Damgarten umsieht, kann zwar keinen Flüchtling entdecken, trotzdem sind sie irgendwie präsent. "Wir haben alle Menschen, die zu uns gekommen sind, gut untergebracht", sagt CDU-Landtagskandidat Christian Ehlers.

Er erzählt vom syrischen Flüchtling Osama, der in der örtlichen Agrargenossenschaft Arbeit gefunden hat. Vorher habe es durchaus Vorbehalte unter den deutschen Landarbeitern gegeben. Durch die Zusammenarbeit mit Osama sei das anders geworden. "Der ist so nett und umgänglich und bringt so eine Lebensfreude mit", sagt Ehlers.

Gehört der Islam zu Deutschland?

Doch die meisten Mecklenburger haben keinen Kontakt zu Flüchtlingen und viele wollen ihn auch gar nicht haben. "Glauben sie nicht, dass wir uns durch die Asylbewerber den Terror nach Deutschland geholt haben?", wird Angela Merkel auf einer Wahlkampfveranstaltung in Neustrelitz gefragt. Wenn er die Hassprediger in den Moscheen sehe, frage er sich, ob der Islam wirklich zu Deutschland gehöre, so der Mann weiter. "Ich denke, die Mehrheit der Bevölkerung lehnt den Islam in Deutschland ab."

Merkel mit den Landtags-Kandidaten Vincent Kokert (li) und Lorenz Caffier in NeustrelitzBild: picture-alliance/dpa/B.Wüstneck

Das kann und will Merkel so nicht stehenlassen. Es sei zwar in der Tat zu erkennen, dass versucht werde, Flüchtlinge für islamistischen Terrorismus zu gewinnen. "Das Phänomen des islamistischen Terrorismus des IS ist aber nicht ein Phänomen, das durch die Flüchtlinge zu uns gekommen ist, sondern das wir bei uns haben und hatten." Zudem habe Deutschland - wie auch andere westliche Länder - ebenfalls einen Beitrag zum islamistischen Terror geleistet. "Wir haben viele Ausreisende, die nach Syrien gegangen sind zur Ausbildung, Muslime, die hier geboren sind und Konvertierte, und das sind oft die schlimmsten Terroristen in den Kämpfen des IS."

Mehr Polizei, mehr Überwachung

An ihrer Flüchtlingspolitik will Angela Merkel nichts ändern, daran lässt sie keinen Zweifel. Anders sieht das bei der inneren Sicherheit aus. "Aus gegebenem Anlass" spiele das Thema "eine große Rolle" und es sei "eine große Aufgabe, vor der wir in den nächsten Jahren stehen", sagt Merkel in Ribnitz-Damgarten. Der Staat werde auf die zunehmenden Bedrohungen mit einer besseren personellen Ausstattung der zuständigen Behörden und mit mehr staatlichen Befugnissen reagieren. Beides müsse kombiniert werden. "Mehr Personal plus mehr Eingriffsmöglichkeiten", erläutert die Kanzlerin.

"Jeder Bürger hat in den sozialen Medien mehr Möglichkeiten als die Polizei und der Verfassungsschutz haben." Das könne so nicht weitergehen. Es müsse mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen geben und auch möglich sein, dieses Material mit Gesichtserkennungssoftware auf gesuchte Terroristen und Straftäter zu untersuchen. "Wir tun alles Menschenmögliche, um die Sicherheit zu gewährleisten. Und wo immer sich Lücken ergeben, müssen wir nachsteuern und uns neue Varianten der Sicherheit überlegen."

Musik eint

Ob solche Ankündigungen ausreichen, um zusätzliche Stimmen für die CDU zu gewinnen? "Es wird ganz wichtig sein, dass die, die konstruktiv vorankommen wollen, am Wahltag, am 4. September, eine gute Position bekommen", wirbt Angela Merkel für die Landtags-Kandidaten ihrer Partei und fordert alle Zuhörer auf, das eben Gehörte weiter zu geben. Zum Abschluss besingt in Ribnitz-Damgarten ein Shantychor die Heimat Mecklenburg. Angela Merkel singt kräftig mit und hält ihren Parteifreund Christian Ehlers, der noch einmal das Wort ergreifen will, davon ab, den Chor zu unterbrechen. Die Zuschauer auf dem Marktplatz applaudieren. Zumindest für einen Moment ist Angela Merkel eine von ihnen.

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