1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Argentinien droht Finanzkollaps

6. Dezember 2001

Der Internationale Währungsfonds verhängt einen Kreditstopp gegen Argentinien. Damit rückt einer der größten Zahlungsausfälle der Geschichte näher.

Ein bettelnder Mann vor einer Bank in Buenos Aires.Bild: AP

Nachdem der Internationale Währungsfonds (IWF) die Auszahlung eines Milliardenkredits an Argentinien gestoppt hat, steht das Land kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Der IWF begründete die Aussetzung des Kredits mit mangelnden Fortschritten in der Wirtschaftspolitik und verstärkte damit den Druck auf die Regierung von Präsident Fernando de la Rua.

Baldige Zahlungsunfähigkeit

IWF-Sprecher David Hawley betonte, der Währungsfonds könne derzeit keine Auszahlung des Stützungskredits in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar empfehlen. "Der IWF bleibt in engem Kontakt mit den argentinischen Behörden", sagte Hawley. "Wir sind bereit, mit ihnen zusammenarbeiten, um ein durchführbares Programm zu entwickeln." Zuvor hatte das Direktorium des Währungsfonds einen neuen IWF-Bericht über die argentinische Finanzpolitik geprüft.

Der geplante Kredit war Teil eines 22 Milliarden Dollar schweren Stützungspakets für das lateinamerikanische Land. Davon wurden bisher mehr als 12 Milliarden Dollar freigegeben. Ohne das Geld dürfte Argentinien nach Einschätzung von Finanzexperten nicht mehr in der Lage sein, die hohen Auslandsschulden zu bedienen.
Allein im Dezember muss das Land Schuldenzahlungen in Höhe von rund zwei Milliarden Dollar überweisen. Mit dem Stopp der Auszahlung droht nun einer der größten Zahlungsausfälle der internationalen Finanzgeschichte.

Krisensitzung der Regierung

Die Regierung in Buenos Aires äußerte sich zunächst nicht zu der Entscheidung des IWF. Präsident de la Rua erörterte nach Regierungs-Angaben in einer Krisensitzung mit Wirtschaftsminister Domingo Cavallo und anderen Kabinettsmitgliedern die Lage. "Wir versuchen, das Land ohne Abwertung oder Dollarisierung zu retten", sagte ein Präsidentensprecher lediglich. Damit lehnt es die Regierung weiterhin ab, den Dollar als offizielle Landeswährung einzuführen oder den an den Dollarkurs gebundenen Peso abzuwerten. Erst am vergangenen Samstag hatte die Regierung Bargeldbeschränkungen zur Stabilisierung der Finanzkrise erlassen. Demnach waren Bargeldabhebungen nur noch bis zur Höchstgrenze von 1000 Dollar pro Monat erlaubt.

Schuldenberg wächst

Argentinien wird das für dieses Jahr mit dem IWF vereinbarte Schuldenlimit von 6,5 Milliarden Dollar nicht einhalten können. Finanzexperten rechnen bis zum Jahreende mit einer Neuverschuldung von mindestens

8,5 Milliarden Dollar. Auch das selbst gesetzte Ziel einer Politik des "Null-Defizits" ab August hat Präsident de la Rua trotz drastischer Gehalts- und Rentenkürzungen verfehlt. Derzeit verhandelt die argentinische Regierung noch über eine Umschuldung der von privaten Institutionen und Personen gehaltenen Staatsanleihen mit dem Ziel niedrigerer Zinsen. Die Schulden des Bundesstaats belaufen sich nach offiziellen Angaben auf 132 Milliarden Dollar, die Provinzen stehen mit weitere 22 Milliarden Dollar in der Kreide. (mik)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen