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Politik

Kein Dialog mit Terroristen im Sahel

Dirke Köpp | Frejus Quenum
22. Februar 2019

Maman Sidikou, Generalsekretär der westafrikanischen Eingreiftruppe G5 Sahel, ist zurzeit in Berlin, um auszuloten, wie die Deutschen im Kampf gegen den Terror im Sahel helfen können. Dialog mit Terroristen lehnt er ab.

Maman Sidikou, dem Generalsekretär der westafrikanischen Anti-Terror-Einsatztruppe G5 Sahel
Bild: DW/D. Köpp

DW: Herr Sidikou, Sie sind derzeit in Deutschland, besuchen verschiedene Ministerien und den Bundestag. Was erwarten Sie von Deutschland? Weitere finanzielle Zusagen für die G5-Sahel-Staaten?

Maman Sidikou: Das hat derzeit nicht Priorität. Deutschland war innerhalb der EU mit Frankreich eines der ersten Länder, die das G5-Bündnis in seinem Entstehen begleitet haben. Wir wollen erklären, was wir genau machen, welche Möglichkeiten es in den fünf Sahelstaaten gibt, aber auch welche Schwierigkeiten in Sicherheit, Verteidigung und Entwicklung. Aber es geht natürlich auch darum, zu klären, worin die Unterstützung in Höhe von rund 200 Millionen Euro bestehen wird, die uns Deutschland zugesagt hat. Das ist viel Geld. Wir wollen auch Deutschlands Prioritäten in der Sahel-Allianz identifizieren, die einer unserer Partner ist in unserem Bestreben, ein Dringlichkeits-Programm aufzusetzen für die am stärksten von Armut bedrohte Bevölkerung in den Grenzregionen. Der regelmäßige Austausch für die Veränderung im Sahel ist uns wichtig. Deutschlands Know-how, z.B. bei den erneuerbaren Energien oder der Berufsbildung, ist dabei von großer Bedeutung. Das ist gerade auch in Bezug auf die jungen Leute sehr wichtig, denn die Terroristen in den Grenzregionen rekrutieren ja viele junge Leute.   

Deutschland leistet auch Hilfe als EU-Mitglied: Es gibt schließlich schon Ausbildungs- und Capacity-Building-Missionen wie die EUTM Mali oder EUCAP Sahel zur Ausbildung z.B. der malischen Armee. Welche Rolle spielen diese Missionen?

Eine extrem wichtige! In Mali, im Niger und im Tschad machen sie eine hervorragende Arbeit. Es soll sogar eine Regionalisierung geben, bei der die Institutionen, die beteiligt sind, sich permanent in der Region niederlassen werden, um Koordinierungsprobleme zu reduzieren. Sie werden nach Nouakchott kommen, um dort noch enger mit dem G5-Generalsekretariat zusammenzuarbeiten. Deutschland ist aber auch unser wichtigster Partner für den Aufbau der Militärakademie des G5-Bündnisses mit Sitz in Nouakchott, wo bereits 35 Offiziere höheren Grades ausgebildet werden. Wir wollen das Land noch mehr einbeziehen.

Wie reagiert die deutsche Politik?

Im Verteidigungsministerium hat man uns zugesichert, dass Deutschland uns weiter begleiten wird. Durch seinen Sitz im UN-Sicherheitsrat kann Deutschland uns auch diplomatische Unterstützung gewähren für eine nachhaltige Finanzierung der gemeinsamen Einsatztruppe und für ein robustes Mandat für unsere Einsätze. Wir hoffen dafür sehr auf die gemeinsame Präsidentschaft von Deutschland und Frankreich im Sicherheitsrat.

Wenn man die Einsatztruppe G5 Sahel mit der multinationalen Eingreiftruppe von Ländern wie Nigeria und Kamerun gegen Boko Haram vergleicht, sieht man, dass es dort besser läuft.

Wir haben eben im G5 Sahel nicht Nigeria dabei. Unsere fünf Länder haben die ersten Mittel bereitgestellt, dank derer die Bataillone ausgerüstet und einsatzfähig wurden. Jeder unserer Staaten hat dafür zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Was meinen Sie denn, wie der Kommandoposten sonst funktionieren würde? Alle drei Monate wird gezahlt für Verteidigung und Sicherheit. Der eine Staat wendet dafür 17 Prozent seines Budgets auf, der andere 20 und der dritte vielleicht sogar 30 Prozent. Das ist sehr viel - vor allem, wenn man bedenkt, dass dieses Geld sonst in Bildung oder Gesundheit fließen könnte! Aber: Nigeria, das mehr finanzielle Mittel hat als unsere fünf Staaten, die zu den ärmsten Afrikas gehören, ist eben nicht dabei. Aber die Regionalorganisationen UEMOA (die Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion, Anm. d. Red.) und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft haben uns Geld zur Verfügung gestellt, und Ruanda war das erste Land, das uns unterstützt hat. Insofern kann man sagen: Afrika hat verstanden, dass wir es hier mit einem gemeinsamen afrikanischen Problem zu tun haben. Aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate haben Geld überwiesen.

