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PolitikAngola

Angola: Schmutziger Vorwahlkampf

Antonio Cascais
24. Juni 2022

Zwei Monate vor den Wahlen Angola bezichtigen sich die Kontrahenten gegenseitig der Unfairness. Vor allem der Regierungspartei MPLA wird vorgeworfen, die Opposition mithilfe der Geheimdienste zermürben zu wollen.

Angola Luanda | UNITA politische Veranstaltung | Adalberto Costa Junior
Eine echte Wahlalternative? - die Oppositionspartei UNITA klagt über schlechtere Bedingungen im WahlkampfBild: JULIO PACHECO NTELA/AFP

Sonntag, 19. Juni, am internationalen Flughafen von Luanda: Eine Maschine der Fluggesellschaft Emirates steht seit einer Stunde abflugbereit auf dem Rollfeld der angolanischen Hauptstadt. Doch der Start des Flugzeugs verzögert sich, denn das Boarding ist noch nicht abgeschlossen. Ein Fluggast darf noch nicht an Bord: Adalberto Costa Júnior, angolanischer Parlamentsabgeordneter und Vorsitzender der größten Oppositionspartei UNITA.

Für seinen Flug nach Washington mit Zwischenstopp in Dubai hatte er bereits Stunden vorher eingecheckt. Aber nun, kurz vor dem Abflug, machen ihm die angolanischen Migrations- und Sicherheitsbehörden Schwierigkeiten: Ist sein Visum für die USA echt? Hat er das Parlament ordnungsgemäß über seine Auslandsreise in Kenntnis gesetzt? Quälend lange zieht sich die Befragung durch Beamten. Adalberto Costa Júnior befürchtet, dass die Maschine ohne ihn abfliegen könnte. Ein Sprecher seiner Partei wird später von "Schikane" sowie von einem "kriminellen Akt" seitens der angolanischen Behörden sprechen.

Zermürbungstaktik gegen die Opposition

Der Vorfall fällt in eine angespannte Zeit: Angola bereitet sich auf Wahlen am 24. August vor, in denen die UNITA als Anführerin eines Wahlbündnisses die regierende MPLA von Präsident Joao Lourenco herausfordern wird. Costa Juniór ist Spitzenkandidat und würde bei einem Sieg seiner Partei laut Verfassung die Präsidentschaft übernehmen.

UNITA-Chef Adalberto Costa Júnior möchte gerne nächster Präsident Angolas werdenBild: JULIO PACHECO NTELA/AFP

José Gama, Chefredakteur des regierungskritischen Internetportals "Club K", das über den Vorfall berichtete, gibt sich im DW-Gespräch sicher: "Solche Zwischenfälle sind Teil der Taktik der Regierungspartei und des amtierenden Präsidenten: Sie wollen die Oppositionsparteien, vor allem den Oppositionsführer, zermürben, ihm immer wieder Steine in den Weg legen." Nach einem langwierigen Hin und Her habe Adalberto Costa Júnior schließlich doch "als letzter und in letzter Minute", das Flugzeug betreten können, so der Journalist.

Ausweisdokumente im Internet geleakt

Doch damit war der Fall noch nicht vorbei: Während Adalberto Costa Júnior noch in der Luft war, tauchten Kopien der persönlichen Dokumente des Oppositionsführers im Internet auf: Sein Reisepass, sein Visum, sein Ticket, seine Bordkarte.

José Gama zeigt sich empört über die "Gefährdung der Sicherheitsinteressen" des Oppositionsführers: "Die Behördenmitarbeiter hatten am Flughafen die Dokumente ohne sein Wissen fotografiert und zur Veröffentlichung weitergegeben, was in Angola verboten ist und mit bis zu 8 Jahren Haft bestraft werden kann."

Präsident Joao Lourenco bei der UN-Klimakonferenz 2021 in GlasgowBild: imago images/NurPhoto

Solche Vorgehensweisen seien typisch für den angolanischen Geheimdienst, der auch hinter dieser Aktion stecke, behauptet José Gama im DW-Interview: "Es war ein Agent des angolanischen Geheimdienstes namens Carlos Alberto, der die Dokumente des UNITA-Vorsitzenden in den sozialen Medien veröffentlichte." DW-Recherchen ergaben, dass es tatsächlich eine entsprechende Veröffentlichung auf dem Facebook-Auftritt von Carlos Alberto gab, der jedoch nach einem Tag gelöscht wurde. Facebook sperrte daraufhin den Account für 24 Stunden.

