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PolitikKatar

Arabischer Gipfel: Moderate Forderungen nach Israels Angriff

15. September 2025

Mit einer zurückhaltenden Forderung endete der Gipfel arabischer und muslimischer Staats- und Regierungschefs in Doha. Dort hatten sie über Israels Luftschlag gegen die Hamas auf katarischem Territorium diskutiert.

Der katarische Premierminister und Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani während einer Pressekonferenz in Doha, 10.9.2025
Scharfe Kritik an Israel: der katarische Premierminister und Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, Doha, 10.9.2025Bild: Qatari Foreign Ministry/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Am Ende zeigten sie sich zurückhaltend. Knapp 60 Staats- und Regierungschefs arabischer und islamischer Staaten hatten sich am Montag in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar, getroffen, um mögliche Reaktionen auf den israelischen Luftangriff in Katar zu erörtern. In der Abschlusserklärung ermahnten sie dann vor allem sich selbst - nämlich "alle möglichen rechtlichen und wirksamen Maßnahmen zu ergreifen, um Israel an der Fortsetzung seiner Aktionen gegen das palästinensische Volk zu hindern." Außerdem heißt es, "alle Staaten" sollten "die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel überprüfen" und juristische Schritte gegen das Land einleiten.

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs unterschiedliche Ansichten über das weitere Vorgehen geäußert. In der Folge einigte die Gruppe sich darauf, nur minimale Maßnahmen zu ergreifen. 

Das Gebäude der Hamas-Führung in Doha nach dem israelischen Angriff, 9.9. 2025Bild: Security Camera/Anadolu/picture alliance

Katarischer Premier: harte Worte Richtung Israel

Dabei hatte der regierende Emir Katars, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, den Gipfel mit dem Vorwurf eröffnet, Israel kümmere sich nicht um seine Geiseln in Gaza. Stattdessen versuche es "sicherzustellen, dass Gaza nicht mehr bewohnbar ist". Israel erklärte, die Ziele seines Krieges seien die Freilassung aller Geiseln und die Niederlage der Hamas.

"Wenn Israel die Hamas-Führer ermorden will, warum nimmt es dann Verhandlungen auf?", fragte Scheich Tamim bin Hamad Al Thani. "Wenn Sie auf der Freilassung der Geiseln bestehen wollen, warum ermorden sie dann alle Verhandlungsführer?"

Scheich Tamim verurteilte Israel auch wegen des von ihm so bezeichneten Völkermords, den es in Gaza begeht - eine Einschätzung, die auch mehrere andere auf dem Gipfel äußerten. Israel bestreitet vehement, einen Völkermord zu begehen. 

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Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstag vergangener Woche in der katarischen Hauptstadt Doha die Führungsspitze der militant-islamistischen, in Deutschland, der Europäischen Union, den USA und einigen anderen Staaten als Terrororganisation eingestuften Hamas zu töten versucht. Nach Angaben der Hamas schlug der Angriff allerdings fehl: Kein Mitglied der Hamas-Verhandlungsdelegation sei getötet worden. Allerdings seien sechs Menschen ums Leben gekommen. 

Künftige Beziehungen zu Israel

Trotz der zurückhaltenden Abschlusserklärung ist offen, wie der israelische Luftschlag auf katarischem Territorium die Beziehungen der arabischen, insbesondere der Golfstaaten zu Israel generell prägen wird. Dies dürfte besonders mit Blick auf die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain gelten. Beide Staaten haben mit Israel Normalisierungsabkommen, die so genannten Abraham-Vereinbarungen, geschlossen. Zwar haben die beiden Golfstaaten nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf israelisches Territorium, signalisiert, dass sie ihre Beziehungen zu Israel nicht auf Grundlage kurzfristiger Ereignisse in Frage stellen. 

"Dennoch sind Abu Dhabi und Manama wahrscheinlich nicht bereit, die Abraham-Abkommen unter allen Umständen aufrechtzuerhalten", sagt Philipp Dienstbier, Leiter des Regionalprogramms Golf-Staaten der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in der jordanischen Hauptstadt Amman, der von dort aus auch die politische Entwicklung in den Golfstaaten beobachtet. Er verweist auf die Erklärung beider Staaten, dass sie Annexionsbestrebungen seitens Israels als rote Linie werteten. "Außerdem signalisieren die VAE, dass der jüngste Angriff auf Katar nicht einfach toleriert wird. So hat Abu Dhabi sehr deutliche Kritik geübt und die Teilnahme einer israelischen Delegation an einer Verteidigungsmesse in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgekündigt.

Partnerschaft mit Fragezeichen: der katarische Premier Tamim bin Hamad Al Thani und Donald Trump, Mai 2025Bild: Alex Brandon/AP Photo/picture alliance

Er gehe davon aus, dass es bei dem Treffen der arabischen Staaten in Doha eine einheitliche Reaktion auch von solchen Staaten gebe, die bereits normalisierte Beziehung zu Israel haben, so Dienstbier. Dazu zählen neben den VAE und Bahrain unter anderen auch Jordanien und Ägypten.

Verhältnis zu den USA

Offen ist, wie sich der Angriff auf das Verhältnis der Golfstaaten zu den USA auswirken wird. Diese sind ein enger Partner nicht nur Katars, sondern auch anderer Staaten in der Region, insbesondere Saudi-Arabiens. Für beide Länder ist der militärische Schutz durch die USA wichtig. Zugleich stehen die USA aber auch fest an der Seite Israels.

"Die Golfstaaten wissen, wie wichtig ihre Partnerschaft mit den USA wirtschaftlich und sicherheitspolitisch ist", sagte Sanam Vakil, Direktor des Nahost- und Afrikaprogramms des Londoner Think Tanks Chatham House, der DW vor wenigen Tagen. "Daher ist ein unmittelbarer Bruch kaum absehbar".

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Allerdings herrscht am Golf eine gewissen Ernüchterung, insbesondere in Doha. Denn Katar hat sich sein Luftverteidigungssystem von den USA installieren lassen. Dieses hat nun bei dem israelischen Luftangriff versagt. Darüber hinaus herrscht auch Unsicherheit, ob die USA ein verlässlicher militärischer Partner sind.

"Mit Al-Udeid hat man die wichtigste amerikanische Basis der Region im Land, ausgestattet mit hochmodernen Abwehrsystemen", sagt Philipp Dienstbier. "Man hat mit Blick auf diesen Truppenstandort für die USA mit entsprechenden Sicherheitsvorteilen gerechnet, die jetzt durchaus in Frage gestellt werden - zumal der Angriff durch einen anderen US-Verbündeten, nämlich Israel, erfolgte. Aussagen der Kataris zufolge hat die Vorwarnung der Amerikaner sie erst erreicht, nachdem bereits Raketen in Doha eingeschlagen waren. Also wird es sicherlich zu einer strategischen Nachjustierung kommen."

Dazu dürften auch politische Schritte gehören, sagt Dienstbier. "Entweder man geht auf andere internationale Partner zu, was sicherlich nicht im westlichen Interesse ist. Oder aber man sucht noch engere, formalisierte amerikanische Schutzzusagen, wie Saudi-Arabien, das vor nicht allzu langer Zeit etwa einen der NATO ähnlichen Sicherheitspakt mit den Vereinigten Staaten angestrebt hatte."

Mitarbeit: Jennifer Holleis

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika