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Angst vor der spekulativen Blase

Cao Haiye 15. Juli 2004

Die Wachstumsraten der chinesischen Wirtschaft lassen viele Beobachter im Westen vor Neid erblassen. Aber seit einiger Zeit machen sich die Fachleute in China Sorgen um eine mögliche Überhitzung der Wirtschaft.

Chinesische Yuan sind gefragt - daran ändern auch Zinserhöhungen nichtsBild: AP

Von Wachstumsraten um die neun Prozent können Wolfgang Clement und die meisten seiner EU-Kollegen derzeit nur träumen. In China ist das Realität. In einigen Branchen, wie zum Beispiel Immobilien, Bau- und Automobilindustrie steigen die Investitionen so schnell an, dass man eine Spekulationsblase befürchtet, die irgendwann einmal platzen könnte. Seit April dieses Jahres greift die Regierung zu Maßnahmen, um das Investitionsfieber zu dämpfen.

Automobilmesse Shanghai - Die Branche boomtBild: AP

Die Regierung steuert gegen

Mit strengeren Auflagen und Genehmigungsverfahren für Investitionen und Erwerb von Landnutzungsrechten, sowie einer Kreditverknappung versucht die chinesische Regierung daher, diese Kreditaufnahmen zurückzufahren.

Die Maßnahmen zeigen Folgen: Die Investitionen gehen drastisch zurück. So ist beispielsweise das Wachstum der Anlageninvestitionen von 43,5 Prozent im März auf 18,3 Prozent im Mai zurückgegangen. Doch die chinesischen Ökonomen sind sich nicht einig über die Wirkung dieser Maßnahmen, denn Gegenstimmen warnen davor, dass solche harten Eingriffe in das Wachstum insbesondere die Entwicklung vieler Privatunternehmen drosseln könnten. Der von der Zentralbank vorgesehene Zuwachs von Krediten von 17 Prozent sei zu niedrig für China.

Problem: Eine schwache Zentralbank

Chinesische Nationalbank: zu schwach, um durchzugreifenBild: AP

Professor Markus Tauber, Wirtschaftsexperte an der Universität Duisburg zum Kernproblem der chinesischen Wirtschaftspolitik: "Sie wird nicht gesteuert von einer starken Zentralbank, sondern in weiten Bereichen haben die lokalen Entscheidungsträger durch Provinzregierungen, Kreisregierungen und sehr starke einzelne Unternehmen großen Einfluss. Diese Unternehmen konnten sich bislang immer makroökonomischen Steuerungssignalen entziehen." Entscheidend für das Ergebnis der derzeitigen Maßnahmen sei demnach die Frage, ob dieses Wechselspiel zwischen der Zentralregierung und dezentralen Akteuren zustande kommt und einen harmonischen Ausgleich schafft. Laut Tauber sehe dies allerdings nicht Erfolg versprechend aus.

Wenig wirksam: Leitzinserhöhungen

Alles sei eine Frage der Feinsteuerung verschiedener Maßnahmen, die schon ergriffen wurden oder noch vorgesehen sind. Dabei spielt das Mittel der Zinserhöhung eine untergeordnete Rolle, da deren Einfluss auf die Investition und Kreditaufnahme in Chinas weitaus geringer sind, als in einer freien Marktwirtschaft.

Deswegen sind die schon ergriffenen Maßnahmen wirkungsvollere Mittel. Außerdem könnte ein größerer Zinsabstand zwischen dem chinesischen Renminbi und dem Dollar zu spekulativen Devisenströmungen führen, die den Wechselkurs destabilisieren.

Hoffnung auf den DollarBild: AP

Die Verdrängung naht

Obwohl inländische Investitionen wie erwartet zurückgegangen sind, scheint das die ausländischen Unternehmen nicht beeindruckt zu haben. Besonders die Automobilbranche setzt immer noch auf Chinas riesigen Wachstumsmarkt. Vor allem Volkswagen und General Motors kündigten an, ihre Kapazitäten in China auszubauen - entgegen aller Anzeichen für einen bald gesättigten Automarkt.

Nach Ansicht von Markus Tauber eine Entwicklung, die der chinesischen Regierung gelegen kommt: "Das ist ein klassischer Oligopol-Wettbewerb. Viele Unternehmen drängen auf den chinesischen Markt, suchen Marktanteile und bauen Produktionskapazitäten auf, in der Hoffnung auf baldige Auslastung. Das wird in wenigen Jahren zu massiven Überkapazitäten im Automobilbereich führen, weil die Absatzzahlen nicht im gleichen Maße steigen. Wir müssen uns auf einen massiven Verdrängungswettbewerb auf dem chinesischen Markt in den nächsten Jahren einstellen."

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