Armeechef in Myanmar: "Suu Kyi ist gesund"
22. Mai 2021Die gestürzte De-facto-Regierungschefin Myanmars, Aung San Suu Kyi, steht nach Aussage des Führers der Militärjunta unter Hausarrest. Sie sei gesund und werde in einigen Tagen persönlich vor Gericht erscheinen, sagte Min Aung Hlaing in einem Interview mit dem chinesisch-sprachigen TV-Sender Phoenix. Auf die Frage des Interviewers, wie er über die politische Leistung der Friedensnobelpreisträgerin denke, antwortete Aung Hlaing: "Sie bemühte sich, so gut sie konnte."
Suu Kyi wurde - ebenso wie mehrere Tausend ihrer Landsleute - festgenommen. Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt. Seit dem Putsch Anfang Februar wurde sie nicht mehr öffentlich gesehen; gerichtliche Anhörungen fanden bisher per Videoschalte statt.
Die Armee, die Myanmar schon vor der Phase der Demokratisierung jahrzehntelang beherrscht hatte, begründet die Machtergreifung mit angeblichem Wahlbetrug. Aus der Parlamentswahl im November war Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), als klare Siegerin hervorgegangen. Ausländische Beobachter fanden keine Belege dafür, dass das Abstimmungsergebnis gefälscht wurde. Dennoch soll die NLD nun mit Verweis auf vermeintlichen Betrug aufgelöst werden.
Katalog von Anschuldigungen
Suu Kyi selbst sieht sich mehreren juristischen Beschuldigungen ausgesetzt. Ihrem Anwalt Khin Maung Zaw zufolge soll sich eine Klage auf ein Staatsgeheimnis-Gesetz beziehen, das noch aus der Kolonialzeit stammt. Der Strafrahmen für entsprechende Verstöße betrage bis zu 14 Jahre Haft, hatte der Rechtsbeistand Anfang April der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
Bereits zuvor hatte die Militärführung mitgeteilt, die 75-Jährige habe gegen Außenhandelsgesetze verstoßen. Dabei geht es um Funkgeräte, die angeblich in ihrem Haus gefunden wurden. Zudem soll sie Corona-Bestimmungen missachtet und zum Aufruhr angestiftet zu haben. Beobachter vermuten, dass die Generäle die beim Volk beliebte Politikerin langfristig von der politischen Bühne fernhalten wollen.
Angriff auf Armeeposten
Unterdessen melden mehrere einheimische Medien einen Rebellenangriff auf einen Militärposten im Nordwesten des Landes. Kämpfer der Unabhängigkeitsarmee der Kachin (KIA) hätten eine Armeestellung in der Jadebergbau-Stadt Hkamti attackiert, berichten die Online-Plattformen "Irrawaddy" und "Mizzima". Hkamti in der Region Sagaing liegt etwa 50 Kilometer von der Grenze zu Indien entfernt. Ein KIA-Sprecher sagte, er wisse von dem Angriff, könne aber keine Einzelheiten nennen. Eine Stellungnahme des Militärs war zunächst nicht zu bekommen.
In den vergangenen Wochen flog die Luftwaffe zahlreiche Angriffe auf Stellungen der KIA. Im Osten und Westen Myanmars kam es auch zu Zusammenstößen mit anderen Milizen. In dem südostasiatischen Land stehen mehrere ethnische Gruppen unter Waffen, die teilweise untereinander verfeindet sind. Einige von ihnen haben sich inzwischen den Gegnern des Militärputschs angeschlossen.
Seit dem Staatsstreich der Armee am 1. Februar protestieren die Befürworter der Demokratie nahezu täglich für eine Wiedereinsetzung der gewählten Regierung und eine Rückkehr Suu Kyis an die Macht. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden mehrere Hundert Demonstranten von Sicherheitskräften getötet.
jj/sti (rtr, afp)