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Vor 75 Jahren erschien Anne Franks Tagebuch

Christine Lehnen
25. Juni 2022

Warum das Tagebuch eines jüdischen Mädchens, das im Holocaust ermordet wurde, Jugendliche weltweit auch heute noch bewegt.

Anne Frank auf einer schwarz-weiß-Fotografie
Das jüdische Mädchen Anne Frank wurde von den Nazis in Bergen-Belsen ermordetBild: IFTN/United Archives/picture alliance

Es fängt bescheiden an: Als Otto Frank das Tagebuch seiner Tochter Anne am 25. Juni 1947 veröffentlicht, geschieht das zunächst mit einer Auflage von nur 3036 Exemplaren. "Achterhuis" (deutsch: "Das Hinterhaus") erscheint 1946 zunächst nur auf Niederländisch. Die deutsche Fassung folgt im Jahr 1950, mit einer ebenfalls bescheidenen Erstauflage von 4600 Exemplaren. Das ändert sich mit einer preiswerten Taschenbuchausgabe auf Deutsch. Doch ein Bestseller wird das Buch da noch nicht, auch in Frankreich oder den USA, wo es 1952 auf den Markt kommt, sind die Verkaufszahlen sehr überschaubar.

Das ändert sich, als die Geschichte 1955 in New York als Theaterstück die Bühne erobert. Auch in Deutschland sehen mehr als zwei Millionen Zuschauer das Stück. Es gewinnt mehrere Preise, darunter den Pulitzer-Preis für Theater, den Tony Award und den New York Drama Critics’ Circle Award für Best Play. 1959 folgt ein gleich dreifach Oscar-prämierter Hollywood-Film. Die Bekanntheit von Annes Franks Tagebuch ist nicht mehr aufzuhalten. Bis heute ist es millionenfach verkauft worden und in 70 Sprachen verfügbar. Das macht es zu einem der meistübersetzten Bücher der Welt. 

Szene aus dem Hollywood-Film von 1959: Millie Perkins (r.) verkörperte Anne Frank - hier mit Diane Baker als Margot Bild: United Archives/Impress/picture alliance

Tagebuch als "Einstieg" ins Holocaust-Gedenken

In ihrem Tagebuch beschreibt das jüdische Mädchen Anne Frank die Zeit, in der sie sich mit ihrer Familie im von Deutschland besetzten Amsterdam vor den Nazis versteckt hält.

Eine Kopie des Tagebuchs von Anne, ausgestellt im Anne-Frank-Zentrum in BerlinBild: Insa Kohler/dpa/picture alliance

Bis heute bringt es Kindern und Jugendlichen weltweit die Schrecken des Holocausts näher. Veronika Nahm, Direktorin des Anne-Frank-Zentrums in Berlin, sagte im Gespräch mit der DW: "Anne Frank schreibt über Dinge, die für Jugendliche in diesem Lebensabschnitt relevant sind: Familie, verliebt sein, Streit mit der Mutter. Aber auch: Wer bestimmt, wer ich bin? Was möchte ich später mal werden, wie soll die Welt in Zukunft aussehen?"

Das Anne-Frank-Zentrum verwende das Tagebuch, so Nahm, um jungen Leuten einen "Einstieg in die Themen Holocaust und Nationalsozialismus" zu ermöglichen. Dabei spielt auch das Leben von Anne Franks Familie und Freunden eine Rolle: Otto Frank erlebte die Bücherverbrennung in Frankfurt mit, Annes Onkel wurden bei den Novemberpogromen verhaftet, ihre beste Freundin Hannah Pick-Goslar überlebte das Konzentrationslager Bergen-Belsen und legt bis heute Zeugnis über den Holocaust ab.

In dieser Fotografie des Anne-Frank-Hus in Amsterdam spielt Anne (l.) im Mai 1941 mit ihrer Freundin Hannah in AmsterdamBild: Anne Frank House Amsterdam/AP/picture alliance

Ein vielfältigeres Gedenken

Eine aktuelle Studie belegt, dass sich junge Menschen in Deutschland heute mehr mit der NS-Zeit und dem Holocaust auseinandersetzen als ihre Elterngeneration. Das beobachtet auch Nahm: "Wir sehen, dass die Jugendlichen sich sehr für den Holocaust und die Geschichte des NS interessieren", sagt sie. Das würden auch die Besucherzahlen der Ausstellung des Anne-Frank-Zentrums belegen. "Wenn nicht gerade Corona ist, haben wir jährlich steigende Zahlen."

Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist im 21. Jahrhundert vielfältiger geworden: Zurzeit arbeiten Jugendliche aus der Türkei und Deutschland an einem Projekt über türkische Juden in Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus, außerdem beschäftigen sich junge Menschen mit nordafrikanischen Helferinnen und Helfern, die für ihre jüdischen Mitmenschen eintraten.

Auf diesem Dachboden träumte Anne Frank von einem Leben nach dem Krieg als Romanautorin und Journalistin.Bild: dpa/picture-alliance

Ausgangspunkt für all diese Projekte ist das Tagebuch eines jüdischen Mädchens, das nach dem Krieg einen Roman daraus machen wollte. Anne Frank träumte davon, Autorin und Journalistin zu werden. Dazu sollte es nicht kommen: 1944 wurde das Versteck der Familie in Amsterdam an die Gestapo verraten und die Familie deportiert. Anne Frank starb 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

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