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Politik

"Russische Exilanten sind nicht unsterblich"

6. März 2018

Ein offensichtlich vergifteter russischer Ex-Spion vergiftet die Beziehungen zwischen London und Moskau. Die britische Polizei spricht von einem "sehr ungewöhnlichen Fall". Sie warnt aber auch vor Verschwörungstheorien.

Großbritannien Salisbury Restaurant nach Giftanschlag auf ehemaligen russischen Nachrichtenoffizier Sergej Skripal geschlossen
Dieses Restaurant in Salisbury wurde nach dem Giftanschlag vorübergehend geschlossen Bild: Reuter/T. Melville
  • Der frühere Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia sind lebensgefährlich vergiftet worden
  • Großbritannien zieht Parallelen zum Fall Litwinenko, der 2006 mit radioaktivem Tee vergiftet worden war
  • Außenminister Johnson droht mit einem britischen Boykott der Fußball-WM
  • Der Kreml sieht sich grundlos beschuldigt

"Ich glaube wir müssen uns daran erinnern, dass russische Exilanten nicht unsterblich sind. Sie sterben alle und es kann eine Tendenz zu Verschwörungstheorien geben", sagte der leitende britische Polizeioffizier Mark Rowley dem Radiosender BBC 4. Schon der Fall des vor zwölf Jahren in London vergifteten russischen Ex-Geheimagenten und Kremlgegners Alexander Litwinenko habe schließlich gezeigt, dass Wachsamkeit gegenüber Russland geboten sei.

Im Kreml wundert sich niemand über diesen Verdacht. "Das hat ja nicht lange auf sich warten lassen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Der britische Außenminister Boris Johnson hat bereits eine "angemessene und robuste Reaktion" angekündigt, sollte sich der Verdacht auf eine Rolle Moskaus in der mysteriösen Erkrankung des Ex-Spions erhärten.

Regierungen "in der ganzen Welt" sollten wissen, dass kein Versuch "Unschuldige auf britischem Boden zu töten" unbestraft bleiben werde, polterte Johnson bei einer dringlichen Fragestunde im britischen Parlament. In solch einer Situation sei "eine normale Teilnahme des Vereinigten Königreichs" an der Fußball-WM in Russland "sehr schwer vorstellbar". 

Patienten in "kritischem Zustand"

Im südwestlich von London gelegenen Salisbury werden der 66-jährige Sergej Skripal und seine 33-jährige Tochter Julia auf der Intensivstation einer örtlichen Klinik behandelt. Sie waren am Sonntag bewusstlos auf einer Bank in einem Einkaufszentrum gefunden worden. Beide wurden mit Verdacht auf eine Vergiftung durch "unbekannte Substanzen" in das Krankenhaus einliefert und befinden sich noch immer in "kritischem Zustand". Die Polizei geht davon aus, dass sie in Kontakt mit einer "unbekannten Substanz" gekommen sind. Ein Pizza-Restaurant und ein Pub in Salisbury wurden vorübergehend geschlossen und von der Polizei abgeriegelt. Der Fundort der beiden Verletzten wurde dekontaminiert.

In diesem Krankenhaus in der 45.000-Einwohner-Stadt Salisbury werden die beiden Patienten versorgtBild: picture-alliance/empics/T. Ockenden

Skripal, ein ehemaliger Oberst des russischen Militärgeheimdienstes, war 2006 wegen Spionage für Großbritannien zu 13 Jahren Haft in Russland verurteilt worden. 2010 kam er im Zuge eines spektakulären Gefangenenaustauschs zwischen Russland und den USA nach Großbritannien. Damals waren am Flughafen von Wien insgesamt 14 aufgeflogene Spione ausgetauscht worden, unter ihnen die bekannte Russin Anna Chapman.

Vorfall erinnert an Litwinenko-Mord

Der Fall erinnert an den Tod des russischen Nachrichtenoffiziers und Kremlgegners Alexander Litwinenko Er war 2006 in einem Londoner Hotel mit radioaktiv verseuchtem Tee vergiftet worden. In einem britischen Untersuchungsbericht hieß es, der Mord sei wohl vom russischen Geheimdienst FSB in Auftrag gegeben und von Präsident Wladimir Putin gebilligt worden – ein Vorwurf, der die russisch-britischen Beziehungen bis heute belastet. Russland wies die Anschuldigungen zurück.

In die Ermittlungen um die mögliche Vergiftung in Salisbury haben sich die Spezialkräfte der britischen Polizei eingeschaltet, um herauszufinden, was hinter der mysteriösen Erkrankung steckt. "Wir sprechen mit Zeugen, wir nehmen kriminaltechnische Proben, wir machen toxikologische Untersuchungen", Spezialkräfte-Chef Rowley. "Das wird uns helfen, zu einer Antwort zu kommen".

rb/hk/sam (dpa, afp, ap)

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