Anhänger von Aung Suu Kyi feiern bereits
8. November 2015Millionen Menschen haben in der einstigen Militärdiktatur Myanmar, ehemals Birma, das Parlament gewählt – zumindest drei Viertel davon. Ein Viertel bleibt für das Militär reserviert. Ergebnisse gibt es noch nicht, dennoch versammelten sich vor der Zentrale der jahrelang unterdrückten Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bereits tausende Menschen. Sie tanzten trotz Regen ausgelassen zu den Parteiliedern aus dem Wahlkampf.
Die Nationalliga für Demokratie (NLD) von Suu Kyi gilt als haushohe Favoritin. Die NLD trat gegen die Regierungspartei USDP an, deren Führungsriege aus einstigen Junta-Generälen besteht. Sie hatte bei einer umstrittenen Wahlen 2010 noch unter voller Militärherrschaft die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen
Unabhängige Medien veröffentlichten am Abend inoffizielle Ergebnisse aus einigen Wahlkreisen. "NLD 459, USDP 29 Stimmen, NLD 557, USDP 57 Stimmen", meldete etwa Eleven Media. Andere brachten ähnliche Ergebnisse, verbunden mit dem Hinweis, dass daraus keinerlei Schlüsse auf den Wahlausgang insgesamt zu ziehen seien. Die Wahlkommission will am Montag erste Ergebnisse vorlegen.
NLD sieht sich schon als Sieger
Suu Kyi war vor der Wahl siegesgewiss. Da ein Viertel der Parlamentssitze für das Militär reserviert sind, muss eine Partei zwei Drittel der Mandate gewinnen, um eine einfache Mehrheit zu haben. "Wir wollen viel mehr als 67 Prozent", sagte Suu Kyi vor der Wahl. "Wenn alles fair läuft, müssten wir das schaffen."
Sowohl Präsident Thein Sein von der USDP als auch Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing haben versprochen, das Ergebnis anzuerkennen. Die USDP rechnete sich vor den Wahlen auch Siegeschancen aus. Sie versprach Stabilität in dem Vielvölkerstaat, in dem zahlreiche Rebellenarmeen seit Jahrzehnten gegen die Zentralregierung kämpfen.
Ordentliche Wahlen
Vor den 40.000 Wahllokalen hatten sich lange Warteschlangen gebildet. Wahlbeobachter meldeten aus einigen Wahlkreisen eine Beteiligung von 80 Prozent, wie die Zeitung "Myanmar Times" berichtete.
Die Auszählung der Stimmen findet unter Aufsicht von nationalen und internationalen Wahlbeobachtern sowie Vertretern der politischen Parteien noch in den Wahllokalen statt. Nach einem ersten Eindruck der EU-Wahlbeobachter lief die Stimmabgabe ordentlich ab. "Es gab Mängel, aber es sieht nicht so aus, als ob der Prozess der Stimmabgabe in Frage zu stellen ist", sagte Delegationsleiter Alexander Graf Lambsdorff.
Herausforderungen nach Militärherrschaft
Der Wahlsieger steht vor immensen Herausforderungen. Myanmar gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Korruption ist weit verbreitet. Ethnische Minderheiten und zahlreiche Rebellenarmeen kämpfen seit Jahrzehnten um Autonomie. Ungelöst ist die Frage der gut eine Million Rohingya, einer muslimischen Minderheit. Die Regierung sieht sie als illegale Einwanderer, obwohl viele seit Generationen im Land leben.
chr/wl (dpa, afp)