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Hoch hinaus mit Holz

27. März 2018

Für Bauplaner ist Holz der Baustoff der Zukunft. Bisher waren Stahl und Beton die Materialien, aus denen Wolkenkratzer gebaut werden. Doch Holz ist ein nachwachsender Rohstoff mit enormem Entwicklungspotential.

Norwegen Neubau eines Holzhochhauses in Brummandal
Bild: DW/K. Jäger

"Das höchste Holzhaus der Welt!" steht auf dem Riesen-Plakat an der Hauswand geschrieben, die in der norwegischen Gemeinde Brummundal in die Höhe wächst. Die Montage erfolgt ohne Außengerüst. Kräne und ein Außenaufzug transportieren die Baumaterialien nach oben. Das Holz stammt aus einheimischen Wäldern. 81 Meter hoch soll das Gebäude "Mjøstårnet" bis zur Fertigstellung im März 2019 werden. Im Inneren entstehen 27 Wohnungen mit zwischen 67 und 149 Quadratmetern, ein Schwimmbad, Hotel, Büros, Restaurants, verteilt auf 18 Etagen. 

Doch die Norweger sind längst nicht mehr auf Weltrekordkurs. Korrekt müsste es demzufolge heißen: "das voraussichtlich höchste Holzhaus". Mit Superlativen zu werben verspricht Aufmerksamkeit und ist doch fahrlässig im expandierenden Holzhochbau-Gewerbe, denn in Wien wird bald das 84 Meter hohe "Hoho" mit 24 Stockwerken herausragen - mit einem Treppenhaus aus Beton.

84 Meter hoch soll das Hoho in Wien werden - Die Fassade soll an die Struktur einer Baumrinde erinnernBild: Schreinerkastler und cetus Baudevelopment GmbH

Auch hier wird es Räume für Arbeit, Einkauf, Wellness und Wohnen unter einem Dach geben.  Die Österreicher reklamieren für sich, Holz überhaupt erst zum industriell gefertigten Produkt entwickelt zu haben. Das Land ist der weltgrößte Brettsperrholzproduzent. Oberstes Gebot der heimischen Holzwirtschaft: Nie mehr abholzen als nachwächst.

Ein Hoch auf den Holzbau - Holz expandiert in Höhe und Breite

Derweil ist die Planung für Hochhausprojekte aus Holzbrettern in internationalen Architekturbüros in vollem Gange. Das Netzwerk "Confederation of Timber Industries" mit Sitz in London veranschaulicht, in welchen Dimensionen die Konstrukteure denken.

Im Pariser Stadtteil Terne wird ein ganzes Quartier in Brettsperrholz-Bauweise, mit viel Glas und Grün errichtet. Die Dächer der 9-geschossigen Holzbauten sollen öffentlich zugänglich sein und zum Urban Gardening animieren. In Deutschland ist ein achtgeschossiges Hochhaus, das auf einem ehemaligen Gelände der US-Armee im bayerischen Bad Aibling entstand, das bisherige Vorzeigeobjekt für energieeffizientes Bauen.

Immerhin sieben Etagen hat das Holzhaus, das Architekt Tom Kaden in Berlin entwarfBild: picture-alliance/dpa/G. Breloer

Im internationalen Vergleich bescheiden und doch vielfach beachtet ist eine Baustelle in Heilbronn. Am Neckarbogen soll rechtzeitig zur Eröffnung der Bundesgartenschau (BUGA) 2019 der Gebäudekomplex "Skaio" mit zehn Geschossen stehen. Die Holzhybridhaus-Einheit wird aus Holz und Beton gefertigt. Keller, Sockelgeschoss und Treppenhaus wurden aus Beton gegossen.

Stararchitekt Kaden: "Holzbauten sind noch nicht wirtschaftlich"

Die Berliner Architekten Kaden + Lager wollen 60, lediglich 40 bis 70 Quadratmeter große Wohneinheiten als Rückzugsort und Gemeinschaftsflächen für soziale Interaktionen schaffen. Tom Kaden sagte der Zeitschrift "Das Haus", es sei sein Anliegen, Hölzhäuser so zu bauen, dass auch Normalverdiener diese sich leisten könnten. Daher werden seine Bauten mit Metall- und nicht mit Holznägeln verbunden. Ihm geht es um sinnvolle Konstruktionen und die Nutzung jeweiliger Materialvorteile.

Der Berliner Architekt Tom Kaden entwirft Hochhäuser aus HolzBild: Kaden und Klingbeil

Kaden lehrt an der TU Graz Architektur und Holzbau. Dass es nicht mehr Holzhäuser gebe, begründet er mit dem Umstand, dass jeder Architekt und jede Zimmerei jeweils neue Musterbauten errichten. "Heute haben wir hunderte von verschiedenen Holzbausystemen. Das ist nicht wirtschaftlich." 

