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Politik

Abtreibungsgesetz nimmt erste Hürde

11. Dezember 2020

Schwangerschaftsabbrüche sollen in Argentinien legalisiert werden. Das Unterhaus im Parlament hat den Gesetzentwurf jetzt gebilligt. Bis Ende des Jahres könnte das Gesetz durch sein. Das Volk ist gespalten.

Junge Frauen mit grünen Tüchern jubeln
Erleichterung und Freude brach vor dem Kongressgebäude aus bei Befürwortern des Abtreibungsgesetzes ausBild: Ronaldo Schemidt/APF/Getty Images

Am Ende einer fast 20-stündigen Debatte, die bis zum frühen Freitagmorgen (Ortszeit) dauerte, stimmten 131 Abgeordnete für den umstrittenen Entwurf, 117 dagegen. Sechs Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Jetzt muss noch der Senat darüber abstimmen, dort ist der Ausgang ungewiss. Sollte der Entwurf dort ebenfalls eine Mehrheit erhalten, könnte das umstrittene Gesetz noch Ende des Jahres in Kraft treten. Im Jahr 2018 scheiterte ein ähnliches Gesetzesvorhaben in der zweiten Kongresskammer knapp.

Der Entwurf zur Legalisierung von Abtreibungen wird von Präsident Alberto Fernández vorangetrieben. Demnach sollen Schwangerschaften bis zur 14. Woche straffrei beendet werden können. Die Ministerin für Frauen, Gender und Diversität, Elizabeth Gómez Alcorta, sagte der Nachrichtenagentur Télam am Mittwoch: "Wir sind zuversichtlich, dass die Stimmen ausreichen werden. Wir arbeiten an dem Konsens, der nötig ist."

Gegner der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sahen sich die Debatte auf einer Leinwand anBild: Martin Villa/REUTERS

Unterstützer des Gesetzes hatten eine nächtliche Mahnwache vor dem Kongress abgehalten, um dort auf den Ausgang der Abstimmung zu warten. Zu erkennen sind die Befürworter an grüner Kleidung. Auch Abtreibungsgegner, deren Markenzeichen die Farbe Hellblau ist, wollten demonstrieren.

Die Kirche ist strikt gegen das Gesetz

Die katholische Kirche in Argentinien mobilisiert alle Kräfte gegen den Gesetzentwurf. Sogar der populäre Armenpriester José "Pepe" di Paola, der sozialpolitisch eher links steht, stimmt mit der Linksregierung dieses Mal nicht überein. Ihn stört, dass die Abtreibungsbefürworter als einzigen Ausweg für eine arme werdende Mutter nur den Schwangerschaftsabbruch sehen.

Priester José "Pepe" Di Paola, Stimme für die Armen, ist gegen die weitere Legalisierung von Abtreibungen (Archiv)Bild: Jorge Saenz/AP Imges/picture alliance

Auch Papst Franziskus, gebürtiger Argentinier, kritisiert das Vorhaben des Präsidenten. Franziskus stellt einen Zusammenhang mit der ökologischen und der humanitären Perspektive her. Wer die Umwelt schützen wolle, könne nicht gleichzeitig für einen Schwangerschaftsabbruch sein, denn das widerspreche dem Gedanken des Naturschutzes, lauten sinngemäß seine jüngsten Einlassungen.

Aktuell sind Abtreibungen in Argentinien nur bei einer Vergewaltigung erlaubt oder wenn die Mutter ernsthaft in Gefahr ist. Aktivisten kritisieren jedoch, dass viele Frauen keine ausreichende Hilfe erhalten. 

Der Präsident will den Frauen helfen

Präsident Fernández sieht gute Chancen, dass er sein Gesetz durchbekommt. Es gehe nicht um ein Ja oder ein Nein zur Abtreibung, sagte der Präsident kürzlich der Tageszeitung "Pagina 12", denn die würden ja ohnehin passieren - und das meist außerhalb eines professionellen Umfelds. Das führe bei den betroffenen Frauen nicht selten zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod. Genau das aber, so Fernández, würde sein Gesetz verhindern. Schätzungen zufolge gibt es in Argentinien pro Jahr zwischen 370.000 und 520.000 heimliche Abtreibungen.

Die Entscheidung in Argentinien könnte wegweisend für andere südamerikanische Staaten mit römisch-katholischer Religionsmehrheit sein.

ust/mak/rb (kna, rtre, dpa)

Dieser Artikel wurde nach der Abstimmung des Unterhauses aktualisiert.

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