Angespannte Beziehungen vor dem EU-China-Gipfel in Peking
23. Juli 2025
Die Chancen auf einen Durchbruch bei den Handelsstreitigkeiten zwischen der EU und China stehen nicht gut, nachdem China das für kommende Woche geplante zweitägige Gipfeltreffen in Peking auf einen Tag zusammengestrichen hat.
Nachdem Chinas Präsident Xi Jinping eine Einladung nach Brüssel abgelehnt hatte, wurde das Gipfeltreffen, das 50 Jahre diplomatischer Beziehungen zwischen der EU und China markiert, von Brüssel nach Peking verlegt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates Antonio Costa sollen nun in der chinesischen Hauptstadt auf Xi oder auf Ministerpräsident Li Qiang treffen.
"Es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Pekings Bereitschaft, sich mit Europa auszutauschen, begrenzt ist", sagt Alicja Bachulska vom Asien-Programm des European Council on Foreign Relations (ECFR), im Gespräch mit der DW. Chinas Eliten betrachteten die EU häufig nur als mittelgroße Macht, deren Einflussmöglichkeiten in Handelsgesprächen beschränkt sei.
Chinas Wirtschaftspolitik als Streitpunkt
Das Handelsdefizit der Europäischen Union mit China beläuft sich auf 400 Milliarden Euro (467 Milliarden US-Dollar), europäische Produzenten haben nur eingeschränkten Zugang zu chinesischen Märkten. Chinas Wirtschaftspolitik bevorzugt Lieferanten im eigenen Land, die von hohen Subventionen, dem Zugang zu Regierungsaufträgen und sie begünstigenden Vorschriften profitieren.
EU-Beamten zufolge hat diese Wirtschaftspolitik zu einer erheblichen Überproduktion geführt, mit einem daraus folgenden "Dumping" preisgünstiger chinesischer Elektrofahrzeuge auf den EU-Markt, das dem heimischen Automobilsektor zu schaffen macht.
"Die Größe der chinesischen Volkswirtschaft - das Ausmaß der Subventionen, der Überkapazitäten und der staatlichen Eingriffe - ist enorm", erklärt Bachulska. Ohne "entschiedene Maßnahmen" zum Schutz der europäischen Autoindustrie riskiere die EU innerhalb weniger Jahre eine "partielle Deindustrialisierung", warnt sie.
Handelszölle und Einfuhrüberwachung
Die EU hat Handelszölle von 45 Prozent auf chinesische Elektrofahrzeuge verhängt und fordert ein Ende der Überproduktion sowie gleichberechtigten Zugang zu den jeweiligen Märkten. Damit will sie einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen. China hingegen will die Zölle auf Elektrofahrzeuge durch Mindestpreiszusagen und andere Zugeständnisse ersetzen.
Im April führten die Bedenken der EU über die Handelspraktiken Chinas zur Einführung einer Taskforce zur Einfuhrüberwachung, um den EU-Binnenmarkt zu schützen. Sie kann die Erhebung von Antidumpingzöllen und andere Sicherheitsmaßnahmen auslösen.
Die Taskforce konnte prompt einen Anstieg chinesischer Exporte in die EU feststellen. Diesen Anstieg um 8,2 Prozent im Vergleich zum April des Vorjahres führte sie darauf zurück, dass chinesische Firmen eigentlich für die USA vorgesehene Exporte in die EU umleiten, um die von US-Präsident Donald Trump eingeführten höheren Zölle zu vermeiden.
Zankapfel Seltene Erden
Ein weiterer wichtiger Streitpunkt für die Europäer ist der Zugang zu Seltenen Erden, über den China verfügt. Die Elemente sind für saubere Technologien, die Chipherstellung und medizinische Geräte unerlässlich. Laut der Europäischen Kommission ist die EU zu 98 Prozent ihres Bedarfs an Seltenen Erden und Seltenerdmagneten von China abhängig.
Im vergangenen Jahr führte China jedoch Ausfuhrbeschränkungen ein. Bei EU-Unternehmen führte das zu Verzögerungen in der Lieferkette und zu Produktionsausfällen. Daten der chinesischen Zollbehörden zufolge brach die Lieferung von Seltenen Erden an die EU daraufhin in den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 um 84 Prozent ein.
Auf dem G7-Gipfel im Juni in Kanada warf Ursula von der Leyen China deswegen "Nötigung" und "Erpressung" vor. Weiter sagte sie, "kein einzelnes Land sollte die Kontrolle über 80 bis 90 Prozent des Marktes für wichtige Rohstoffe und nachgelagerte Produkte wie Magnete haben".
Obwohl Handelskommissar Maros Sefcovic im Juni Lockerungen der Exportkontrollen für Seltene Erden verhandelt hatte, berichten viele Unternehmen über langsame Genehmigungsverfahren, die zu Verzögerungen in der Lieferkette führen.
Innerhalb der EU werden die Rufe lauter, gegenüber China eine härtere Linie zu fahren und Maßnahmen wie die Erhebung von Zöllen zu ergreifen. "Wir müssen die Botschaft aussenden, dass Europa selbstbewusst auftritt und im Ernstfall auch über die geeigneten Instrumente verfügt", betont Bachulska. "Es muss jedoch der politische Wille vorhanden sein, diese auch zu nutzen."
Chinas Regierung wies die Kritik von sich. Vergangene Woche merkte ein Sprecher des Außenministeriums an, die EU müsse ihre "geistige Haltung" neu ausrichten.
Chinas Handelsstreit mit Trump
Mit seinen Handelszöllen setzte US-Präsident Trump Jahrzehnten der engen transatlantischen Zusammenarbeit ein Ende. Verschiedene Beobachter innerhalb der EU sehen darin eine Gelegenheit für die Europäische Union, ihre Beziehungen mit China neu zu gestalten. Chinas Handel mit den Vereinigten Staaten sei nachhaltig gestört, es brauche Europa also mehr als je zuvor und könne auf dem Gipfel kommende Woche zu Zugeständnissen gezwungen werden.
"Diese Sichtweise ist sehr naiv", meint Bachulska. "China hat die erste Runde im Handelskrieg mit den USA gewonnen und in Peking herrscht das Gefühl vor, dass die Zeit für China läuft", was Verhandlungen mit der EU betrifft.
Schließlich plant Präsident Xi, Chinas Wirtschaft im Sinne einer "qualitativ hochwertigen Entwicklung" umzustellen, in der neue Technologien, die Binnennachfrage, die Sicherheit und die Umwelt Priorität haben.
China fordert bereits die technologische Dominanz des Westens heraus, auch in den Bereichen künstliche Intelligenz, Supercomputing und Produktion von Elektrofahrzeugen. In einigen Bereichen, wie der 6G-Kommunikation, hat es den Westen schon überholt.
Manche Analysten sind der Überzeugung, dass die EU noch immer die wirtschaftliche Bedrohung durch China unterschätze und es versäumt habe, sich energischer gegen einige der unfairen Handelspraktiken des Landes zu wehren.
"In Europa besteht die Tendenz, alle Themen, die mit China zu tun haben, beiseite zu schieben, weil wir mit so vielen anderen Dingen umgehen müssen", sagt Bachulska. Dazu gehörten etwa der Ukraine-Krieg und der Handelsdisput mit Trump. "China scheint eine Herausforderung zu sein, die geografisch weit entfernt liegt. Doch viele der Auswirkungen chinesischer Politik werden schon sehr bald in Europa zu spüren sein."
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.