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Politik

Anis Amri, Abu Walaa und die Salafisten

Rahel Klein | Diana Hodali
22. Dezember 2016

Der getötete Terrorverdächtige Anis Amri war mit der radikalen Salafistenszene in Deutschland vernetzt. Er soll auch Kontakte zum Netzwerk des inhaftierten Predigers Abu Walaa gehabt haben. Ein Blick in das Umfeld.

Ausschnitt aus dem Youtube-Video "Abu Walaa - Antwort auf Pierre Vogel
Bild: youtube.com

Seit seiner Verhaftung hat der Facebook-Account des Salafistenpredigers Abu Walaa viele Freunde eingebüßt. 25.000 davon hatte er noch vor seiner Festnahme vor wenigen Wochen. Dann wurde das Konto gelöscht und ein neuer Account ins Leben gerufen. Dort verfolgen nun nicht einmal tausend Personen noch, was Abu Waala postet - oder wahrscheinlich eher posten lässt. Dazu gehören Aufrufe zum Gebet ("Dua") oder Tipps, wie man Magie ("Shir") auflöst.

Abu Walaa, der mit vollem Namen Ahmad Abdulaziz Abdullah heißt, wird als die Nummer eins des "Islamischen Staats" in Deutschland bezeichnet. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, der Kopf eines salafistischen Netzwerks zu sein, das gezielt Menschen an die Terrormiliz vermittelt.

Am 8. November griffen die Behörden schließlich zu, nahmen den 32-Jährigen und vier weitere mutmaßliche Terroranwerber fest.

"Der Prediger ohne Gesicht": Abu Walaa zeigte sich in seinen Propagandavideos nie von vorneBild: picture alliance/dpa/Al Manhaj Media

Bei Terrorermittlungen finden sich immer wieder Verbindungen zu dem salafistischen Umfeld des gebürtigen Irakers. Auch der getötete Terrorverdächtige Anis Amri soll diversen Medienberichten zufolge Kontakte dazu gepflegt haben. "Focus-Online" berichtete unter Berufung auf einen V-Mann des Landeskriminalamtes in Nordrhein-Westfalen, die Gruppe um Abu Walaa habe mehrfach versucht, Amri zum IS nach Syrien zu schleusen. Außerdem soll der gesuchte Terrorverdächtige im Kreise von Abu Walaas Netzwerk wiederholt von seinen Anschlagsplänen gesprochen haben.

Die zuständige Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte sich zu den Berichten mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren auf Nachfrage nicht äußern.

Salafistischer Hotspot: Die Hildesheimer DIK-Moschee

Als wichtiger Dreh- und Angelpunkt von Abu Walaas Netzwerk gilt der "Deutschsprachige Islamkreis" (DIK) in Hildesheim, wo der 32-Jährige immer wieder als Prediger auftrat. Die Moschee ist laut dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius ein "bundesweiter Hotspot der radikalen Salafistenszene".

Im Juli durchsuchte die Polizei das Gotteshaus und acht Wohnungen von Vereinsvorständen. Etwa 20 Männer sollen sich hier radikalisiert und dem IS angeschlossen haben. Seit drei Jahren beobachtet der Verfassungsschutz den DIK - ein Verbotsverfahren läuft.

Verbindungen zum Verein "Helfen in Not"

Der DIK Hildesheim wiederum pflegt Verbindungen zu dem in Neuss ansässigen, salafistischen Verein "Helfen in Not". Schon 2013 warnte der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz vor dem Verein, der "extremistische, salafistische Bestrebungen" verfolge. Auf deren Benefizgalas für Syrien traten immer wieder bekannte salafistische Prediger auf.

Fahndungsfotos des mutmaßlichen Attentäters Amri: Kontakte zur radikalen Islamistenszene in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/Bundeskriminalamt

Der Verein organisiert außerdem sogenannte "Hilfskonvois", bei denen durch Spenden finanzierte Hilfsgüter nach Syrien gebracht werden. "Ob diese ausschließlich der Not leidenden Zivilbevölkerung zu Gute kommen oder ob auch dschihadistische Gruppierungen damit unterstützt werden, ist im Einzelfall schwer festzustellen", heißt es im aktuellen niedersächsischen Verfassungsschutzbericht. Im Terrorprozess um den Salafistenprediger Sven Lau berichtete ein Kronzeuge davon, auch "Gotteskrieger" würden mit den Konvois von Deutschland nach Syrien geschleust.

Zwei weitere Top-Salafisten

Zu Abu Walaas Netzwerk sollen auch der Duisburger Salafist Hasan C. und der Dortmunder Boban S. zählen, die zeitgleich mit Abu Walaa im November festgenommen wurden. Hasan C. betreibt in Duisburg ein Reisebüro, in dessen Hinterräumen Jugendliche - darunter die beiden Attentäter auf den Essener Sikh-Tempel - radikalisiert worden sein sollen.

Boban S. soll in einer Dortmunder Moschee Islamisten geschult haben. Medienberichten zufolge soll auch Anis Amri zeitweise bei Boban S. gewohnt haben.

Streit mit Pierre Vogel

Ein schlechtes Verhältnis dagegen unterhält Abu Walaa mit Deutschlands vielleicht bekanntestem Salafisten Pierre Vogel. Der hatte in der Vergangenheit wiederholt die Terroranschläge im Westen verurteilt und war dafür von deutschen IS-Sympathisanten heftig angegriffen worden.

Dabei entwickelte sich eine Art Youtube-Streit. In Videos kritisierte Vogel den IS deutlich und unterstellte Abu Walaa implizit eine Sympathie mit der Terrororganisation. Abu Walaa wiederum verkündete in seinem Video "Abu Walaa - Antwort auf Pierre Vogel", manche seien bereit mit den "Kuffar" (den Ungläubigen) zusammenzuarbeiten und der "Umma" (islamischen Glaubensgemeinschaft) in den Rücken zu fallen.

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