Der Bundestag hat in einer Sondersitzung seiner Pflicht Genüge getan und die CDU-Vorsitzende als neue Chefin des Verteidigungsressorts vereidigt. Vielen Volksvertretern war dies allerdings keine Reise nach Berlin wert.
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Kramp-Karrenbauer vereidigt
01:45
Die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist im Bundestag vereidigt worden. In einer Sondersitzung sprach sie die Eidesformel und schwor dabei, ihre Kraft dem deutschen Volke zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden. Die CDU-Vorsitzende beendete den Eid mit dem freiwilligen Zusatz "so wahr mir Gott helfe". Kramp-Karrenbauer hatte in der vergangenen Woche ihre Ernennungsurkunde erhalten und anschließend ihr Amt angetreten. Sie löste Ursula von der Leyen (ebenfalls CDU) ab, die zuvor vom Europaparlament zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt worden war.
Mehr als 100 Abgeordnete nicht anwesend
Oppositionsvertreter hatten im Vorfeld kritisiert, dass die Sondersitzung mitten in der Sommerpause angesetzt wurde. Sie verwiesen auf den großen Aufwand und die hohen Kosten. Für die Sitzung mussten viele Abgeordnete auf Kosten des Bundestags aus ihren Urlaubsorten anreisen. Sie trafen sich auch nicht im Plenarsaal des Bundestags, weil dort momentan Bauarbeiten stattfinden. Stattdessen wurde das Foyer des Paul-Löbe-Hauses, des benachbarten Abgeordnetengebäudes, für die Sitzung hergerichtet.
Bei der Sitzung fehlten viele Abgeordnete. So waren nach Informationen der Deutschen Presseagentur nur knapp 100 der insgesamt 152 SPD Abgeordneten aus dem Urlaub nach Berlin zurückgekommen waren. Die Grünen rechneten demnach damit, dass etwa zwei Drittel ihrer 67 Abgeordneten kommen würden. Unter den Fehlenden seien auch Fraktionschef Anton Hofreiter und die Parteivorsitzende Annalena Baerbock, hieß es. In der Unionsfraktion hatten sich 33 der 246 Parlamentarier abgemeldet.
Kramp-Karrenbauer fordert mehr Geld, die SPD bremst
In ihrer ersten Regierungserklärung betonte die neue Ministerin die Zuverlässigkeit Deutschlands in der NATO. "Wir sind ein verlässlicher Verbündeter." Kramp-Karrenbauer forderte erneut, regelmäßig mehr Geld für die Verteidigung auszugeben. Bis 2024 wolle sie die Marke von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. "Wenn die Bundeswehr die Fähigkeiten zeigen soll, die wir von ihr verlangen, dann muss der Verteidigungshaushalt weiter ansteigen", so Kramp-Karrenbauer weiter. Deutschland stehe mit ihr als Ministerin zu dem Ziel, langfristig zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu stecken. Dabei gehe es jedoch "nicht um Wünsche von außen", sagte sie in Anspielung auf die Forderungen von US-Präsident Donald Trump an Deutschland.
Dagegen hatte die SPD die Ressortchefin noch kurz vor der Vereidigung gemahnt, sich mit Forderungen nach mehr Geld für ihr Ressort zurückzuhalten. Er gehe davon aus, dass sich die Ministerin den aktuellen Entwurf des Bundeshaushalts zu eigen mache, sagte der kommissarische Fraktionschef Rolf Mützenich. Nach Steigerungen sollten der Bundeswehr nun 45 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. "Bevor man über theoretische Fragen spricht, soll man mit den konkreten Zahlen arbeiten und insbesondere sich als neue Ministerin die Schwachstellen bei der Beschaffung, aber auch im Haus genauer anschauen, bevor man mit neuen Forderungen auftritt", betonte Mützenich.
sti/mak (afp, dpa, rtr, kna)
Die Baustellen der Bundeswehr
Zu wenig, zu alt - oder einfach untauglich: Seit Jahren reißen die Klagen über die unzureichende Ausstattung der Bundeswehr nicht ab. Eine Herausforderung für die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.
