Kommentar Angola
19. Juli 2011Deutsche Waffen dürfen nicht in Konfliktgebiete verkauft werden. Eigentlich - müsste man sagen. Denn obwohl die deutschen Richtlinien für Rüstungsexporte klar vorsehen, dass Waffen nicht an Länder verkauft werden dürfen, in denen bewaffnete innere Auseinandersetzungen herrschen, hat die deutsche Bundeskanzlerin Angola die Lieferung deutscher Patrouillenboote in Aussicht gestellt.
Seit Jahrzehnten herrscht in Angola ein blutiger Konflikt in der nördlichen Enklave Cabinda. Mehrere Gruppen kämpfen dort für die Unabhängigkeit des ölreichen Gebietes. Zuletzt war diese während der Fußball-Meisterschaft im Januar 2010 im Fokus der Weltöffentlichkeit, als Rebellen den Mannschaftsbus Togos angegriffen hatten.
Die umstrittene Region Cabinda liegt an der Küste. Im Meer befinden sich mehrere Offshore-Plattformen, die einen Großteil der angolanischen Ölexporte stellen. Daher braucht es nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass die deutschen Boote in Zukunft dort im Kampf gegen die Rebellen eingesetzt werden könnten.
Menschrechte nur auf dem Papier
Die deutschen Rüstungsexportrichtlinien sehen ebenfalls vor, dass keine Waffen an Länder verkauft werden dürfen, die systematisch und fortdauernd die Menschenrechte verletzen. Das ist in Angola aber der Fall. Immer wieder werden friedliche Menschenrechtsaktivisten und Journalisten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Regierungskritische Demonstrationen werden regelmäßig verboten oder von der Polizei aufgelöst. Eine freie Presse und ein unabhängiger Rundfunk existieren nur in der Hauptstadt Luanda. In den letzten Jahren hat die Regierung zudem die Häuser Tausender Angolaner entschädigungs- und ersatzlos abgerissen, um Platz für Luxus-Bauprojekte zu schaffen.
Wer mehr wissen will, braucht nur einen Blick in die entsprechenden Berichte von Amnesty International, Human Rights Watch oder Freedom House zu werfen. Die müssen auch die Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel kennen. Auch dass der angolanische Präsident José Eduardo dos Santos nach Muammar Gaddafi der am längsten amtierende Staatschef Afrikas ist, dürfte kein Geheimnis für die Bundeskanzlerin sein. Ebenso wenig, dass er in seinen 31 Jahren an der Macht nie demokratisch gewählt wurde.
Stabilität in der Region – aber welche?
Was hat Angela Merkel dann dazu bewogen, noch während der hitzigen Debatte um die Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien, wo die Menschenrechte noch viel weniger beachtet werden als in Angola, von sich aus den Angolanern deutsche Rüstungslieferungen anzubieten?
Merkel selbst sagt, man wolle damit die Initiativen der Afrikaner unterstützen, regionale Konflikte auf regionaler Ebene zu lösen. Für solche Einsätze solle Angolas Armee fit gemacht werden. Doch dafür hat sich Merkel den falschen Partner ausgesucht. Angolas Außenpolitik hat in den vergangenen Jahren eine sehr dubiose Rolle auf dem Kontinent gespielt. Das letzte Beispiel kommt dafür aus der Elfenbeinküste. Hier hat Angola lange den abgewählten Staatspräsidenten, Laurent Gbagbo, unterstützt. Mit großer Nervosität haben die angolanischen Machthaber die Revolutionen im Norden Afrikas verfolgt.
Noch schlimmer: An der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo vergewaltigen angolanische Sicherheitskräfte seit Jahren systematisch kongolesische Einwanderer. Zuletzt beklagte dies die schwedische UN-Sondergesandte für sexuelle Gewalt und ehemalige EU-Kommissarin, Margot Wallström, im Februar dieses Jahres.
Keine Waffen für Angola
Es kann nicht in deutschem Interesse sein, dass afrikanische Konflikte von Regierungen gelöst werden, die Menschenrechte nicht respektieren. Für Afrika müssen die gleichen Standards gelten wie für andere Kontinente.
Der Bürgerkrieg in Cabinda, Menschenrechte nur auf dem Papier und eine zweifelhafte Rolle Angolas als Regionalmacht in Afrika – für mich sind das Gründe genug, dass Deutschland keine Waffen nach Angola liefern sollte.
Autor: Johannes Beck
Redaktion: Jan-Philipp Scholz