Annalena Baerbock soll auf UN-Spitzenposten wechseln
19. März 2025
Am 24. Februar, einen Tag nach der Bundestagswahl, saß Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen in Berlin in der Bundespressekonferenz neben ihrem Parteifreund Robert Habeck, dem Wirtschaftsminister. Die Grünen hatten bei der Wahl nur enttäuschende 11,6 Prozent der Stimmen geholt, dass die Partei noch einmal würde mitregieren können in Deutschland, war da schon extrem unwahrscheinlich. Habeck verkündete den Rückzug von allen führenden Ämtern in Partei und Regierung. Baerbock aber schwieg. Schon da galt es im politischen Berlin als ausgemacht, dass die ehrgeizige 44 Jahre alte Politikerin nicht einfach so von der Bildfläche verschwinden wollte.
Ein UN-Posten als Sprungbrett für weitere Aufgaben?
Jetzt, knapp einen Monat später, wurde bekannt, dass Baerbock vom September an für ein Jahr neue Präsidentin der Vollversammlung der Vereinten Nationen werden soll. Baerbock sei "hoch qualifiziert für diesen Job" und hoch anerkannt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Daher habe sich das Kabinett "auch im Einvernehmen mit der künftigen potenziellen Bundesregierung darauf verständigt, Frau Baerbock zu nominieren."
Mehrere Medien im politischen Berlin hatten zuvor berichtet, dass die alte Regierung aus SPD und Grünen sich auf Baerbock geeinigt habe. Das Amt in New York steht in diesem Zeitraum nach internen Absprachen in der UN der westeuropäischen Staatengruppe zu. Schon länger war klar, dass diesmal Deutschland den Zuschlag erhalten würde. Baerbocks Wahl Anfang Juni in New York gilt deshalb als sicher. Zu ihren Aufgaben zählt dann unter anderem die Organisation und der Ablauf der Vollversammlungen. Ein Job eher im Hintergrund, allerdings ein gutes Sprungbrett für dann folgende Aufgaben.
Architektin des Iran-Atom-Abkommens
Aber geräuschlos verlief die Postenvergabe an die noch geschäftsführende Außenministerin nicht. Denn eigentlich hatte Deutschland die viel geachtete Diplomatin Helga Schmid für den Posten vorgesehen. Schmid, 1960 geboren, hat im deutschen Auswärtigen Amt eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Sie war unter anderem Büroleiterin des früheren Außenministers Joschka Fischer, der von 1998 bis 2005 im Amt war - und pikanterweise auch den Grünen angehört. Später galt sie als eine der Hauptautorinnen der Atomvereinbarung der EU und weiterer Staaten mit dem Iran, die 2015 erfolgreich abgeschlossen, später aber von US-Präsident Donald Trump in seiner ersten Amtszeit aufgekündigt wurde.
Heusgen: "Eine Unverschämtheit"
Auf jeden Fall finden sich in Berlin derzeit viele Stimmen, die irritiert sind über die plötzliche Nominierung Baerbocks, dazu noch von der alten, nur noch geschäftsführend agierenden Regierung aus SPD und Grünen. So sagte der frühere Vorsitzende der "Münchner Sicherheitskonferenz" (MSC), Christoph Heusgen , es sei "eine Unverschämtheit, die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen." Heusgen sagte dem Berliner "Tagesspiegel" weiter, zuletzt habe Schmid die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als Generalsekretärin "vor dem Auseinanderfallen geschützt."
Heusgen war lange Jahre außen- und sicherheitspolitischer Berater der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Und auch einer der Vorgänger von Baerbock als Außenminister, Sigmar Gabriel (SPD), nannte Schmid eine "großartige Diplomatin". Und fast ironisch fügte er hinzu. "Baerbock kann viel von ihr lernen."
Noch amtiert Baerbock als Außenministerin
Derweil ist die Grünen-Politikerin noch so lange Außenministerin, bis eine neue Bundesregierung, sehr wahrscheinlich gebildet von CDU, CSU und SPD, im Amt ist. Der mögliche neue Bundeskanzler, Friedrich Merz von der CDU, will das bis Ostern (20. April) schaffen.
Dann wäre Baerbock nur noch einfache Bundestagsabgeordnete. Wechselt sie dann auf den Posten in New York, legt sie ihr Mandat nieder. Und verschwindet damit zumindest vorübergehend ganz aus der deutschen Politik. Jetzt reiste sie erst einmal in den Libanon, um dort Gespräche über die Sicherheitslage im Nahen Osten zu führen. Wie schon bei vielen Gelegenheiten zuvor, forderte sie in der angespannten Lage "Zurückhaltung von allen Seiten" und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts.