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Argentinien: Wahlsieg für "Anarchokapitalist" Milei

20. November 2023

Der Rechtspopulist Javier Milei wird nächster Präsident Argentiniens. Er setzte sich gegen den Kandidaten des Regierungslagers durch. Milei hat seinem Land eine radikale Kehrtwende versprochen.

Argentinien, Buenos Aires | Wahlabend der Präsidentschaftswahl | Javier Milei mit seiner Schwester Karina Milei
Feierte den Wahlsieg mit seiner Schwester: Javier Milei (l.)Bild: Natacha Pisarenko/AP/picture alliance

Der Rechtspopulist Javier Milei hat die Präsidentenwahl in Argentinien gewonnen. Der Kandidat der Oppositionspartei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) erzielte in der Stichwahl rund 56 Prozent der Stimmen, wie offiziell in Buenos Aires mitgeteilt wurde. Für seinen Konkurrenten, den bisherigen Wirtschaftsminister Sergio Massa von der linken Unión por la Patria (Union für das Vaterland), votierten lediglich 44 Prozent.

Massa hatte bereits vor Veröffentlichung der Ergebnisse seine Niederlage eingeräumt. Milei sei "der Präsident, den die Mehrheit der Argentinier für die nächsten vier Jahre gewählt hat", sagte Massa. Er war im ersten Wahlgang vor knapp einem Monat noch mit sieben Prozentpunkten Vorsprung vor Milei auf dem ersten Platz gelandet.

Hatte nichts zu feiern: Wahlverlierer Sergio Massa (M.)Bild: Gustavo Garello/AP/picture alliance

"Ende des Niedergangs"

Milei versprach in seiner Siegesrede den "Wiederaufbau" der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas (nach Brasilien). "Heute beginnt das Ende des Niedergangs Argentiniens", betonte er in seinem Wahlkampf-Hauptquartier. Seine künftige Regierung stehe vor "monumentalen Problemen": "Inflation, Stagnation, das Fehlen echter Arbeitsplätze, Unsicherheit, Armut und Elend". Diese Probleme könnten nur gelöst werden, wenn "wir uns wieder die Ideen der Freiheit zu eigen machen", so der 53-Jährige, der sich selbst einen "Anarchokapitalisten" nennt.

Im Wahlkampf hatte Milei erklärt, er wolle die öffentlichen Ausgaben "mit der Kettensäge" kürzen, die Zentralbank sowie etliche Ministerien abschaffen und den argentinischen Peso durch den US-Dollar ersetzen. Eine Verantwortung des Menschen für den Klimawandel bezweifelt er. Milei will außerdem den Waffenbesitz liberalisieren, beim Thema Abtreibungen zeigt er sich hingegen wenig liberal. 

Mit Blick auf mögliche Proteste gegen seine Politik sagte Milei: "Wir wissen, dass es Leute geben wird, die Widerstand leisten werden, die dieses System aufrechterhalten wollen, das Privilegien für einige bietet, aber die Mehrheit verarmen lässt. Ich sage ihnen Folgendes: Alles, was im Gesetz steht, ist erlaubt - aber nichts, was außerhalb des Gesetzes steht."

Javier Milei: "Ich will eine Regierung, die ihre Pflicht erfüllt"Bild: Natacha Pisarenko/AP/picture alliance

Milei wird oft mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und dem brasilianischen Ex-Staatschef Jair Bolsonaro verglichen. Seine Karriere begann mit Auftritten in Fernsehshows im Jahr 2015, in denen er mit wutrotem Gesicht Schimpftiraden gegen die Regierung losließ, die später in Online-Netzwerken weiterverbreitet wurden. Seine Partei gründete Milei erst im Jahr 2021, als er als Abgeordneter ins argentinische Parlament einzog.

Ohne Mehrheit im Parlament

Nach Ansicht vieler Experten ist völlig offen, wie Milei sich nach seinem Wahlsieg verhalten wird. Die meisten seiner Versprechen erscheinen demnach als unrealistisch, da dem designierten Präsidenten die nötige Mehrheit im Parlament fehlt. Die Amtsübergabe an Milei ist für den 10. Dezember geplant. Er wird dann den Posten vom links-peronistischen Staatschef Alberto Fernández übernehmen, der Ende 2019 ins Amt kam.

Argentinien steckt derzeit in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 140 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze. Das Land leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig.

wa/as (dpa, afp, rtr)

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