Tschechien: EU-kritischer Koalitionsvertrag unterschrieben
3. November 2025
Einen Monat nach der Parlamentswahl in Tschechien kommt die Regierungsbildung voran. Die rechtspopulistische Bewegung ANO des Milliardärs Andrej Babis unterzeichnete in Prag mit zwei rechten Parteien einen Koalitionsvertrag. Babis, der bereits von 2017 bis 2021 Ministerpräsident war, verbündet sich mit der klimaskeptischen, rechtspopulistischen Partei der Autofahrer (Motoriste) und der rechtsextremen Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD). Zusammen verfügen die drei Parteien über 108 der 200 Sitze im Prager Abgeordnetenhaus.
Präsident entscheidet jetzt
Nun ist erst einmal der Präsident und Ex-NATO-General Petr Pavel am Zug. Denn in Tschechien wählt nicht das Parlament den Ministerpräsidenten. Der Präsident ernennt den Regierungschef, der dann das Vertrauen der Abgeordneten gewinnen muss. Wann diese Schritte erfolgen werden, ist noch unklar, möglicherweise aber erst im Dezember.
In ihrem Programm versprechen die voraussichtlich künftigen Partner die Durchsetzung nationaler Interessen. "Wir wollen ein anderes Europa", heißt es darin.
So streben sie "Null Toleranz" in Bezug auf illegale Migration an. Sie lehnen den Euro ab und wollen die Beibehaltung der Tschechischen Krone in der Verfassung verankern. Aus dem Ausland finanzierte Organisationen sollen ihre Geldgeber künftig offenlegen.
Außerdem will das designierte Regierungsbündnis die Energiepreise senken, die Rundfunkgebühr abschaffen und die Rente ab 65 wieder einführen.
Babis will Ukraine-Hilfe beenden
Ein von der ANO geführtes Kabinett würde eine Mitte-Rechts-Regierung ablösen, die sich auf die Eindämmung des Haushaltsdefizits und die umfassende Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine konzentriert hatte. Babis hat angekündigt, das von Tschechien geleitete und vom europäischen Ausland finanzierte Programm zur Lieferung von Munition an Kyjiw zu beenden. Zudem will er jegliche Hilfe für die Ukraine aus dem tschechischen Haushalt streichen. Das Geld wolle er stattdessen für die eigenen Bürger verwenden, kündigte der 71-Jährige an.
Ein Anhang zum Koalitionsvertrag sieht vor, dass die ANO den Regierungschef und acht Kabinettsmitglieder stellt. Sie war bei der Wahl Anfang Oktober mit 34,5 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden. Die rechtspopulistische Autofahrerpartei soll das Außenministerium sowie die Ressorts für Umwelt, Kultur und Sport übernehmen.
Die rechtsextreme SPD soll unter anderem das Verteidigungsministerium leiten - obwohl sich die Partei im Wahlkampf für ein Referendum über den Austritt aus NATO und Europäischer Union ausgesprochen hatte. In den Koalitionsgesprächen konnte sich Parteichef Tomio Okamura mit dieser Forderung jedoch nicht durchsetzen.
se/pgr (rtr, dpa, ard)