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Apple vor dem Sprung nach Indien

31. Januar 2017

Seit Apple in seinen Kernmärkten weniger iPhones verkauft, hat der High-Tech-Gigant den riesigen indischen Markt im Visier. Jetzt steht der wertvollste Konzern der Welt offenbar kurz vor dem Sprung auf den Subkontinent.

Smartphone-Besitzer an einem "Selfie Point" in Mumbai
Bild: Getty Images/AFP/I. Mukherjee

Apple-Produkte sind in Indien zwar seit vielen Jahren zu haben, werden dort aber nicht in den konzerneigenen Apple-Stores verkauft. Das übernehmen Vertriebspartner und Elektronikmarkt-Ketten wie Redington oder Ingram Micro. Apples Kassenschlager ist das iPhone, das rund zwei Drittel zum Konzernumsatz beiträgt. In China und den USA gingen die Absatzzahlen zuletzt  - mit Ausnahme des Weihnachtsquartals - zurück, doch in Indien zeigt die Verkaufskurve weiter nach oben. Der Anteil am dortigen Smartphone-Markt ist mit weniger als fünf Prozent noch gering, aber ausbaufähig. Kein Wunder, meint der Analyst Rajrishi Singhal in Mumbai, dass "Apple seinen Fußabdruck in Indien vergrößern will."

Die Industrie ist schon vor Ort

Die Idee von Vorstands-Chef Tim Cook, gebrauchte iPhones auf den indischen Markt zu bringen, wurde dort allerdings nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen. Stattdessen rang der indische Premierminister Narendra Modi dem Apple-CEO bei seinem Indien-Besuch im Mai 2016 das Versprechen ab, eine iPhone-Fertigung im Land aufzubauen.

Apple-Chef Tim Cook bei seinem Treffen mit Premier Narendra Modi im Mai 2016Bild: Imago

Die wichtigsten Player sind bereits vor Ort oder planen größere Investitionen. Die taiwanesische iPhone-Schmiede Foxconn ist seit 2015 in Kooperation mit dem chinesischen Smartphone-Hersteller Xiaomi mit einer Produktionsstätte in Andhra Pradesh aktiv, die mit der Unterstützung der indischen Behörden in der Rekordzeit von sieben Monaten aus dem Boden gestampft wurde. Im Bundesstaat Maharashtra soll für fünf Milliarden US-Dollar eine weitere Foxconn-Fabrik entstehen.

Auch der chinesische Smartphone-Konkurrent Huawei ist auf dem Subkontinent aktiv: 2015 haben die Chinesen für 170 Millionen US-Dollar eine Forschungseinrichtung in Bangalore gegründet. Der Apple-Fertigungspartner Wistron aus Taiwan betreibt eine Produktionsstätte in der Nähe der IT-Metropole Bangalore. Dort sollen nach Informationen der Nachrichten-Agentur Bloomberg die ersten iPhones für den indischen Markt entstehen, sobald sich Apple mit der indischen Regierung handelseinig geworden ist.

Bei weniger als fünf Prozent Marktanteil ist das Wachstumspotential riesigBild: picture-alliance/AP Photo/T. Topgyal

Apple selbst hat sich verpflichtet, in der IT-Metropole ein Entwicklungszentrum aufzubauen, erklärt IT-Branchenexperte Singhal gegenüber der DW: "Apple will in Bangalore ein Design- und Entwicklungszentrum bauen, um in Indien die Zahl der Entwickler für das unternehmenseigene Betriebsystem iOS in die Höhe zu schrauben und mehr IT-Entwickler für die Apple-Programmiersprache Swift zu gewinnen."

Junger Markt mit großem Nachholbedarf

Eigene Fertigungsstätten besitzt Apple bislang nur in den USA und in Irland. Alles andere wird von weltweit rund 200 Top-Zulieferern und zahlreichen weiteren Komponenten-Herstellern produziert. Dass Apple besonders auf Indien als wichtigen Markt der Zukunft schielt, gilt für Beobachter als ausgemachte Sache. Immer wieder haben in den vergangenen Monaten hochrangige Vertreter aus der Apple-Zentrale in Cupertino mit Regierungsvertretern in Neu-Delhi verhandelt. Zuletzt war Ende Januar die für das strategisches Beschaffungswesen zuständige Apple-Managerin Priya Balasubramaniam zu Gesprächen in der indischen Hauptstadt. Das "Wall Street Journal" zitierte nach den Treffen mit der Apple-Delegation einen indischen Regierungsvertreter mit den Worten: "Wir stehen kurz vor einem Deal."

