Erfolg für Art Basel Miami Beach
3. Dezember 2015 "Deutsche Kunst hatte immer schon eine starke Präsenz in den USA. Es gibt eine große Affinität zwischen Museen und privaten Sammlern", sagt Melissa Chiu gegenüber der DW. Die Direktorin des Washingtoner Hirshhorn Museums ist für die Art Basel Miami Beach aus der Hauptstadt angereist.
Doch noch bevor sie sich auf der Messe umschaut, fährt sie in den Design District von Miami, dem Kunstmekka der Stadt, wo zahlreiche Galerien, Antiquitätenhändler und Kreativschaffende zuhause sind. Hier hat Carlos del la Cruz für seine gewaltige Sammlung ein eigenes Museum gebaut: das "De la Cruz Collection Contemporary Art Space". Für den Geschäftsmann kubanischer Herkunft ist die Art Basel Miami Beach ein willkommener Anlass, in sein Haus zu laden. Seit 25 Jahren sammeln er und seine Frau Rosa Kunstwerke, und dabei hat es ihnen vor allem die deutsche Gegenwartskunst angetan. Während der Kunstmesse zeigt er zu speziellen Öffnungszeiten, was er alles besitzt: nämlich zahlreiche Werke berühmter deutscher Maler, darunter von Sigmar Polke, Albert Oehlen oder Martin Kippenberger.
Aber auch Skulpturen und Installationen von Isa Genzken und Cosima von Bonin sind dabei. "Was ich in der deutschen Kunst gefunden habe, das ist eine bestimmte Angst", beschreibt de la Cruz seine Faszination. So etwas sehe man in der zeitgenössischen amerikanischen Kunst nicht oft, sagt er. Die Bilder der Deutschen hätten mit einem bestimmten Level an Unsicherheit zu tun. Und für ihn ist Unsicherheit gleichbedeutend mit Angst. Melissa Chiu teilt diese Sicht von Carlos de la Cruz allerdings nicht: "Ich würde es weniger als Angst bezeichnen. Eher als eine ernsthafte Wahrnehmung und Reflexion von Geschichte."
Deutsche Kunst gilt als gutes Investment
Die deutschen Werke haben de la Cruz und seine Kuratorin in einen Dialog mit sorgsam ausgesuchter amerikanischer Kunst gesetzt. "Sie sprechen zueinander“, findet der Sammler. "Sie alle haben etwas Prozesshaftes, Unfertiges an sich", stellt er Gemeinsamkeiten heraus. "Auch diese Art von verwischten Linien zwischen Abstraktion und Figürlichkeit."
Längst ist seine Begeisterung für deutsche Kunst auch auf seine Tochter Isabel übergesprungen. "German art is hot (deutsche Kunst ist angesagt)", ruft sie spontan aus, als sie Melissa Chiu und weitere Gäste ihrer Eltern durch das Museum führt. Und fügt hinzu: "Es ist auch eine gute Investition."
Die deutschen Galerien wissen um die Präferenzen der Amerikaner und sind dementsprechend auch im 14. Jahr der Messe stark vertreten. Gleich mehrere Dutzend Galeristen finden sich unter den rund 270 Ausstellern, darunter so renommierte Namen wie Michael Kewenig und Burkhard Riemschneider aus Berlin. Die Düsseldorfer Galeristenfamilie von Hans Mayer ist diesmal sogar gleich zweimal vertreten: Neben Mayer selber, dessen Galerie in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, ist erstmals auch sein Sohn Max mitgekommen, der vor fünf Jahren seine eigene Galerie eröffnete.
Die Messe ist ein Muss für Kunsthändler
Einmal im Jahr kommen die reichen Sammler bei der Art Basel Miami Beach eine Woche lang zusammen, um Kunst in großem Maßstab zu handeln. Die Messe in Miami sei "ein absoluter Magnet", bestätigt David Zwirner, einer der einflussreichsten Kunsthändler weltweit. Er betreibt Galerien in New York und London und weiß, dass bei der US-amerikanischen Art Basel viele Millionen Dollar umgesetzt werden; manche Schätzungen gehen sogar von einer Milliardensumme aus. "Miami war eigentlich immer die große Messe zum Jahresende", konstatiert er.
Deutsche Organisation als Vorbild?
Noah Horowitz, den die Art Basel als Direktor der auf Nord- und Südamerika fokussierten Messe in Miami Beach in diesem Jahr eigens angeheuert hat, soll den Erfolg noch weiter ausbauen. Er sieht bei den ausstellenden Galerien eine "unglaubliche Qualität". Es wäre zu viel gesagt, die deutschen Galerien als das Rückgrat der Art Basel Miami Beach zu bezeichnen, so Horowitz, doch aus seiner Sicht verkörpern sie eine "große Kunsttradition" und hätten langjährige Hingabe zur Kunst bewiesen. Insbesondere die "große und stringente Organisationsstruktur" von Galerien und die Museumsinfrastruktur der Deutschen haben es Horowitz angetan. Das könne durchaus eine "Lektion und Modell für viele andere Länder" sein, findet er.
"Messen sind keine Orte für Kunst"
Die Münchner Galerie von Matthias Kunz gehört eher zu den kleineren Häusern. Kunz kommt seit fünf Jahren nach Miami: "Für uns ist es die wichtige amerikanische Messe, die wir in Ergänzung zur Art Basel in der Schweiz gerne besuchen", sagt er. Hier treffe er neben den großen Sammlern auch auf ein neues, interessiertes Publikum, dass sich in das Thema Kunst gerade erst einarbeite. Seit 30 Jahren produziert Kunz Editionen von Georg Baselitz und Jörg Immendorff. Er hofft auf gute Verkaufserfolge, denn schließlich kostet es viel Geld, in Miami dabei zu sein. Zwischen 50.000 und 100.000 Dollar muss ein Galerist je nach Größe der Ausstellungsfläche und Menge der gezeigten Kunstwerke rechnen.
Der Berliner Galerist Burkhard Riemschneider dürfte mit seinen Kosten eher im oberen Bereich liegen. Er hat den "Tree" von Ai Weiwei und "Aurum Sphere" vom isländischen Künstler Olafur Eliasson nach Miami mitgebracht, beides raumgreifende Exponate. "Messen sind keine Orte, die für Kunst gemacht sind, sondern für den Markt", sagt er. Das möchte er ändern und das Augenmerk der Besucher mit den großen Kunstwerken auf das Wesentliche lenken - jenseits allen Kommerzes.
Auch David Zwirner präsentiert auf seinem Messestand einige Großformate, darunter Bilder von Neo Rauch. "Made in Germany" als Markenzeichen sei sicher hilfreich beim Verkaufsgespräch, bestätigt er. Möglicherweise ist diese Wertschätzung in Miami und an anderen internationalen Kunstplätzen noch größer als in der Heimat: "Ich würde aber auch gerne mehr Kunst in Deutschland verkaufen. Das ist leider noch nicht der Fall, aber vielleicht kommt das ja noch."