Angola: neue Akteure, alte Probleme
29. März 2010Globale Veränderungen machen sich auch auf Länderebene bemerkbar. Schwellenländer nehmen eine immer wichtigere Position in der globalen Wirtschaft ein. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass globale Probleme nur angegangen werden können, wenn Schwellenländer einbezogen werden. Im Fokus der Diskussion stehen die Auswirkungen dieser Machtverschiebungen für globale Ordnungsstrukturen. Dabei wird oft übersehen, dass die Diversifizierung internationaler Kooperation ganz konkret auf Länderebene stattfindet. Angola ist ein Beispiel dafür.
Angola ist eines der wichtigsten Länder Afrikas - nicht nur für westliche Regierungen und Unternehmen sondern auch für China und Brasilien. Nach Ende des Bürgerkrieges im Jahr 2002 begann die Regierung aktiv, neue internationale Partner zu suchen. Heute gehören China und Brasilien zu den wichtigsten Handels- sowie Kredit-, Investitions- und Entwicklungspartnern - neben traditionellen Akteuren wie den USA und europäischen Ländern. China hat die USA zudem als größten Exportmarkt für angolanisches Öl überholt.
Erdöleinnahmen statt Entwicklungshilfe
Die größte Herausforderung für die Entwicklung in Angola ist die geringe Einbindung des Ölsektors in die nationale Wirtschaft. Würden Ölgewinne direkt im Land investiert, könnten sie zur Diversifizierung der Wirtschaft und einer breiteren sozialen Entwicklung beitragen, und Angola könnte rasch ein prosperierendes Land werden. Ein Großteil des Geldes fließt jedoch direkt auf ausländische Bankkonten und die Intransparenz finanzieller Transaktionen ist eines der Haupthindernisse für eine nachhaltige Entwicklung.
Für die westlichen Länder ist Angola ein besonders schwieriges Land, um ökonomische, soziale und politische Entwicklung zu fördern: Die Umsätze aus den Ölvorkommen bleiben in den Händen einer kleinen Elite; Korruption ist weit verbreitet. Gleichzeitig rangiert Angola fast am Ende des Human Development Index. Entwicklungszusammenarbeit macht zudem weniger als ein Prozent des angolanischen Bruttoinlandsprodukts aus. Daher kann in Angola Entwicklungszusammenarbeit nicht wie in anderen afrikanischen Ländern als Hebel zur Einflussnahme genutzt werden. Aufgrund des Ölreichtums ist Angolas Elite aber stark in internationale Wirtschafts- und Finanzmärkte integriert. Internationale Akteure - Staaten, Banken und Ölunternehmen - können und sollten somit eine Schlüsselrolle bei der Förderung von nachhaltiger und gerechter Entwicklung im Land spielen.
Neue Akteure - altes Interesse: Öl
Mit dem Auftreten von Brasilien und China als neue Partner hat sich diese Situation kaum verändert. Ihr Engagement bringt allerdings ähnliche Probleme in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung mit sich wie die Politik der traditionellen Akteure. Das Interesse aller internationalen Unternehmen und Regierungen am angolanischen Ölreichtum trägt dazu bei, die bestehenden autokratischen Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft und die exklusiven politischen und ökonomischen Strukturen zu stabilisieren.
Insbesondere finanzielle Ströme von kommerziellen Banken nach Angola sowie Kapitalströme der angolanischen Elite ins Ausland bleiben undurchsichtig. Westliche Länder geben der Regierung Darlehen; westliche sowie zunehmend auch chinesische private Banken stellen dem nationalen Ölunternehmen Sonangol Kredite zur Verfügung. China, und in geringerem Maße auch Brasilien, bieten der angolanischen Regierung "Pakete" aus Krediten und Infrastrukturinvestitionen. Zwar hat sich die Transparenz des angolanischen Staatshaushalts in den letzten Jahren leicht verbessert, trotzdem bleibt noch viel zu tun, um unter anderem die Beziehung zwischen Sonangol und dem Staat zu klären und Finanztransaktionen transparenter zu gestalten.
Gleiche Standards für alle Akteure
In der westlichen Debatte wird oft die Besorgnis geäußert, dass das wachsende Engagement von Schwellenländern zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Normen und Standards führt, da Schwellenländer nicht umfassend in globale Ordnungsstrukturen integriert sind, die finanzielle und wirtschaftliche Ströme regulieren. Initiativen wie die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) oder die kürzlich entstandene G-20-Initiative zur Einschränkung von Steueroasen haben beispielsweise das Ziel, globale Standards zu setzen, an denen sich möglichst alle Staaten orientieren.
China ist solchen Initiativen gegenüber eher zurückhaltend, während Brasilien ein einfacherer Partner ist, der den westlichen Standards in diesem Bereich näher steht. Allerdings haben bereits westliche Länder untereinander Schwierigkeiten, sich über "weiche", also auf Freiwilligkeit beruhende Standards und Regulierungen einig zu werden, diese effektiv umzusetzen und damit auch die angolanische Regierung zu mehr Transparenz zu bewegen.
Das Beispiel Angolas zeigt die enge Verbindung zwischen nationalen Entwicklungsherausforderungen und globalen Ordnungsstrukturen. Westliche Länder sollten darum versuchen, gemeinsame Standards mit Schwellenländern wie Brasilien und China zu erarbeiten, die auch von den Unternehmen aus diesen Ländern befolgt werden. Gleichzeitig sollten westliche Länder bereits bestehende Standards, vor allem hinsichtlich der Transparenz von Finanzströmen, tatsächlich umsetzen. In diesem Sinne schaffen Brasilien und China tatsächlich keine neuen Herausforderungen für die Entwicklung Angolas, aber alte Probleme werden noch deutlicher.
Christine Hackenesch, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Abt. I "Bi- und multilaterale Entwicklungspolitik" des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), Sarah-Lea John de Sousa, unabhängige Gutachterin.
Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) zählt weltweit zu den führenden Forschungsinstituten und Think Tanks zu Fragen globaler Entwicklung und internationaler Entwicklungspolitik. Das DIE berät auf der Grundlage unabhängiger Forschung öffentliche Institutionen in Deutschland und weltweit zu aktuellen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das einzigartige wissenschaftliche Profil des DIE ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Forschung, Beratung und Ausbildung. Dadurch baut das DIE Brücken zwischen Theorie und Praxis der Entwicklungspolitik.