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Armut in Albanien begünstigt den Handel mit Frauen

6. August 2002

– Frauenaktivistin spricht von einer Viertelmillion zur Prostitution gezwungener Mädchen und Frauen

Köln, 5.8.2002, DW-radio / Albanisch

Der Mädchenhandel in Albanien ist eine Industrie, die Geld produziert, aber auch menschliche Dramen und Leid.

Offizielle Angaben über das Ausmaß des Handels mit Frauen gibt es nicht, aber es wird vermutet, dass über Albanien hauptsächlich Griechenland und Italien beliefert werden, aber auch die Schweiz, Belgien, Großbritannien und Deutschland. Die stellvertretende Vorsitzende der Union der Frauenverbände in Albanien, Ahmetije Daci, nennt die Zahl von 250 000 Betroffenen in den 12 Jahren seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft. Ihrer Ansicht nach sind die Hauptursachen dieses Phänomens die Armut und die katastrophale wirtschaftliche Lage.

Die von Daci genannte Zahl mag übertrieben sein, aber es trifft ohne Zweifel zu, dass Albanien zu einem Transitland des Menschenhandels geworden ist und darüber hinaus auch Lieferland für den Nachschub mit Mädchen ist. Die Bosse dieses Wirtschaftszweigs schätzen Albanien als ihre bevorzugte Oase. Die unterentwickelten Landesteile, die schwachen und armen Familien, die alleinstehenden Mädchen schaffen beste Arbeitsbedingungen für die Menschenschlepper. Zur Arbeitsweise der Mädchenhändler gehört, dass die Schlepper den Mädchen falsche Hoffnungen auf Traumjobs zum Beispiel als Fotomodell machen, ihnen Stipendien für ausländische Universitäten oder auch eine Heirat mit einem ehrlichen Mann in Westeuropa versprechen. Das Repertoire der kriminellen Banden beinhaltet aber auch, dass albanische Mädchen schlicht gekidnappt werden.

Die klassische und bevorzugte Methode der Arbeit der Frauenhändler beruht darauf, dass sie den Mädchen und ihren Familien angebliche Verwandte vorstellen, die im Ausland im Wohlstand leben, denen aber eine Frau fehle. Und diese Mädchen hätten nun das Glück, mit diesen Männern in Kontakt gebracht zu werden. So akzeptieren die Familien sehr schnell die Angebote, manchmal nach einer Woche, ohne zu merken, dass die Tochter dann zur Prostitution gezwungen wird.

Es gibt Hunderte von Fällen, wie das Beispiel des Mädchens, das den ersten besten Jungen geheiratet hat, der aus dem Ausland wieder in sein albanisches Dorf zurückkehrte. Nach der Hochzeit zwingt er dann seine Frau, in Athen auf dem Straßenstrich anschaffen zu gehen. Auf meine Frage, wieso sie sich darauf eingelassen habe, antwort sie: "Es war der einzige Ausweg aus der Armut." Nun, nach Jahren der Ausübung dieser Tätigkeit ist sie müde geworden und hat wenig Hoffnung, was ihr künftiges Leben betrifft. Sie ist nach Albanien zurückgekehrt, um noch einmal von vorn anzufangen.

Sie hat begriffen: "Das Schlimme ist, dass, wenn man dorthin geht, nicht nur die alten Probleme nicht gelöst werden, sondern noch neue Probleme auf einen einstürzen. Da herrscht die Wildnis". Das ist das Schicksal dieser Frau, einer von Hunderten junger Frauen, die ins Ausland geschleust werden. Man sieht in ihren Augen, wie deprimiert sie ist.

Und so ist kein Ende abzusehen. Der Mädchenhandel produziert weiter Reichtum für einige wenige Profiteure und gleichzeitig menschliche Tragödien für unzählige Mädchen und ihre Familien. (Bericht: Odise Kote) (MK)