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Kampfpanzer "Leopard 2"
Der Wehrbeauftrage des Bundestags, Hans-Peter Bartels, schrieb in seinem Ende Januar vorgestellten Jahresbericht: "Von einer materiellen Vollausstattung ist die Truppe weit entfernt. In allen Bereichen mangelt es an Material." Auch beim Kampfpanzer "Leopard 2" herrscht seit Jahren Mangel. Nur ein geringer Teil ist einsatzfähig.
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Schützenpanzer "Puma"
Nicht besser sieht es beim Schützenpanzer "Puma" aus: Im Februar waren von 244 ausgelieferten Fahrzeugen nur 60 einsatzbereit. Das Verteidigungsministerium beklagte die Qualität bei der Auslieferung der fabrikneuen Geräte. Eigentlich handelt es sich nur um eine Testversion: Die volle Einsatzreife der Puma-Panzer wird nicht vor 2024 erwartet.
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Reparieren, reparieren, reparieren...
Die Reparatur-Einheiten sind im Dauereinsatz. Aber auch das läuft nicht ohne Probleme ab: Teilweise fehlen wichtige Ersatzteile und - so beklagt es der Wehrbeauftragte - seien bei den Industrie-Instandsetzungen "viel zu lange Wartezeiten" mittlerweile die Regel.
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Transportflugzeug A400M
Flugzeuge, die am Boden bleiben: Beim Transportflugzeug Airbus A400M ist das ein Dauerzustand. Lange galt der A400M als "Pannenflieger": Er war teurer als kalkuliert, kam später als geplant und konnte weniger als vereinbart. Weil zu wenige Maschinen einsatzbereit sind, fliegt die Bundeswehr weiter mit der 50 Jahre alten Transall.
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Kampfhubschrauber "Tiger"
Nach einem internen Bericht ist auch nur ein kleiner Teil der Bundeswehr-Hubschrauber tatsächlich einsatzbereit: Danach verfügen etwa die Heeresflieger über 53 Kampfhubschrauber des Modells "Tiger". Davon waren im vergangenen Jahr durchschnittlich aber nur 11,6 einsatzbereit. Bei den Transporthubschraubern des Typs NH90 und CH-53 sind die Zahlen ähnlich desaströs.
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Segelschulschiff "Gorch Fock"
Die Sanierung des Segelschulschiffs "Gorch Fock" sollte zunächst nur zehn Millionen Euro kosten. Inzwischen ist dieser Betrag förmlich explodiert - auf 135 Millionen Euro, wovon bisher knapp 70 Millionen Euro gezahlt wurden. Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen räumte ein, dass es bei der ersten Kostenschätzung der Bundeswehr schwere Fehler gegeben habe.
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U-Boot U-212A
Generalinspekteur Eberhard Zorn beklagte im März in einem internen Bericht die Lage. Besonders prekär sei sie bei der Marine: Im vergangenen Jahr habe über einen Zeitraum von fünf Monaten kein einziges U-Boot der Klasse U-212A für Einsätze zur Verfügung gestanden. Der Bericht hatte Konsequenzen: Künftig, so Ursula von der Leyen, sollten solche Zahlen geheim bleiben.
Bild: picture-alliance/dpa
Sturmgewehr G36
Die Soldaten mochten es, die Ministerin aber nicht: Weil das Sturmgewehr G36 bei Laborversuchen unter extremen Temperaturbedingungen ungenau schoss, wurde es aussortiert. Der Vergabe-Prozess für die Beschaffung eines Nachfolgemodells war aber von Pleiten, Pech und Pannen gekennzeichnet. Der Bundesrechnungshof kritisierte "schwerwiegende" Mängel in der Ausschreibung,
Bild: picture-alliance/U. Baumgarten
Ausrüstung mangelhaft
Doch nicht nur bei Großgeräten drückt der Schuh: Der Wehrbeauftragte Bartels beklagte auch, dass immer noch viel zu wenige Ausrüstungsgegenstände wie Schutzwesten, Stiefel, Bekleidung, Helme oder Nachtsichtgeräte vorhanden seien. Als Haupthindernis erlebten die Bundeswehrangehörigen die "Überorganisation von allem und jedem"; sie sprächen vom "Bürokratiemonster Bundeswehr".