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Politik

Lobbycontrol: Konzerne in EU zu einflussreich

29. April 2019

Erstmals hat sich der deutsche Anti-Lobby-Verein "Lobbycontrol" mit der EU befasst. Dabei kritisiert er besonders scharf den Einfluss von Wirtschaftsunternehmen auf EU-Vertreter. Aber der Verein lobt auch Verbesserungen.

Europäisches Parlament in Brüssel, Belgien
Europäisches Parlament in Brüssel, BelgienBild: picture-alliance/dpa//XinHua/Z. Cheng

Die EU unternimmt nach Überzeugung der Organisation "Lobbycontrol" zu wenig gegen den Einfluss von Konzernen. Es fehlten wirksame Regeln, um den Einfluss von Konzernen über Expertengruppen, unausgewogene Lobbytreffen oder informelle Kanäle zu begrenzen, geht aus dem "EU-Lobbyreport" der Organisation hervor. 

Die Macht der Konzerne sei eindeutig zu groß. "Teilweise können sie Gesetze und politische Prozesse regelrecht kapern", sagte die politische Geschäftsführerin von Lobbycontrol, Imke Dierßen. Lobbycontrol wertete nach eigenen Angaben die Treffen von 22 der 28 EU-Kommissare aus. Gut jeder Dritte traf sich demnach zu über 70 Prozent mit Wirtschaftsvertretern. Bei weiteren sieben Kommissaren habe der Anteil bei mehr als 50 Prozent gelegen.

Die politische Geschäftsführerin von Lobbycontrol, Imke DierßenBild: picture-alliance/Geisler-Fotopress

Die EU-Institutionen müssten "die privilegierten Zugänge der Unternehmen beenden", heißt es im Bericht. "Die EU muss auch denjenigen Gehör verschaffen, die sich keine teure Lobbyvertretung in Brüssel leisten können."

Macht der Konzerne

Gerade Wirtschaftskonzerne verfügen laut Bericht über enorme Ressourcen. "Konzerne können zur Durchsetzung ihrer Interessen auf eine unglaubliche Lobbypower zurückgreifen", sagte die Autorin des Berichts, Nina Katzemich. "Zwei Drittel der 25.000 Lobbyisten, die mit einem Jahresbudget von 1,5 Milliarden Euro Gesetze, Politik und öffentliche Meinung in Europa beeinflussen, vertreten Unternehmensinteressen." Demnach gibt der Spitzenreiter, der "Verband der Europäischen chemischen Industrie" (CEFIC), allein jährlich 12 Millionen Euro in Brüssel aus. Unter den Top-20-Lobbyakteuren befinde sich "kein einziger Akteur der Zivilgesellschaft". 

Eine zentrale Rolle für einseitige Lobbyeinflüsse spielten die EU-Mitgliedstaaten. "Über den intransparenten Rat der EU boxen nationale Regierungen immer wieder die Interessen ihrer heimischen Industrien durch", heißt es in dem Bericht. "Die Bundesregierung verwässerte oder verzögerte zum Beispiel wirksame Abgastests oder bessere Regeln beim Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung."

Besserung in Sicht

Aber Lobbycontrol lobte auch einige Verbesserungen. Der Verein begrüßte den Vorstoß von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, wonach sich Mitglieder der EU-Kommission, ihrer Kabinette und die Generalsekretäre seit Ende 2014 nur noch mit Organisationen oder Konzernen treffen dürften, die in einem freiwilligen Transparenzregister stehen. Diese Treffen müssen laut Bericht veröffentlicht werden. Das habe das Register gestärkt, befinden die Autoren. Der Verein fordert aber, dass die Registrierung rechtlich verpflichtend wird. 

Zudem sollte die Regelung für alle EU-Institutionen gelten - so auch für den Rat der EU-Staaten, der aus Sicht der Autoren in Sachen Transparenz noch am meisten zu tun hat. Bisher schließt das Register nur Kommission und Parlament ein.

Eine Demonstration für Klimaschutz und gegen Lobbyismus in Brüssel, BelgienBild: picture-alliance/dpa/Belga/N. Maeterlinck

Der Verein zog am Montag eine Bilanz nach fünf Jahren Amtszeit von Juncker. Als zentrale Faktoren für die Macht der Konzerne in Brüssel nennt der Bericht das Anwerben von Politikern als Lobbyisten, die Abhängigkeit der EU-Bürokratie von Unternehmensexpertise oder privilegierte Zugänge durch Exklusiv-Veranstaltungen.

Mit dem Lobbyreport bilanziert Lobbycontrol seit 2013 im Zweijahrestakt die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen Lobbyismus und Lobbyregulierung in Deutschland. Der EU-Lobbyreport 2019 ist der erste Bericht, der sich mit Europa beschäftigt.

lh/fab (dpa, afp)

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