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Armer, reicher Vatikan

Hajo Goertz 19. April 2005

Der Vatikan ist reich, seine Geschäfte geheimnisvoll. Meint man zu wissen. Der Reichtum ist relativ, gemessen am Jahresetat mancher Diözese. Die Geschäftsgeheimnisse werden sorgfältig gehütet. Aus guten Gründen.

Viele vatikanische Finanzgeschäfte bleiben im DunkelnBild: AP

Der Papst scheint arm dran zu sein: Er bezieht kein Gehalt, ja er hat nicht einmal ein Portemonnaie. Nach weltlichen Maßstäben agiert er wie ein absoluter Monarch, der nicht in kleiner Münze zahlt. Aber er bekommt alles, was er braucht. Sind seine Schuhe durchgelaufen, steht ein neues Paar parat. Und der Tischwein wird ihm kredenzt.

Eher arm

Der Historiker Hartmut Benz hat sich mit den Finanzen des Vatikans beschäftigt. Er relativiert das Klischee von den Reichtümern des Vatikans. "Der Vatikan ist eher arm - wenn man sich die immense Aufgabenstellung des Vatikans vor Augen führt", sagt Benz. Mit den kleinen Summen, die der Vatikan als Haushalt zur Verfügung stellt, seien diese eigentlich kaum zu bewältigen. "Man ist seit vielen Jahren gezwungen, auf die Solidarität der Weltkirche, auf die Spenden der über 100 nationalen Ortskirchen zu vertrauen."

Trotzdem ist der Vatikan natürlich reich - aber eben großenteils in unveräußerlichen Werten. Der Petersdom und die Kunstschätze in den Museen können nicht verkauft werden, stehen in den Bilanzen allenfalls mit einem symbolischen Wert. Da Zahlen über die das vatikanische Vermögen nicht veröffentlicht werden, können selbst Fachleute nur schätzen. Und diese Schätzungen schwanken zwischen einer und zwölf Milliarden Euro.

Bescheidene Bilanzen

Die Bilanz der laufenden Einnahmen und Ausgaben ist dagegen bescheiden. Benz erläutert, dass die Kirchenleitung, der so genannte Heilige Stuhl, und der völkerrechtlich souveräne Staat der Vatikanstadt jeweils eigene Haushalte führen. Die bewegen sich derzeit jährlich um die 210 Millionen Euro. Nach stetem Wachstum der Einnahmen weisen beide Haushalte seit dem Jahr 2000 ein Defizit von etwa fünf Prozent, also bis zu zehn Millionen Euro auf. Da können manche der Bistümer die Zentrale locker in die Tasche stecken. Das Erzbistum Köln beispielsweise, das sich mit Chicago um den Rang als reichste Diözese der Welt streitet, hatte 2004 einen Jahresetat von 680 Millionen Euro. Die Bistümer greifen je nach eigenen Mitteln der römischen Kirchenleitung mit Subventionen unter die Arme.

Geheimnisumwittert sind die Kapitalerträge des vatikanischen Anlagevermögens. Der Heilige Stuhl besitzt Werte in Immobilien, aber auch in Aktien, in Obligationen und in Gold. Anlagekapital, das Rendite abwirft, Immobilienkapital, das Mieten erwirtschaftet, und Gewinne, die er an den Börsen durch Devisen oder Währungsspekulation einfährt. Sie werden erwirtschaftet von der dritten Finanzinstitution im Vatikan, von dem gemeinhin als Vatikanbank bezeichneten Istituto per le Opere di Religione. Dieses IOR, das nicht den italienischen Währungs- und Devisenausfuhrbeschränkungen unterliegt, veröffentlicht keine Bilanzen.

Moral und Gewinn

Man weiß nur andeutungsweise etwas über die Anlagerichtlinien, die Papst Paul VI. bereits vor etwa 30 Jahren erließ: Die Investitionen sollen demnach nicht nach optimalem Gewinn, sondern primär nach moralischen Gesichtspunkten gestreut sein. Der Vatikan hält daher hauptsächlich Werte von Dienstleistungsunternehmen, von Gesellschaften, die öffentliche Nutzungen verwalten, Nahrungsmittelfirmen. Das bedeutet aber auch, dass sich der Vatikan von Werten und Spekulationen fernhält, die kirchlich-theologisch bedenklich oder moralisch zweideutig sein können", sagt der Historiker Benz. Chemiekonzerne, die empfängnisverhütende Mittel produzieren könnten, oder Stahlkonzerne, die an Waffenproduktionen beteiligt sind, gelten damit als tabu.

Anlass dieser moralischen Anlagestrategien war seinerzeit, dass bekannt wurde, der Vatikan sei beteiligt an einem italienischen Chemiekonzern, der auch Antibabypillen produzierte. Peinlich berührt verkaufte das IOR. Nicht bekannt ist, ob der Vatikan seine Chrysler-Aktien losschlug, nachdem der amerikanische Autobauer mit Mercedes zusammenging. Damit wäre der Papst zumindest indirekt beteilt an der größten Waffenschmiede Europas.

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