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"Ankara hat Vertrauen verdient"

Jens Thurau14. Oktober 2004

Mit den Grünen wird es keine Änderung der deutschen Irak-Politik geben. Das betont Parteichef Reinhard Bütikofer bei einem Besuch im DW-Parlamentsstudio in Berlin. Über die "Hektik" in der Panzer-Frage wundert er sich.

Über Strucks Bemerkung schüttelt Bütikofer den KopfBild: AP

Ein Einsatz deutscher Soldaten im Irak könne nicht für alle Zeit ausgeschlossen werden. Mit dieser Bemerkung hatte Bundesverteidigungsminister Peter Struck für Verwirrung gesorgt. Dass dies keineswegs eine Relativierung des bisherigen Kurses der Bundesregierung bedeutet, stellt Grünen-Chef Reinhard Bütikofer bei seinem Besuch im DW-Parlamentsstudio in Berlin klar: "Tatsache ist, dass der Bundeskanzler im Kabinett festgestellt hat, dass es keine Änderung der Politik der Regierung gibt. Dafür hat er unsere volle Unterstützung", sagt Bütikofer. "Es war richtig festzuhalten, dass wir uns im Irak nicht mit Soldaten engagieren. Wir helfen beim nationalen Wiederaufbau, aber das ist eine andere Sache - und an dieser Politik wird sich nichts ändern."

Relativierung der Panzer-Frage

Vielleicht rollen Leopard-2-Panzer schon bald durch die TürkeiBild: AP

Verteidigungsminister Struck hatte sich auch für die Lieferung von Bundeswehr-Panzern an die Türkei offen gezeigt. Bütikofer räumt zwar ein, dass die Türkei auf ihrem Weg der demokratischen Reformen schon ein gutes Stück vorangekommen sei. Auch gebe es keinen türkisch-kurdischen Bürgerkrieg mehr. Dennoch rät der grüne Parteichef zur Besonnenheit: "Mich wundert die Hektik, die da aufzukommen scheint. Es gibt zwar noch keine Anfrage, aber jeder will wissen, ob wir Panzer verkaufen." Die viel wichtigere Frage sei für ihn vielmehr, ob die Türkei Geld in militärische Rüstung investieren wolle oder lieber in Bildung, Forschung oder in die Modernisierung ihrer Ökonomie. "Denn die Entscheidung der EU-Kommission, die Aufnahme von Beitrittsgesprächen zu empfehlen, heißt ja nicht, dass die Türkei beitreten kann."

Ankara hat Vertrauen verdient

Das weiß auch CDU-Chefin Angela Merkel nur allzu genau. Für ihr Ansinnen, eine Unterschriftenkampagne gegen einen EU-Beitritt der Türkei zu organisieren, findet Bütikofer scharfe Worte: "Man sieht doch schon, wo das hinläuft, wenn NPD und DVU ankündigen, sie werden diese Unterschriftenkampagne unterstützen. Das wird zu einer ausländerfeindlichen Mobilisierungsstrategie, das hat etwas mit populistischer Verhetzung zu tun, und das können wir uns nicht leisten." Die Deutschen hätten nach dem Krieg selbst die Erfahrung machen dürfen, dass befreundete Staaten wie die USA und Frankreich ihnen einen demokratischen Reifeprozess zugetraut hatten. Das gleiche Vertrauen von deutscher Seite habe nun auch die Regierung in Ankara verdient.

Ausgestreckte Hand an Gaddafi

Versöhnliche Töne gegenüber Mummar el GaddafiBild: AP

Libyen ist ein weiteres Land, das laut Bütikofer eine Wendung vollzogen hat, die es zu würdigen gilt. Die Reise des Bundeskanzlers nach Libyen findet demnach die Unterstützung Bütikofers. "Die Bereitschaft des Kanzlers, nach Libyen zu fahren, ist ja kein Alleingang. Der ganze Westen hat seine Politik gegenüber dem Land geöffnet, weil Libyen eine ganz große Wende vollzogen hat." Zwar müsse man nach wie vor genau auf die Einhaltung der Menschenrechte in dem Land achten. Revolutionsführer Mummar el Gaddafi habe aber eine ausgestreckte Hand verdient.

Es handelt sich um die erste Reise eines Bundeskanzlers nach Libyen. Der Besuch war nach der Einigung auf Entschädigungen für die Opfer des Anschlags auf die Berliner Diskothek La Belle vereinbart worden. Das Attentat vor 18 Jahren hatte laut einem deutschen Gerichtsurteil der libysche Geheimdienst in Auftrag gegeben.

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