Annan fordert Taten
17. September 2004Leichen verwesen in Straßengräben. Tausende Menschen fliehen vor den arabischen Dschandschawid-Milizen, die noch immer die schwarze Bevölkerung von Darfur attackieren. Nach UN-Schätzungen sind bisher mindestens 50.000 Menschen durch die Kämpfe und deren Folgen gestorben.
Lager wie Gefängnisse
Erstmals hat nun die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Zugang zu den Flüchtlingslagern erhalten. "Die Lager sind wie Gefängnisse", sagte Amnesty-Generalsekretärin Irene Khan am Freitag (17.9.); sie hält sich derzeit in Darfur auf. Die Menschen könnten die Lager kaum verlassen, weil sie Angst vor Angriffen hätten. "Wenn Frauen außerhalb des Lagers Feuerholz sammeln wollen, werden sie vergewaltigt", sagte Khan.
Viele Flüchtlinge misstrauten den neuen Sicherheitskräften der sudanesischen Regierung. Die Regierung in Khartum stehe unter Verdacht, ehemalige Mitglieder der arabischen Milizen zu Polizisten zu machen.
Völkermord in Darfur
Die Grausamkeiten in der westsudanesischen Provinz haben das Maß des Vorstellbaren längst überschritten. Dennoch sieht die Staatengemeinschaft der brutalen Gewalt gegen Zivilisten seit Monaten zu.
Nun wird zumindest der Ton schärfer: Die USA haben den Sudan des Genozids bezichtigt. Dies ist eine Aufforderung an die Adresse der Uno, gemäß Artikel 8 der Uno-Konvention zur Prävention von Völkermord angemessene Massnahmen zu beschließen. Auch das EU-Parlament betrachtet die Gewalt gegen Zivilisten als Völkermord.
Annan sagte, der Rat müsse weiterhin alle Seiten unter Druck setzen und Hilfe für die Afrikanische Union gewährleisten. Die Afrikanische Union brauche sofortige und umfassende Hilfe bei der Entsendung von Truppen nach Darfur: "Zivilpersonen werden noch immer angegriffen und flüchten aus ihren Dörfern", sagte Annan in New York. "Und das viele Monate, nachdem die Regierung versprochen hat, die Milizen unter Kontrolle zu bringen."
Hinhaltetaktik der sudanesischen Regierung
Bisher konnte die sudanesische Regierung die UN davon abhalten, mit stärkeren Mitteln gegen den Völkermord durch Regierungstruppen und arabische Reitermilizen vorzugehen. Sie sei lediglich dazu bereit, über die Stationierung einer größeren Zahl von Beobachtern der Afrikanischen Union zu verhandeln, sagte Außenminister Mustafa Osman Ismail. UN-Friedenstruppen wolle er nicht ins Land lassen.
Die meisten seiner Versprechungen habe der Sudan bisher nicht erfüllt, so Jan Pronk, der Sonderbeauftragte von UN-Generalsekretär Kofi Annan. Anfang September präsentierte er die Untersuchungsergebnisse dem Sicherheitsrat. Zwar sei die humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge aus der Darfur-Region erleichtert worden. Das Hauptproblem seien aber immer noch die bewaffneten Milizen.
Ringen um neue Resolution
US-Diplomaten feilen nun an der dritten Version ihres Resolutionsentwurfs, um vor allem auf Chinas Bedenken
einzugehen. Peking hatte wegen der Androhung eines Boykotts der sudanesischen Ölindustrie am Mittwoch sein Veto gegen die Resolution angedroht. Da auch der jüngste Textentwurf noch die Ölindustrie als möglichen Ansatzpunkt für UN-Sanktionen nennt, ist Chinas Position nach Worten seines UN-Botschafters Wang Guangya unverändert.
Das Land der Mitte ist nach den USA und Japan der drittgrößte Erdölimporteur der Welt. Einen erheblichen Anteil seiner Einfuhren bezieht das Land dabei aus dem Sudan.
Für eine Annahme der Resolution reicht es, wenn neun der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats zustimmen. Gleichzeitig darf keiner der fünf Veto-Staaten USA, China, Großbritannien, Frankreich und Russland Einspruch erheben.