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Nur mit Trainer zurück zum Erfolg

Tobias Oelmaier
27. August 2019

Tennisstar Angelique Kerber muss nach ihrem Erstrunden-Aus bei den US Open viel Kritik einstecken. Vor allem daran, dass sie seit Monaten ohne Trainer arbeitet. Auch Experten stören sich daran.

Angelique Kerber bei den US Open
Der Ball ist aktuell nicht ihr Freund: Angelique Kerber steckt in einer sportlichen KriseBild: AFP/E. Chinn

"Mit Coach hätte sie die Partie nicht verloren", war sich Tennis-Bundestrainerin Barbara Rittner gleich nach Angelique Kerbers bitterem Erstrunden-Aus bei den US Open sicher. "Sie ist auf jeden Fall jemand, der Führung braucht", ergänzte Rittner im Fernsehsender Eurosport. Die Angesprochene sah das hingegen ganz anders: "Dass ich verloren habe, liegt nicht daran, dass ich keinen Coach habe", entgegnete Kerber nach der Dreisatz-Niederlage gegen die Französin Kristina Mladenovic. Das ist aber nicht das Ende der Diskussion.

Hans-Peter Born, langjähriger Bundestrainer und Ausbildungsleiter beim Deutschen Tennisbund, ist hier auf Rittners Seite. Im Gespräch mit der DW sagte Born, der Angelique Kerber aus ihren Jugendzeiten kennt: "Ich kenne keinen Leistungssportler, der ohne Trainer auskommt. Auch eine Spitzenspielerin wie sie kommt ohne Coach nicht aus. Tennisspielen können die da oben zwar alle, aber ein Trainer hätte technische und taktische Hinweise geben können. Es ist nicht ihre Aufgabe, den Profis die Vorhand beizubringen, sondern auch im Training bestimmte Situationen einzuüben. Das muss der Trainer vorgeben."

Ex-Bundestrainer Born: "Mit Trainer den Kopf frei bekommen"

Einen solchen hatte sie zuletzt mit dem ehemaligen Daviscup-Spieler Rainer Schüttler, allerdings ging die Zusammenarbeit nach dem frühen Ausscheiden als Titelverteidigerin in Wimbledon schnell in die Brüche. Seither tingelt Kerber allein von Turnier zu Turnier - und hat seit Wimbledon kein einziges Match mehr gewonnen: In Montreal, Cincinnati und jetzt bei den US-Open war jeweils in der Auftaktrunde Schluss. Und in der Weltrangliste fiel die ehemalige Nummer eins auf Rang 14 zurück, nach New York dürfte die Talfahrt weitergehen.

Darüber, was zur Trennung von Schüttler geführt hat, wollte Hans-Peter Born, der im Frühjahr vom DTB in den Ruhestand verabschiedet wurde, nicht spekulieren. Wohl aber darüber, was sie jetzt am nötigsten braucht: "So eine Angie Kerber, die kennt ihre Routinen. Trotzdem macht es Sinn, dass da jemand ist, der das Ganze von außen steuert, damit sie den Kopf wieder frei bekommt. Wenn einer den Plan vorgibt, was zu tun ist, ob Fitness, Technik, Matchtraining oder Ruhe, dann hilft das ungemein."

Kein Schnellschuss von Kerber

Wie sehr ein Trainer den Unterschied auf hohem Niveau machen kann, zeigte sich gerade im Spiel gegen Mladenovic. Die junge Französin wird gecoacht von Sascha Bajin, einem gebürtigen Münchener, der auch schon in Diensten von Serena Williams und Naomi Osaka stand, und die Japanerin zu ihrem unerwarteten Triumph bei den US Open im vergangenen Jahr geführt hatte. Trotz eines 0:6 im zweiten Satz gab er Mladenovic offenbar die richtige Taktik mit auf den Weg und auch die Sicherheit, um wieder ins Match zu finden und Kerber aus dem Turnier zu kicken.

Für Born reicht nicht mal die Entscheidung für einen einzelnen Trainer. "Physiotherapeuten, Manager, Vertraute, auch im psychologischen Bereich - absolute Experten in allen Bereichen sind im Spitzenbereich ganz wichtig". Diese auf die Schnelle zu finden, ist nicht ganz einfach. Viele der guten Coaches sind eben auch gut im Geschäft. Und so gibt es auch Tennis-Insider die vermuten, die Kerbersche Selbstständigkeit sei gar nicht frei gewählt. Entsprechend kurz angebunden reagierte die dreimalige Grand-Slam-Gewinnerin denn auch nach der Pleite auf die Trainerfrage. "Ich werde das jetzt nicht in den nächsten Tagen aus den Emotionen heraus entscheiden", sagte sie schmallippig auf der Pressekonferenz, "ich möchte die richtige Entscheidung treffen".

Raus aus der Seifenblase

Erfolgsduo: Kerber und Torben Beltz 2012 in BrisbaneBild: picture-alliance/dpa/M. Roberts

Die hatte sie zumindest schon zweimal getroffen: Torben Beltz hatte sie nach jahrelanger Zusammenarbeit in die Weltspitze begleitet und nach kurzer Unterbrechung zum Gewinn der Australian Open. Später, mit Wim Fissette, feierte sie den Wimbledonsieg. "Sie ist eine sehr sensible Person, sie braucht Unterstützung, so wie es Torben Beltz damals gemacht hat", sagt Born, "man muss ihr Freundlichkeit, Zuneigung entgegenbringen, damit sie weiß, dass sie geschätzt ist. Sie braucht eine Person, die ihr ihr Selbstvertrauen zurückbringt."

Da könnte, so Born, auch schon jemand helfen, der Angelique Kerber nur übergangsweise unterstützt, bis sie eine langfristige Lösung gefunden hat. "Ich sehe das nicht so", hatte Kerber Barbara Rittners ähnlich lautende Kritik an ihrer Trainerlosigkeit gekontert. "Ich bin erfahren genug und habe mich bewusst dazu entschieden". Wenn dem so ist, bräuchte sie vielleicht zumindest den Ratschlag von Boris Becker. Nicht als Trainer, sondern als einen Hinweisgeber eines, der sowohl im Sport als auch im Leben danach so einige Aufs und Abs erlebt hat: "Sportler leben ja manchmal in einer Seifenblase. Ich glaube, es wird Zeit, diese Seifenblase einmal aufzustechen."

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