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Ausbeutung der Arbeiter in Sotschi

26. Januar 2014

Schon Anfang vergangenen Jahres waren die Zustände auf den Baustellen der russischen Olympia-Stadt angeprangert worden. Doch dies hatte keinerlei Folgen - wie sich jetzt mit Schrecken herausstellt.

Bauarbeiten am Olympiastadion von Sotschi (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Keine zwei Wochen vor dem Beginn der Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi droht ein weiterer Skandal. Nach Recherchen der ARD wurden die Arbeiter der Olympia-Bauten in Russland anscheinend systematisch ausgebeutet. Löhne sollen nicht vollständig oder gar nicht gezahlt worden sein. Dies bestätigte auf ARD-Anfrage das Internationale Olympische Komitee (IOC).

Rund 100.000 Bauarbeiter in Sotschi

"90 Prozent aller Arbeiter der Olympia-Bauten von Sotschi haben entweder ihren Lohn gar nicht bekommen oder nur in Teilen. Mit ihrer Arbeit wurde Olympia erst möglich, aber bezahlt wurden sie dafür nicht", sagte Semjon Simonow, Vertreter der Moskauer Menschenrechtsorganisation Memorial in Sotschi: "Man hat ihnen nicht einmal offizielle Arbeitsdokumente gegeben, und am Ende wurden viele von ihnen mit Gewalt ausgewiesen."

Viele der insgesamt etwa 100.000 Beschäftigten waren Gastarbeiter aus Zentralasien, ihre Zahl wird auf über 50.000 geschätzt. Bereits im Februar vergangenen Jahres hatte Human Rights Watch in einem Bericht auf die Missstände auf den Baustellen von Sotschi hingewiesen, die vor allem die Gastarbeiter betreffen. Allerdings war daraufhin nichts passiert.

Das Olympiastadion von Sotschi im Bau (Aufnahme vom Februar 2013)Bild: picture-alliance/dpa

Russisches Staatsunternehmen Hauptschuldiger?

Viele Gastarbeiter beschuldigen nun auch das russische Staatsunternehmen Olimpstroi, das die Baustellen der Olympiabauten koordiniert. So sagte ein tadschikischer Arbeiter: "Als wir unser Geld haben wollten, hat unser Chef gesagt, Olimpstroi habe nicht bezahlt. Deshalb könne er auch nicht bezahlen." Sowohl Olimpstroi als auch das Organisationskomitee der Spiele lehnten ein Interview oder eine Stellungnahme dazu ab. Das IOC verwies darauf, dass 13 Unternehmen nun Gehälter in Höhe von knapp sechs Millionen Euro nachgezahlt hätten. Wann und wie die Auszahlung bei den zumeist nicht registrierten Gastarbeitern von Sotschi, die überwiegend auch kein Bankkonto haben, erfolgt sein soll, schrieb das IOC trotz Nachfrage aber nicht.

Mehrere Arbeiter berichteten der ARD auch von teils menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen. So sagte ein Arbeiter: "Wir haben unser Geld nicht bekommen, hatten keinen Tag frei, haben mit acht Personen auf 18 Quadratmetern gelebt. Wenn du krank warst, dein Problem. Ausbeutung war das."

"Nicht einfach so weitermachen wie bisher"

"Das IOC darf nicht einfach so weitermachen wie bisher. Man hätte viel früher reagieren müssen, wenn man es ernst gemeint hätte, dass Arbeiter bei der Errichtung der Sportstätten nicht ausgebeutet werden sollen", sagte Barbara Lochbihler, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments: "Es ist jetzt absolut notwendig, dass das IOC, die russische Regierung und die einzelnen Unternehmen Verantwortung zeigen. Sie müssen dazu stehen, dass sie hier die extreme Ausbeutung der Arbeitsmigranten nicht verhindert haben."

Barbara LochbihlerBild: picture-alliance/dpa

Die Bundesregierung wollte sich auf Anfrage nicht äußern, weder Außenminister Frank-Walter Steinmeier noch der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière. Die XXII. Olympischen Winterspiele in Sotschi beginnen am 7. Februar. Sie gelten mit geschätzten Investitionskosten von mehr als 40 Milliarden Euro als das teuerste Sportereignis aller Zeiten.

sti/nis (sid, dpa)

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