Antike, frei nach Hollywood
2. Dezember 2004Er war ein verwegener Blitzkrieger, genialer Welteneroberer und Antikenheld mit exaltiertem Liebesleben: Alexander der Große. Regisseur Oliver Stone hat sich einen Lebenstraum erfüllt und das kurze, aber eindrucksvolle Leben von "Alexander" verfilmt.
Das Ganze wird garniert mit halbnackten Männerkörpern in riesigen Brustpanzern, dazu schönen Frauen in prächtigen Kostümen, opulenten Aufmärschen, Special-Effects und ein bisschen was fürs Herz. Aufgeboten werden Stars mit großen Namen wie Anthony Hopkins, Colin Farrell oder Angelina Jolie.
Verschlüsselte Botschaften für jeden Geschmack
Die Vorliebe für die Antike ist so alt wie das Kino. Wie vor ihm Ridley Scott und Wolfgang Petersen kann auch Stone der Versuchung nicht widerstehen, aus den Helden-Stoffen der Antike spektakuläre Hollywood-Sandalenfilme zu schneidern. "Antike Stoffe sind attraktiv: Sie bieten Krieg, Sex, moralische Konflikte und große Massen-Konstellationen - ein Kino der Schauwerte", sagt Gertrud Koch vom Institut für Filmwissenschaft in Berlin.
Aber warum kramt Hollywood gerade jetzt die Heldenstoffe aus? "Auf der einen Seite ist es eine Mode, ein Film zieht den anderen nach sich", erzählt Expertin Koch. "'Gladiator' war der Vorläufer für 'Troja', 'Troja' der Vorläufer für 'Alexander' und so weiter." Auf der anderen Seite gebe es oftmals auch eine politische Botschaft in verschlüsselter Form. "In vielen antiken Stoffen geht es um den Erhalt beziehungsweise den Zerfall eines Imperiums", so Koch.
Irgendwie historisch
In unsicheren Zeit sehnt sich das Kinopublikum mehr denn je nach großen Geschichten, schillernden Helden und tragischen Liebesgeschichten - und seien sie noch so voller Klischees. "Bei Filmen über das Römische Reich sind es die Dekadenz und das Leben im Überfluss, was die Leute sehen wollen", sagt Koch. "Geht es um die Antike, dann gibt es Orgien, Völlerei und Gelage zu sehen und Menschen, die an Tischen liegen. Dazu wird Musik gemacht."
Regisseur Wolfgang Petersen hat weder Kosten noch Mühen gescheut, in "Troja" alles so authentisch wie möglich aussehen zu lassen. 200 Millionen Dollar soll sein Werk damals gekostet haben. Ein ganzer Stab an Altertumsforschern, Kriegsexperten und Kostümbildern wurde angeheuert, um die historischen Kulissen, die Schlachten, Paläste und Rüstungen möglichst originalgetreu nachzubauen.
Abgesehen von der Kulisse, nehmen es die Verfilmungen allerdings nicht immer so ganz genau mit der historischen Authentizität. So findet man die Geschichte mit dem Trojanischen Pferd in Petersens "Troja"-Verfilmung nicht etwa in der Ilias, sondern erst in der Odyssee. "Als Geschichtsunterricht würde ich das niemandem empfehlen", sagt Koch. "Viele Stoffe gehen ohnehin eher auf Mythen zurück. Wir lernen aus diesen Filmen mehr über uns als über die Antike." Schließlich geht es auch ums Geld. Damit sich die Geschichte besser verkauft, wird kurzerhand ein bisschen an ihr geschraubt.
Viel Aufwand für (zu) wenig Ergebnis
So ganz geht die Erfolgs-Rechnung wohl auch diesmal nicht auf. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" hat der Film "Alexander" seit der US-Premiere in der letzten Woche nur 21,6 Millionen Dollar eingespielt und fiel auf Platz sechs der Kinocharts zurück. Für einen Film dieser Dimension ist ein solches Debüt nicht gerade ein glamouröser Auftakt. Auch "Troja" blieb trotz Riesenwerbeaufwand weit hinter den Erwartungen zurück und kam US-weit nur auf ein Brutto-Einspielergebnis von 133 Millionen Dollar.