Deutschland hat, so sagen Sie, 200 Millionen Euro versprochen. Für militärische Zwecke oder für Entwicklung?

Die Sahel-Allianz etwa, an der Deutschland beteiligt ist, will einen Schwerpunkt auf Resilienz, Verteidigung und Sicherheit legen, weniger auf Infrastruktur. Aber wir werden im April auch mit den arabischen Staaten sprechen, um zu sehen, inwiefern sie uns im Bereich Infrastruktur helfen können. Ich spüre manchmal Ungeduld, wenn es um die Umsetzung unserer Ziele geht. Aber die Leute vergessen dabei, dass es unsere gemeinsame Eingreiftruppe erst seit zwei Jahren gibt. Ich antworte darauf gern, auch wenn das nicht immer gut ankommt, dass der Aufbau-Prozess der Nato viel länger gedauert hat.

Maman Sidikou im Gespräch mit DW-Redakteuren Dirke Köpp und Fréjus QuenumBild: DW/M. Schetter

Haben Sie nicht manchmal ein Gefühl, dass auch Heuchelei im Spiel ist? Einerseits unterstützt Europa die afrikanischen Länder mit Entwicklungsgeldern, andererseits profitieren aber europäische und internationale Firmen von den afrikanischen Rohstoffen statt der Bevölkerungen der Länder.

So sehe ich das nicht. Jeder hat doch seine ureigenen Interessen. Wir machen uns da keine Illusion. Europas Hauptinteresse sind sicher die Geschäfte. Andererseits wollen die Europäer aber auch nicht von Einwanderern überrannt werden und setzen daher auch auf Sicherheit. Das kann allerdings nur gehen, wenn man die Regionen entwickelt, aus denen die Migranten kommen. Was ist gegen Geschäfte einzuwenden? In der Sahelzone gibt es ja nicht nur Terrorismus, sondern auch enormes Potenzial! Erneuerbare Energien, Rohstoffe, Uran, Öl, Gas… Potenzial im Überfluss! Und wir wollen, dass die, die Geschäfte machen wollen, kommen. Dass Deutschland kommt mit seinen Firmen, die im Bereich der erneuerbaren Energien zu den besten der Welt zählen. Wir laden sie ein! Aber dafür muss natürlich auch die Sicherheit gewährleistet sein.

Sie sprachen von Zuwendungen aus den arabischen Ländern. Wie ehrlich ist diese Hilfe? Immerhin beschuldigt der Tschad beispielsweise Qatar, Terroristen zu unterstützen. Ebenso heißt es, dass der malische Top-Terrorist Iyad Ag Ghali ungehindert nach Saudi-Arabien fliegen kann.

Alle G5-Staaten sind darauf bedacht, dass ihre Länder souverän bleiben. Wenn Saudi-Arabien uns fünf Millionen Euro verspricht, sind wir erst einmal froh, denn Saudi-Arabien ist ein Bruderland. Wir nutzen das Geld, das es uns zur Verfügung stellt, aber so, wie wir es meinen. Gerüchte hingegen kommentiere ich nicht.

Aber wo ist Iyad Ag Ghali?

Ich weiß es nicht. Wenn wir es wüssten, hätten wir ihn schon dingfest gemacht.

Geht es um "dingfest machen", also verhaften, oder um töten?

Begriffe wie "neutralisieren" behagen mir nicht. Das Wichtigste ist, dass man solche Leute daran hindert, Schaden anzurichten und die Sicherheit unserer Länder und Bevölkerungen zu gefährden.

Was halten Sie vom Dialog mit solchen Terroristen?

Kein Kommentar! Ich war in Afghanistan und in Somalia und habe auch mit Leuten gesprochen, die z.B. einen Dialog mit der Terrororganisation Al-Shabaab fordern. Derzeit ist das für uns kein Thema.

Maman Sidikou ist ein nigrischer Politiker und Diplomat, der unter anderem für die UNESCO, die Weltbank und die AU-Mission in Somalia tätig war. Zurzeit ist er Generalsekretär der westafrikanischen Anti-Terror-Eingreiftruppe G5 Sahel, der die Länder Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad angehören. Sie hat ihren Sitz in Mauretaniens Hauptstadt Nouakchott.

Das Interview führten Dirke Köpp und Fréjus Quenum.

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