iPhone in einem Reseller-Shop in MumbaiBild: Reuters/S. Andrade

Weder Apple noch die Regierung in Neu Delhi lassen zur Zeit durchblicken, um welche Details es noch geht. "Obwohl es keine offiziellen Informationen von Apple oder der indischen Regierung über die letzten Hindernisse gibt, heißt es, dass Apple eine Reihe von Ausnahmeregelungen fordert. Darunter fällt die Bestimmung, dass bei ausländischen Herstellern 30 Prozent ihrer Zulieferungen aus dem Inland kommen müssen", so Singhal. Außerdem ziehen sich die Verhandlungen hin, weil es um Erleichterungen bei Steuern gehe, über die die betroffenen indischen Bundesstaaten entscheiden müssten.

Modis Partnersuche für 'Make in India'

Die Initiative der Apple-Strategen kommt den Plänen des indischen Premierministers entgegen: Nur mit massiven Investitionen ausländischer Konzerne kann Modi sein ehrgeiziges "Make in India"-Programm umsetzen.

Bislang hinkt Indien bei seinen ehrgeizigen Industrialisierungs-Plänen den selbst gesteckten Zielen weit hinterher. Im Gegensatz zur Volksrepublik China oder Taiwan hat es Indien in den vergangenen 40 Jahren nicht geschafft, durch langfristige Strategien und wirtschaftspolitische Förderprogramme seinen Industriesektor spürbar weiterzuentwickeln und den Beitrag der Industrie, des so genannten sekundären Sektors, zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu erhöhen. Im Gegensatz zu China oder Taiwan, wo der Anteil des industriellen Sektors zwischen 25 und 35 Prozent liegt, stagniert der Anteil des Sekundärsektors in Indien nach Zahlen der deutschen Außenwirtschafts-Experten von Germany Trade and Invest (GTAI) seit 1980 bei etwa 15 Prozent.

Indiens "National Manufacturing Policy" (NMP) soll bis 2020 den Sekundärsektor auf 25 Prozent des BIP steigern. Unter Premier Modi wurden diese Bemühungen in den Iniativen "Make in India" und "Digital India" gebündelt. Und während die nach wie vor überfälligen Reformen in Indien nur schleppend vorankommen, versucht Modis Regierung, ausländische Direktinvestitionen durch finanzielle und steuerliche Anreize anzulocken.

Das nach Börsenwert wertvollste Unternehmen der Welt spielt auf dem indischen Markt bislang nur eine Nebenrolle. "Fast 75 Prozent aller Smartphones, die in Indien verkauft werden, kosten weniger als 150 US-Dollar und bewegen sich damit weit unter dem Kaufpreis eines iPhones", erklärt der IT-Analyst Neil Shah vom Beratungsunternehmen Counterpoint im Interview mit der DW. "Das günstigste Modell ist das drei Jahre alte iPhone 5s, das in Indien für rund 250 US-Dollar zu haben ist. Aktuelle Modelle wie das iPhone SE 16GB gibt es ab 550 US-Dollar." Doch anders als im Westen gibt es in Indien keine von Mobilfunk-Anbietern subventionierten Geräte. Das sei der Hauptgrund dafür, dass hochpreisige Smartphones in Indien nur sehr wenig verbreitet sind, so Shah.

Zuwachsraten locken

In den nächsten Jahren sollen 500 Millionen Smartphones über die indischen Ladentheken gehen. Samsung verkauft vor allem günstige Geräte und ist zusammen mit seinem lokalen Partner Micromax Informatics der Platzhirsch auf dem Subkontinent.  Doch wenn künftig Apple-Handys in Indien vom Fließband laufen und in Apple-Stores verkauft werden, so hoffen die Strategen um Tim Cook, könne man die Geräte deutlich billiger anbieten und den Marktanteil in die Höhe schrauben.

Apple habe gerade erst an der Oberfläche des indischen Marktes gekratzt, meinte unlängst der Apple-CEO. Cook denkt, wenn es um Indien geht, offenbar sehr langfristig.

Thomas Kohlmann Redakteur mit Blick auf globale Finanzmärkte, Welthandel und aufstrebende Volkswirtschaften.
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