Außerdem schränkt das Baurecht vielerorts die Konstruktion mit Holz ein. Eine deutschlandweit einheitliche Regelung gibt es nicht. Oft ist eine Genehmigung im Einzelfall notwendig. Das ist zeit- und kostenintensiv.

Die meisten Projekte für spektakuläre Holzbauten existieren bisher nur auf dem Papier. In der britischen Hauptstadt haben Architekten und Forscher von der University of Cambridge ein Konzept für Londons ersten Holzhochhaus erstellt. 300 Meter hoch soll der Holzrahmen des 80-stöckigen Oakwood Towers in die Höhe reichen. "Der Einsatz von Holz könnte die Art und Weise, wie wir in dieser Stadt bauen, verändern", sagt Architekt Kevin Flanagan. "Holzhäuser haben das Potenzial, architektonisch ein angenehmeres, entspannteres, geselligeres und kreativeres städtisches Erlebnis zu schaffen." 

Wetterunabhängig - Vorfertigung von Modulen für HolzhäuserBild: Brüggemann Holzbau GmbH

Immer mehr Menschen ziehen in Städte. Mit Holz hält die Natur Einzug in den urbanen Raum. Holz wächst nach und bindet während der Wachstumsphase Kohlendioxid (CO2), das erheblich zum Klimawandel beiträgt.

Der Energieaufwand zur Herstellung von Holzwerkstoffen ist geringer als bei der Produktion von Beton und Stahl. Auch dünne Holzwände wirken dämmend. Holz vermittelt ein angenehmes Wohngefühl. Mit Holz lassen sich das Verantwortungsbewusstsein Nachhaltigkeit und das Bedürfnis nach individuellem Lifestyle verbinden.

Innovative Architektur mit Holz

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Dass die Holzbauten zunehmend höher und umfangreicher werden, ist den innovativen Verarbeitungsmöglichkeiten des ursprünglichen Rohstoffes geschuldet. So können Sperrhölzer und Furnierschichtholz zu mehreren Lagen rechtwinklig zueinander verklebt werden. Brettsperrholzelemente sind einerseits sehr formstabil, leicht zu verarbeiten und können andererseits Lasten sowohl längs wie auch quer zur Haupttragrichtung übertragen.

Die Holzelemente werden als Dach-, Decken- und Wandbauteile beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern, im mehrgeschossigen Wohnungsbau, bei Schul-, Gewerbe- und Sakralbauten und in Industriebauten eingesetzt. Ganze Teile können vorgefertigt und in kurzer Bauzeit vor Ort eingesetzt werden. Holz eignet sich wegen der geringen Wanddicke und des relativ geringen Gewichtes auch, um Baulücken zu schließen oder bestehende Gebäude aufzustocken. Ganz spektakulär sind da Konstruktionen wie die Holzkuppel des Elefantenhauseses im Zürcher Zoo. 

Die Vorteile für Holz im kommunalen Wohnungsbau

Die Erdbebensicherheit spricht ebenfalls für das Bauen mit Holz. Vorbehalte bezüglich des Brandschutzes entkräftet Architekt Tom Kaden: "Jeder gut ausgebildete Feuerwehrmann weiß heute, dass eine entsprechend dimensionierte Stütze aus Brettschichtholz oder eine adäquate Massivholzkonstruktion aus Brettsperrholz lange genug dem Feuer standhalten, um dem Schutzauftrag - Rettung der Bewohner - gerecht zu werden. Und am Ende seiner Lebenszeit ist ein Holzhaus auch noch leicht zu recyceln. 

Bauhof der Gemeinde Frickingen - bei schlechtem Wetter kann im Bereich der Ein - und Ausfahrt gearbeitet werdenBild: Architekturbüro Manfred Fetscher

Die "Holzbau"-Gemeinde Frickingen baut zwar nicht in die Höhe, dafür konsequent in die Breite. Seit 30 Jahren verwendet die Kommune dafür Weißtannen aus gemeindeeigenem Waldbestand und ist damit führend beim Klimaschutz in Deutschland.

Architekt Manfred Fetscher musste anfangs allerdings für seine Projekte kämpfen: "Wir lagen bei unseren Angeboten preislich deutlich unter denen der Konkurrenz, die nicht mit Holz bauen. Wir waren offenbar zu billig. Das schien den Auftraggebern suspekt." Inzwischen seien alle von den individuellen Gebäuden begeistert, erzählt Frickingens Bürgermeister Jürgen Stukle: "Sie haben Charme und Flair, sogar nach 30 Jahren. Und wir haben bisher nahezu keine Kosten für die Renovierungen gehabt."

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