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ARD-Deutschlandtrend: Friedrich Merz löst keine Euphorie aus

7. Mai 2025

Einen Politikwechsel hat Kanzler Friedrich Merz versprochen. Die Bürger äußern sich abwartend, Vorschusslorbeeren verteilen sie nicht. Der Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextrem" stimmt eine Mehrheit zu.

Neue Regierung I Kanzler Merz spricht bei Amtsübergabe mit Ex-Kanzler Scholz. Die beiden Politiker stehen im Kanzleramt vor zwei EU- und einer Deutschlandfahne. Sie lächeln sich an.
Alter und neuer Bundeskanzler: Olaf Scholz (SPD, r.) übergab das Kanzleramt am 6. Mai an seinen Nachfolger Friedrich Merz (CDU)Bild: Fabrizio Bensch/REUTERS

Ein Traumstart für die neue Regierung war das nicht. Eher das Gegenteil: ein Debakel. Erst im zweiten Anlauf wurde CDU-Chef Friedrich Merz am 6. Mai im Bundestag zum Kanzler gewählt. Im ersten Wahlgang verfehlte er die nötige absolute Mehrheit, weil zu wenige Abgeordnete aus seiner neu geformten Koalition aus CDU/CSU und SPD für ihn stimmten. Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland so noch nie gegeben.

Von Euphorie, von einem Anfang, dem ein Zauber innewohnt, kann keine Rede sein. So sieht es auch eine Mehrheit der Deutschen im aktuellen ARD-Deutschlandtrend. Das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap hat dafür am 5. und 6. Mai insgesamt 1325 wahlberechtigte Deutsche repräsentativ befragt. 

Nur vier von zehn Befragten finden die Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten eher gut. Allein bei den Anhängern der drei Regierungsparteien findet das Bündnis überwiegend Zustimmung. Zu beachten dabei ist: Die Umfrage wurde noch vor dem Wahldebakel im Bundestag begonnen.

Bundeskanzler Merz muss sich erst beweisen

Für Friedrich Merz hat sich sein Wunsch erfüllt. Nach langem, zähem Ringen ist er nun der zehnte Kanzler der Bundesrepublik. Doch ist er in diesem Amt eine gute Besetzung? 59 Prozent der Deutschen finden das nicht. Nur 32 Prozent finden ihn gut. Mehrheitlich schlecht wird aus der Regierungsmannschaft noch der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) beurteilt, den 42 Prozent als schlechte Besetzung sehen und 35 Prozent als gute. 

Eine sehr gute Bewertung bekommt im Deutschlandtrend nur der alte und neue Verteidigungsminister Boris Pistorius. 73 Prozent der Befragten finden, dass der Sozialdemokrat eine gute Besetzung für das Amt ist. Woran es liegt, dass Merz so viel schlechter abschneidet? Vermutlich haben ihm viele Wähler nicht verziehen, dass er zahlreiche politische Versprechen direkt nach der Bundestagswahl gebrochen hat. Zum Beispiel, dass umfangreichere Staatsschulden auf jeden Fall nicht aufgenommen werden sollten.

Union bleibt vorne, AfD weiter zweitstärkste Kraft

Auf die Ergebnisse der aktuellen Wählerumfrage hat das eher negative Stimmungsbild allerdings kaum Auswirkungen. Gefragt haben die Forscher von infratest dimap, welche Partei die Menschen wählen würden, wären am kommenden Sonntag Bundestagswahlen.

Die Union könnte mit einem Prozentpunkt im Vergleich zum April leicht hinzugewinnen. Sie käme auf 27 Prozent. Der Koalitionspartner SPD liegt demnach unverändert bei 16 Prozent. Größte Oppositionspartei würde die Alternative für Deutschland (AfD) mit 23 Prozent bleiben. Grüne und Linke liegen in etwa gleichauf; bei elf und zehn Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die FDP würden weiterhin an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und nicht in den Bundestag kommen.

Meinungen zur AfD

Seit Anfang Mai gilt die AfD bundesweit als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung". Diese Bewertung hatte der deutsche Inlandsgeheimdienst - also der Verfassungsschutz - vorgenommen. Die AfD versucht nun, gegen diese Einstufung gerichtlich vorzugehen und hat eine entsprechende Klage eingereicht. Die Behörde hat über Jahre hinweg Beweise für ihre Bewertung gesammelt und stellt fest, dass die Ziele der AfD gegen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde gerichtet seien. 67 Prozent der im Deutschlandtrend Befragten stimmen dieser Ansicht zu.

Die AfD darf nun auch mit sogenannten nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Das heißt unter bestimmten Bedingungen können Personen observiert und sogar ihre Telekommunikation überwacht werden. Die im Bundestag, aber auch in den Landtagen vertretenen übrigen Parteien schließen eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch aus. Sie ist an keiner Regierung beteiligt. Dennoch teilen viele Deutsche politische Ansichten der AfD.

Eine deutliche Mehrheit der AfD-Anhänger signalisiert, dass ihnen die von der AfD aufgegriffenen Themen wichtiger sind als die Bewertung der Partei als rechtsextrem. Die ablehnende Haltung der AfD beim Thema Zuwanderung erhält in den eigenen Reihen fast uneingeschränkt Anerkennung. Doch auch 45 Prozent der Bundesbürger insgesamt teilt die Ansicht der AfD, dass der "Zuzug von Ausländern" (so die Fragestellung) stärker begrenzt werden sollte.

Verbotsverfahren gegen die AfD?

Immer wieder wird in Deutschland diskutiert, ob man die AfD ganz verbieten sollte. Das ist juristisch schwierig. Mehrfach sind ähnliche Unterfangen in anderen Fällen gescheitert. Für angemessen hielten ein Verbot der AfD 43 Prozent der Befragten. 47 Prozent sind dagegen, vor allem sind das die Anhänger der Grünen, der Linken und der SPD.

Der AfD wird auch vorgeworfen, sie sei tendenziell antisemitisch. Diesbezüglich kam es wiederholt zu Skandalen in der Partei. Verschiedentlich hatten AfD-Funktionäre sich judenfeindlich geäußert. 2018 verharmloste der damalige AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland die Zeit des Nationalsozialismus. Wörtlich sagte er bei einer Veranstaltung: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte."

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg

Am 8. Mai wird nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern an das Weltkriegsende 1945 erinnert. Das Datum hat auch die Diskussion wieder belebt, ob man einen "Schlussstrich" unter die Geschichte der Gräuel des Nationalsozialismus ziehen sollte. Vor allem die AfD fordert genau das immer wieder. Im ARD-Deutschlandtrend sagt fast die Hälfte der AfD-Parteianhänger, dass an die Verbrechen des Nationalsozialismus zu viel erinnert wird. Nur neun Prozent sagen: es wird zu wenig erinnert.

Bei den anderen Parteien ergibt sich ein eher umgekehrtes Bild. Nur eine deutliche Minderheit ihrer Anhänger, zwischen acht und 16 Prozent, sind der Meinung, es sollte ein "Schlussstrich" gezogen werden. Anlässlich des bevorstehenden Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkriegs, den die deutschen Nazis begonnen hatten, ein sicherlich bemerkenswertes Ergebnis.

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