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Arbeitsmarkt trotzt Konjunkturflaute

Klaus Ulrich mit Agenturen
29. August 2019

Auch im August bleibt der Arbeitsmarkt in Deutschland robust - wenngleich die schwächelnde Konjunktur ihn nicht mehr völlig unberührt lässt. Und dennoch werden noch immer Leute gesucht - auch Auszubildende.

Symbolbild Arbeitslosenquote Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

"Wir sind inmitten eines konjunkturellen Abschwungs, das rührt von der Weltwirtschaft her und trifft Deutschland mit seinem stark exportorientierten verarbeitenden Gewerbe", sagtEnzo Weber vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)gegenüber der DW. "Dementsprechend entwickelt sich der Arbeitsmarkt jetzt schlechter, als wir das in den letzten Jahren gewohnt waren."

Im August stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Juli um 44.000 auf 2,319 Millionen Menschen, wie die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg bekanntgab. Zu dem saisonal üblichen Anstieg kamen in diesem Jahr auch konjunkturelle Effekte hinzu: Saisonbereinigt errechnete die Bundesagentur einen Anstieg um immerhin 4000 Menschen ohne Job.

Konjunkturelle Schwächephase"

"Die konjunkturelle Schwächephase hinterlässt auch am Arbeitsmarkt leichte Spuren, insgesamt zeigt er sich aber robust", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele. Panik wollte Deutschlands oberster Arbeitsmarktexperte nicht verbreiten: Im August waren noch immer 31.000 Menschen weniger arbeitslos als im August 2018. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent und lag damit um 0,1 Punkte unter dem Vorjahresniveau. Das Beschäftigungswachstum halte an, verliere aber etwas an Schwung.

Die Personalabteilungen in deutschen Unternehmen schreiben angesichts der Konjunkturflaute immer weniger neue Stellen aus. Das Beschäftigungsbarometer des Ifo-Instituts fiel im August um 1,4 auf 98,1 Punkte, wie die Münchner Wirtschaftsforscher am Mittwoch zu ihrer Umfrage unter 9000 Firmen mitteilten. Das ist der schlechteste Wert seit annähernd fünf Jahren.

Krise erreicht Dienstleistungssektor

Im bislang robusten Dienstleistungssektor brach das Barometer so stark ein wie zuletzt im Dezember 2007. "Die Dienstleister fallen als Beschäftigungsmotor nach und nach aus", erklärte das Ifo-Institut. "Die Rezession in der Industrie schlägt sich nun mit Verzögerung auch bei den Dienstleistern nieder."

Dienstleistungssektor immer weniger robustBild: picture-alliance/dpa/D. Schäfer

Auch im Baugewerbe sank das Barometer, doch sind hier weiter Neueinstellungen geplant. Im Handel bleibt das Beschäftigungsniveau konstant. Im Verarbeitenden Gewerbe stieg das Barometer zwar. "Jedoch sind die Unternehmen, die Personal eher abbauen wollen, weiter in der Mehrzahl", so das Ifo-Institut.

Kurzarbeit als probates Hilfsmittel

"Der Konjunkturabschwung ist schon substanziell und das betrifft mittlerweile in Deutschland viele Betriebe", sagte IAB-Experte Enzo Weber der DW. "Aber wir sehen eben auch, dass der Arbeitsmarkt deutlich robuster ist als das früher der Fall gewesen ist. Das heißt, wir sollten jetzt wirklich alles tun, um diese Robustheit des Arbeitsmarkts auch zu unterstützen." Kurzarbeit sei beispielsweise ein bewährtes Mittel, um gerade exportierende Betriebe während einer Auftragsflaute zu unterstützen, damit sie ihre Leute halten könnten, so Weber. "Das haben wir in der letzten Rezession bereits hinreichend geprobt. Von daher sehe ich gute Bedingungen, dass wir auch durch diese Flaute wieder durchkommen werden."

Die Zahl der Anzeigen für Kurzarbeit steigt, sagte BA-Chef Scheele. Im August registrierten die Nürnberger Statistiker zunächst nur einen leichten Anstieg: 45.000 Kurzarbeiter im Vergleich zu 42.000 im Juli. "Wir sehen an dem Frühindikator Kurzarbeit zur Zeit nicht, dass es ganz schwer wird", sagte Scheele.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gab sich angesichts des Konjunkturtales entspannt: Der Arbeitsmarkt sei robust, sagte er in Berlin. "Wir haben die Schutzschirme und Schutzwesten, um Deutschlands Beschäftigte beispielsweise mit dem Kurzarbeitergeld zu schützen und mit zukunftsorientierter Weiterbildung zu fördern", betonte der Minister.

Rezession im Anmarsch?

Volkswirte sehen die Lage nicht gerade entspannt. Nachdem das Statistische Bundesamt für das zweite Quartal einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozentpunkte errechnet hatte, wird sogar eine "technische Rezession" nicht mehr ausgeschlossen - die würde dann eintreten, wenn im Folgequartal von Juli bis September die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal noch einmal nachließe.

Konsum als KonjunkturstützeBild: picture-alliance/dpa/J. Haas

Neben den Außeneinflüssen - wie die vom Handelskrieg mit den USA geschwächten Absatzmärkte in China oder die Brexit-Unwägbarkeiten in Großbritannien - machen vor allem die schwächelnde Autoindustrie und Ihre Zulieferer Sorgen. Hier macht sich die der technologische Wandel weg vom Verbrennungsmotor bemerkbar. Die Produktionszahlen gehen zurück.

Neue Mitarbeiter weiter gefragt

Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern bewege sich noch immer auf hohem Niveau, gebe aber weiter nach, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. Im August waren 795.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 33.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 8000 Stellen verringert.

Die Zahl der Erwerbstätigen ist weiter gestiegen und lag nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes im Juli bei 45,29 Millionen - das waren 14.000 mehr als im Vormonat, im Vergleich zum Vorjahr waren es 374.000 Erwerbstätige mehr.

Überhang bei Lehrstellen

Das Plus beruht laut BA weitgehend auf einer höheren Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer. Insgesamt hatten laut Hochrechnung der BA im Mai 33,39 Millionen Menschen einen regulären Job. Saisonbereinigt war das von Mai auf Juni ein Plus von 11.000.

Zu Beginn des Ausbildungsjahres 2019/2020 zeigt sich bei den Lehrstellen ein Überhang: 556.000 gemeldeten Ausbildungsplätzen stehen 497.000 Bewerber gegenüber. Im August waren noch 157.000 Stellen unbesetzt und auf der anderen Seite 134.000 junge Leute auf der Suche. Vor allem die Lehrmeister in Handwerksberufen wie Bäcker, Heizungsbauer, Fleischer, in der Gastronomie und auf dem Bau suchen noch Leute. Zu wenige Lehrstellen gibt es dagegen vor allem in Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

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