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Merkel beendet Koalitionszwist

Sabine Kinkartz3. Januar 2014

Die Debatte zwischen Union und SPD über die EU-Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren reißt nicht ab. Die Kritik an der CSU wird immer schärfer. Bevor der Streit eskaliert, greift nun die Bundeskanzlerin ein.

Bundeskanzlerin Merkel
Bild: picture-alliance/dpa

Ein ruhiger Jahreswechsel war Angela Merkel nicht beschieden. Dafür ist zunächst die CSU verantwortlich, die schon im alten Jahr damit begann, anlässlich der neuen Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren in der EU vor einer aus ihrer Sicht drohenden Armutseinwanderung nach Deutschland zu warnen. Die Reaktion der SPD ließ nicht lange auf sich warten. Wer die Arbeitnehmer-Freizügigkeit infrage stelle, der schade Europa und der schade Deutschland, konterte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Die Freizügigkeit sei ein unverzichtbarer Teil der europäischen Integration.

Ein Wort gab das andere, aus München schaltete sich CSU-Chef Horst Seehofer ein, doch die SPD wurde nicht müde, ihren neuen Bündnispartner in der Bundesregierung hart anzugehen. Nachdem sich erster Widerstand auch in der CDU regte, hat die Bundeskanzlerin das Thema nun kurzerhand zur Chefsache gemacht.

Kurzer Draht zum Vizekanzler

Am Freitag (03.01.) rief sie den SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel an. "Sie haben vereinbart, dass das Bundeskabinett in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch einen Staatssekretärs-Ausschuss einsetzen wird", teilte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter mit. Die Staatssekretäre sollten prüfen, ob und welche "operativen Maßnahmen" die zuständigen Ressorts ergreifen sollten, um den möglichen Missbrauch von Sozialleistungen zu unterbinden.

Auch solle die geltende Gesetzeslage durchforstet werden. Streiter verwies auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Dort heißt es auf Seite 108: "Wir wollen im nationalen Recht und im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben durch Änderungen erreichen, dass Anreize für Migration in die sozialen Sicherungssysteme verringert werden."

Debatte um Armutsmigration

01:28

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Niemand in der Koalition lege Hand an die Freizügigkeit in Europa, die zu den zentralen europäischen Errungenschaften zähle, betonte der stellvertretende Regierungssprecher. Das gelte auch für das umstrittene CSU-Papier, bei dem man nicht nur eine Einzelpassage herausgreifen dürfe. Gemeint ist eine Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe für ihre Klausur in der kommenden Woche, in der die Partei schärfere Regeln wie etwa eine Wiedereinreisesperre nach Sozialbetrug fordert. "Wer betrügt, der fliegt", heißt es in dem Papier.

Kommunen fordern Hilfe

Der deutsche Städte- und Gemeindebund hat unterdessen vor einer Geisterdebatte gewarnt. Wer nach Deutschland komme, nur um Arbeit zu suchen, habe doch gar keinen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe.

"Andererseits dürfen wir die Leute nicht verhungern lassen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. "Wir wissen, dass einzelne Städte bereits bis zu zehn Millionen Euro aufwenden, um die Unterbringung und Begleitung zu organisieren."

Von den rund 300.000 in Deutschland lebenden Rumänen und Bulgaren seien die meisten gut integriert. "Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es natürlich auch Armutsflüchtlinge gibt, die sich in bestimmten Städten konzentrieren." Die Kommunen müssten mit dem Problem umgehen und das sei schwierig bei Menschen, die "zumeist ungebildet und teilweise auch mit großem Misstrauen gegenüber jede staatliche Struktur" behaftet seien.

Landsberg fordert vom Bund und der EU einen entsprechenden Fonds, aus dem Hilfsleistungen gezahlt werden könnten. Der bestehende Sozialfonds der EU sehe für Deutschland lediglich 11,8 Millionen Euro für Integrationsleistungen vor. Das reiche bei weitem nicht aus.

EU-Zuwanderer in Duisburg-RheinhausenBild: DW/K. Jäger

"Die vernünftige Unterbringung der Leute muss geregelt werden, die teilweise ausgenutzt werden auch von Deutschen, die Schrott-Immobilien zu horrenden Preisen, zum Teil Zimmer- und Bettenweise vermieten", so Landsberg. Außerdem müsse die Gesundheitsvorsorge und die begleitende Sozialarbeit zum Beispiel für die Schulkinder finanziert werden.

Nach Ansicht des Städte- und Gemeindebundes sollte die EU-Kommission dringend dafür Sorge tragen, dass Rumänien und Bulgarien bereitgestellte EU-Mittel abrufen würden und in ihren Ländern auch einsetzten. "Als EU-Mitglied hat man nicht nur Rechte sondern auch Pflichten."

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