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Politik

Armut im "Aufwärtstrend"

13. Dezember 2018

In Deutschland gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent eines Durchschnittseinkommens bezieht. Und das sind rund 13.700.000 Menschen. So viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Gegenmittel? Schwierig!

@dw_stories Armut in Deutschland Berlin Flaschensammler
Bild: DW/Shamsan Anders

Arbeit schützt nicht vor Armut, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem jährlichen Armutsbericht. Und der soziale Abstieg trifft längst nicht nur bestimmte Gesellschaftsgruppen: Man müsse beliebte, aber falsche Bilder über Armut korrigieren, heißt es in dem Bericht. Arbeitslose, Alleinerziehende, Migranten und gering qualifizierte Menschen hätten zwar ein besonders hohes Armutsrisiko. Die Analyse der als arm geltenden Menschen zeige aber ein anderes Bild: Darunter seien überwiegend in Deutschland geborene Menschen mit mittlerem oder höherem Bildungsabschluss. Jeder fünfte Arme sei zudem ein Kind.

Ängstlich, traurig, sozial isoliert

Natürlich spielt Arbeitslosigkeit eine Rolle. Doch nur ein Fünftel der erwachsenen Armen habe keinen Job, berichtet der Paritätische. Rund drei Viertel arbeite, mache eine Ausbildung oder beziehe Rente. 41 Prozent seien voll erwerbstätig. Allerdings hätten viele nur einen befristeten Vertrag oder seien Leiharbeiter.

Armut - hier in KölnBild: Imago/Future Image/C. Hardt

Menschen unterhalb der Armutsgrenze müssten meist auf Sport und Kultur verzichten und hätten keine Rücklagen, um das Auto oder die Waschmaschine reparieren zu lassen, heißt es. Viele sorgten sich um die Altersvorsorge, seien ängstlicher, trauriger und hätten häufiger Angst vor Kontrollverlust als andere Menschen.

Leiharbeit, Fristverträge, Mindestlohn

Mit einer Armutsquote in Deutschland von 16,8 Prozent sei "erneut eine traurige Rekordmarke" seit der Wiedervereinigung erreicht, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Armut erfahre in Deutschland einen "Aufwärtstrend" und sei nicht stabil wie bisher angenommen. "Es geht um mindestens 13,7 Millionen Menschen, die aktuell zu den Armen gezählt werden müssen." Das ist jeder Sechste. Der Verband fordert einen höheren Mindestlohn von 12,63 Euro und eine Rentenerhöhung. Zudem müssten Leiharbeit und befristete Arbeitsverhältnisse eingegrenzt werden.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands (Archiv)Bild: picture-alliance/dpa/

Der Armutsbericht wird immer wieder kritisiert. Im Mittelpunkt stehen dabei unterschiedliche Definitionen von Armut. Kritiker verweisen auf gestiegene Einkommen, weshalb auch die Armutsgrenze von Jahr zu Jahr höher liege. Der Paritätische weist die Kritik zurück: Wenn das mittlere Einkommen steige, erhöhe sich eben auch der allgemeine Lebensstandard.

rb/ml (afp, epd, kna)

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