Transparenz bei der Wahl nicht sichergestellt

Die diesjährige Wahl, die fünfte im der Geschichte Angolas, ist sehr umkämpft. Die konkurrierenden Parteien würden deshalb schon im Vorfeld mit harten Bandagen kämpfen, bestätigen politische Beobachter gegenüber der DW. Für Paula Roque, Forscherin an der Universität Oxford, sind die jüngsten Ereignisse in Angola Anlass zur Sorge: "Ich sehe Anzeichen für eine sehr schwierige Wahl, denn die Opposition ist nur bedingt darauf vorbereitet, die Macht auszuüben, und die Regierungspartei ist nicht im geringsten darauf vorbereitet, die Macht abzugeben", so das Resümee der Angola-Expertin.

"Nicht darauf vorbereitet, die Macht abzugeben": Präsident Joao LourencoBild: picture alliance / Photoshot

Bereits die Erstellung der Wählerverzeichnisse sei durch Inkompetenz und Intransparenz gekennzeichnet gewesen. Und auch die Tatsache, dass die Logistik der Wahlen der spanischen Firma INDRA übergeben wurde, sei ein schlechtes Omen. Denn diese Firma sei in der Vergangenheit durch illegale Praktiken aufgefallen. Für Paula Roque besteht kein Zweifel, dass die "Wahlmaschinerie" parteiisch sei und die Nationale Wahlkommission "nicht unabhängig" agieren werde.

UNITA plant eigene Stimmenauszählung

Ähnlich äußert sich Jon Schubert, der an der Universität Basel in der Schweiz forscht, im DW-Gespräch: "Vor allem die Gründung der 'Vereinigten Patriotischen Front', einer Koalition dreier Oppositionsparteien unter der Führung der UNITA, hat zu einem Erstarken der Opposition geführt. Die MPLA fürchtet nun, dass die Opposition eine glaubwürdige Alternative für die Wähler darstellt." Infolgedessen werden "Wahlbetrug und die Nichtakzeptanz eines möglichen Oppositionssieges auf der diskursiven Ebene vorangetrieben".

"Um einem möglichen Wahlbetrug entgegenzuwirken, plant die UNITA die Errichtung einer eigenen, alternativen Stimmauszählungsinfrastruktur", sagt Journalist José Gama. Adalberto Costa Júnior reise deshalb immer wieder ins Ausland - vor allem in die USA und in EU-Länder -, um für diesen Plan zu werben und finanzielle und logistische Unterstützung zu erbitten. Die MPLA versuche ihrerseits, diese Pläne mit allen Mitteln zu verhindern.

UNITA: Malawi als Vorbild

Die MPLA wolle auf jeden Fall verhindern, dass in Angola das passiere, was 2020 in Malawi passiert sei, sagt Gama: "Ich erinnere daran, dass bei den letzten Wahlen in Malawi die Opposition die Stimmen parallel auszählen konnte. Und das war entscheidend dafür, dass die wahren Wahlergebnisse ans Tageslicht gelangten."   

Tatsächlich annullierte ein Gericht in Malawi das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen von Mai 2019 wegen Betrugs, nachdem die Opposition, mit stichhaltigen Beweisen ausgestattet, dagegen geklagt hatte.

Anhänger der UNITA - deren Name ausgeschrieben "Nationale Union für die totale Unabhängigkeit Angolas" bedeutetBild: JULIO PACHECO NTELA/AFP

Malawi war damit - nach Kenia - erst der zweite afrikanische Staat überhaupt, in dem Richter die Ergebnisse einer Wahl für ungültig erklärten. 

"Auch wir sind mit ständigen und systematischen Versuchen der Regierung konfrontiert, unseren Wahlkampf zu behindern", sagte Oppositionsführer Adalberto Costa Júnior bei seiner Ankunft in Washington, wo er erneut um Hilfe warb. "Aber wir kämpfen für einen fairen Wahlkampf und für faire Wahlen im August, damit der Wahlprozess effektiv von der Opposition überwacht werden kann".

Staatspräsident João Lourenço weist alle Vorwürfe eines Wahlbetrugs vehement von sich: In einer fast einstündigen Rede kritisierte João Lourenço am 21. Juni erneut seine Gegner. Es sei verwerflich, die Wahlen des eigenen Landes zu diskreditieren; "Wahlen, an denen sie - als Oppositionelle - selbst beteiligt sind, weil sie in der Nationalversammlung sind und auch Mitglieder in der Nationalen Wahlkommission haben", sagte João Lourenço.

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